Orphan 2 Juwel meines Herzens
Satansbraten! “ rief der Bestohlene, der in seinem Zorn ganz vergaß, dass er ja seinen Laden jetzt unbewacht zurückließ.
„Stell ihm doch jemand ein Bein! “ brüllte einer der Verfolger.
„Passt auf, er entkommt! “ fürchtete ein anderer.
Unzählige Menschen waren nun hinter Flynn her, der allerdings in der schmalen Gasse nur schwer vorankam. Bald blieben die ersten am Ende keuchend zurück. So ein Bengel war schließlich keinen Herzanfall wert. Archie zwang sich weiterzulaufen, obwohl auch er völlig außer Atem war und Seitenstiche hatte. Den Jungen vorn konnte er kaum noch erkennen. Mit letzter Kraft legte er Tempo zu. Fluchend betete er, dass er die Jagd lebend überstehen würde.
„Hab ich dich, du dreckiger Lümmel! “ tobte ein aufgeregter Gentleman und griff Flynn beim Mantelkragen.
„Von wegen! “ Der Kleine drehte sich blitzschnell um und trat dem Mann hart gegen das Knie.
„Verflucht! “ jaulte der auf und ließ den Dieb los. Stöhnend beugte sich der Mann vor und rieb sich das schmerzende Gelenk.
Flynn rannte zwischen Ständen und Einkäufern weiter. Einige versuchten, ihn festzuhalten oder zu Fall zu bringen. Aber er war viel zu wendig und flink, wich blitzschnell aus und sprang über gestellte Beine. Und wenn ihn wirklich jemand zu fassen bekam, rettete den Jungen ein kräftiger Tritt vors Schienbein seines Angreifers. Allerdings erregte die wilde Jagd einiges Aufsehen. Am Ende der Gasse stellten sich einige junge Männer in einer Reihe nebeneinander auf, um Flynn den Fluchtweg zu verstellen. Der Kleine bog daher zügig in die nächste Straße ab, die von der Gasse wegführte. Dorthin folgten ihm nur noch einige Beherzte, die ihren Anführer warnten, den Dieb ja nicht entwischen zu lassen.
Als Archie um die Ecke bog, hörte er einen Schwall lauter Flüche.
„Lass mich los, du alter Esel! “ wütete Flynn, der verzweifelt versuchte, sich von dem Kerl freizukämpfen, der ihn am Kragen gepackt hatte.
„Halt still, du dreckiges kleines Ungeheuer, oder ich verpass dir eine, dass dir der Kopf wegfliegt! “ ertönte die kampflustige Antwort.
„Zum Teufel mit dir! “ Flynn trat dem Mann hart vors Schienbein.
Der beantwortete den Angriff mit einem Faustschlag gegen den Kopf des Jungen, so dass der Knabe ganz benommen war.
„Na, willste noch eine? “ fragte er Flynn dann und schüttelte ihn heftig.
Der ließ scheinbar geschlagen die Schultern hängen und senkte den Kopf.
„Du bist doch nichts als dreckiger Abschaum“, murmelte der Mann und lockerte seinen Griff ein wenig.
Mit aller Kraft schlug Flynn ihm die kleine Faust ins Gesicht.
„Verdammt! “ Der Mann fasste sich an die blutende Na se. „Dich mach ich kalt, du kleiner Mistkerl! “
Doch Flynn war bereits schon auf und davon und rannte dem Ende der Straße zu.
Mit einigen Schritten war Archie bei ihm. Er streckte sich, warf sich auf den Kleinen und zwang ihn zu Boden. „Hab ich dich! “ Hart presste er dem Kleinen das Knie in den Rücken und drückte ihm die Arme auseinander.
„Was haste diesmal wieder angestellt, du Tunichtgut? “ fragte Archie dann laut in wütendem Tonfall und durchsuchte rasch die Taschen seines Opfers, bevor die restliche Verfolgerschar herankam. Dort fand er zwei silberne Zigarettenetuis, drei kunstvoll geschnitzte Pfeifen und eine kleine Schachtel Zigarren, die er in der eigenen Tasche verschwinden ließ. „Du bringst uns noch ins Grab, Junge, mich und deine arme Mutter, der Herr ist mein Zeuge! Hast du denn einfach gar kein Gewissen? “ jammerte er, während der wütende Verfolgertrupp die beiden nun umringte. „Was soll ich nur Mutter sagen? Wo die Gute doch noch immer Tränen wegen deines toten Brüderchens vergießt. Etwa, dass ihr einziger noch lebender Sohn im Loch sitzt und sie ihn so schnell nicht Wiedersehen wird? “
Misstrauisch beäugte Flynn Archie. Der lächelte ihm verschwörerisch zu und klopfte sich kurz an die Jackentasche. Offenbar wollte er dem Jungen bedeuten, dass er bereit war, ihm zu helfen, dafür aber einen Anteil an der Beute verlangte. Flynn nickte knapp. Er nahm die Bedingung an.
„Du kannst froh sein, wenn die Polente dich nicht für immer wegschließt“, schimpfte Archie also weiter und zog den Jungen auf die Füße. „Und wenn’s nicht wegen deiner armen Ma wäre, hätte ich nicht übel Lust, dich eigenhändig in den Knast zu schleifen, du undankbares kleines Ungeheuer! “ Er schlug Flynn mit der flachen Hand gegen den Kopf, dass dem die
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