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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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dem Laufenden! Danke, Tom. Ich werde mich erkenntlich zeigen.«
    Er legte auf, ballte siegessicher eine Faust, schnippte seine Zigarette achtlos weg und ging dann wieder hinein. Zum Glück hatte er uns nicht bemerkt.
    Ich saß noch einen Moment mit Banjo in unserem Versteck, bis die Luft rein war.
    »So, jetzt können wir«, sagte ich. Ich nahm Banjo auf den Arm und ging schnurstracks zur Tür, bevor noch irgendjemand anders kommen und mir den Weg versperren würde. Schnellen Schrittes strebte ich auf unser Büro zu, da öffnete sich vor mir eine Tür, und ausgerechnet Matthias Wulf trat auf den Flur.
    »Banjo, versteck dich«, flüsterte ich hektisch, was natürlich totaler Blödsinn war in dieser Situation. Aber Banjo steckte immerhin seinen Kopf unter meinen Arm. Vielleicht würde er so als Kissen durchgehen.
    Wulf sah mich. Sein Blick fiel auf meinen Hund. Er erstarrte. Mir blieb nichts anderes übrig, als einfach weiterzugehen und so zu tun, als ob nichts wäre.
    »Ist das da ein Hund?«, fragte Wulf hölzern.
    »Wer?«, fragte ich zurück, um ein bisschen Zeit zu gewinnen. Das war wohl nichts mit meiner Kissentheorie.
    »Na, der da?« Er zeigte angewidert auf Banjos Fell.
    »Ach der.« Ich betrachtete das Hundeknäuel auf meinem Arm, als sähe ich ihn zum ersten Mal. »Ich würde sagen, ja. Für eine Katze ist er jedenfalls ein bisschen groß.«
    »Aber hier dürfen keine Hunde rein«, sagte Wulf ungläubig.
    »Ich weiß!«, sagte ich bestätigend. »Und ich habe absolut keine Ahnung, wie er hier hereingekommen ist. Er war auf einmal auf der Terrasse.«
    »Ich hasse Hunde«, sagte Wulf. Auf seiner Stirn glänzten ein paar Schweißperlen.
    »Keine Sorge, Herr Wulf. Ich bringe ihn jetzt ganz schnell hier raus.« Und dann rannte ich an ihm vorbei Richtung Ausgang, als wäre ich ein Sanitäter mit einem Schwerverletzten auf dem Weg in den Emergency Room . Als ich auf der Straße angekommen war, wusste ich nicht, was ich machen sollte. Wo sollte ich Banjo denn jetzt bis nach Dienstschluss lassen? Zu Ellen war es zu weit, dann würde Höveler ja ewig auf mich warten und vermutlich denken, ich wäre mit den Kundengeldern durchgebrannt. In dem Moment fiel mir ein Punk auf, der mit einem Labradormischling an eine Hauswand gelehnt saß.
    Ich ging zu ihm und sagte: »Ich gebe dir zwanzig Euro, wenn du ein paar Stunden auf meinen Hund aufpasst.«
    »Gebongt«, sagte er.
    Ich gab ihm zehn Euro und versprach ihm die Hälfte für später. Dann rannte ich eilig wieder zurück. Völlig aus der Puste kam ich im Vorzimmer meines Chefs an. Aber dann stellte sich heraus, dass er mich nur eine völlig unwichtige Sache hatte fragen wollen, die sich in der Zwischenzeit erledigt hatte. Was für ein Stress!
    Als ich am Abend mit Banjo nach Hause kam, war ich total gerädert. Eines war klar: Er konnte nicht noch einmal mitkommen.
    »Na, wen haben wir denn da?«, rief meine Nachbarin, Frau Kaufmann, die mir im Flur entgegenkam. Sie meinte natürlich nicht mich, sondern meinen Hund. Die alte Dame strahlte ihn an, Banjo lief auf sie zu und ließ sich streicheln. »Hallo, Banjo! Ja, du Guter.«
    Frau Kaufmann hatte bis vor wenigen Monaten auch einen Hund gehabt, einen Rauhaardackel, aber dann war er gestorben.
    »Ach, wenn ich doch nur ein paar Jahre jünger wäre«, sagte sie. »Dann würde ich mir noch mal einen Hund anschaffen.«
    »Sie sind doch noch total fit, Frau Kaufmann!« Sie ging trotz ihrer fünfundsiebzig Jahre kerzengrade und wirkte kein bisschen gebrechlich. Vermutlich, weil sie jeden Tag mit ihrem Hund spazieren gegangen war.
    »Aber wie lange noch?«, seufzte sie. »Eine meiner Freundinnen, mit denen ich mich einmal im Monat bei Ikea im Café treffe, ist in ihrer Wohnung gefallen. Jetzt kommt sie die Treppe in ihre Wohnung nicht mehr hoch. Sie muss umziehen.«
    »Oh«, machte ich bedauernd.
    »Mein Sohn hat mir auch schon gesagt, ich solle zu ihm und seiner Familie nach Freiburg ziehen. Er ist zwar ein reizender junger Mann, so wie Ihr Herr Hill. Aber trotzdem habe ich zu ihm gesagt: ›Und was soll ich bei euch machen? Mich auf den Balkon setzen und auf den Sensenmann warten?‹ Nee, nee. Ich habe hier mein Leben.«
    Mir kam eine Idee. »Wie wäre es denn, wenn ich Ihnen Banjo ab und zu ausleihe?«
    »Wie bitte?«, sie sah mich mit ihren kleinen, braunen Augen erstaunt an. »Das würden Sie tun?«
    »Ich bin ganz ehrlich zu Ihnen, Frau Kaufmann. Sie würden mir einen Riesengefallen tun. Ich habe tagsüber einfach keine Zeit

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