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Ort des Grauens

Ort des Grauens

Titel: Ort des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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fiel auf, daß es bis in die letzte Ecke makellos sauber war.
    »Dreißig Jahre im Marine Corps haben in mir eine bleibende Beziehung zu Routine, Ordnung und Sauberkeit zurückgelassen«, erklärte Hampstead. »Als Sharon vor drei Jahren starb -sie war meine Frau -, habe ich mich wohl, denke ich, tatsächlich zu einem richtigen Putzteufel entwickelt. Während der ersten sechs, acht Monate nach ihrem Begräbnis habe ich das Haus wenigstens zweimal wöchentlich von oben bis unten und von unten bis oben gründlich geputzt. Denn solange ich putzte und schrubbte, tat mein Herz nicht so fürchterlich weh. Hab' ein Vermögen für Windex, Küchenpapier, Fantastik und Müllbeutel ausgegeben. Und Sie können's mir glauben, keine Offizierspension reicht aus für den Putzfimmel, den ich entwickelte! Ich habe dieses Stadium hinter mir. Ein Pedant bin ich trotzdem, wenn auch nicht besessen.«
    Er harte gerade frischen Kaffee gebrüht und goß ihnen ebenfalls eine Tasse ein. Die Tassen, Untertassen und Löffel blitzten vor Sauberkeit. Hampstead gab jedem von ihnen zwei exakt gefaltete Papierservietten und setzte sich ihnen dann gegenüber.
    »Sicher«, sagte er, nachdem sie das Thema angeschnitten hatten, »kannte ich Jim Roman. Guter Nachbar. Er war Hubschrauberpilot auf der El Toro Air Base. Das war auch meine letzte Station vor der Pensionierung. Jim war ein verdammt netter Kerl. Einer, der einem sein letztes Hemd gegeben und dann noch gefragt hätte, ob man nicht Geld brauchte, um sich die passende Krawatte zu kaufen.«
    »War?« fragte Julie.
    »Ist er in dem Feuer umgekommen?« erkundigte sich Bobby, der sich an die verkohlten Büsche und den rußgeschwärzten Betonklotz auf dem Nachbargrundstück erinnerte.
    Hampstead runzelte die Brauen. »Nein. Er starb etwa sechs Monate nach Sharon. Sagen wir - vor zweieinhalb Jahren. Sein Hubschrauber stürzte bei einer Übung ab. Er war erst einundvierzig, elf Jahre jünger als ich. Ließ eine Frau zurück, Maralee. Eine vierzehnjährige Tochter namens Valerie. Einen zwölfjährigen Sohn: Mike. Wirklich nette Kinder. Schreckliche Sache. Sie waren eine engverbundene Familie, und Jims Unfall hat sie am Boden zerstört. Sie hatten ein paar Verwandte oben in Nebraska, aber niemanden, an den sie sich wirklich hätten wenden können.« Hampstead starrte an Bobby vorbei auf den leise summenden Kühlschrank, und seine Augen schwammen in Tränen. »Also versuchte ich einzuspringen, zu helfen, beriet Maralee bei finanziellen Angelegenheiten, bot ihnen eine Schulter zum Anlehnen und hatte immer ein offenes Ohr, wenn die Kinder das brauchten. Ging hin und wieder mit ihnen nach Disneyland und zu Knott's Berry Farm, Sie wissen schon. Maralee hat mir immer gesagt, was für ein Gottesgeschenk ich sei, aber in Wirklichkeit brauchte ich sie mehr als sie mich, denn etwas für sie alle tun zu können, lenkte mich endlich von meinem Kummer wegen Sharon ab.«
    »Also liegt das Feuer noch gar nicht so lange zurück?« erkundigte sich Julie.
    Hampstead antwortete nicht. Er stand auf, ging zum Spülstein, öffnete den Schrank darunter, kehrte mit einer Sprühdose Windex und einem Geschirrtuch zurück und begann, die Kühlschranktür zu polieren, die bereits so sauber zu sein schien wie die antiseptischen Flächen in einem Operationssaal. »Valerie und Mike waren fabelhafte Kinder. Nach etwa einem Jahr hatte ich fast das Gefühl, es seien meine Kinder, die Kinder, die Sharon und ich niemals hatten. Maralee trauerte lange Zeit um Jim, fast zwei Jahre. Erst dann begann sie sich daran zu erinnern, daß sie eine Frau in den besten Jahren war. Möglicherweise hätte das, was sich zwischen ihr und mir entwickelte, Jim gestört, aber eigentlich glaube ich das nicht. Ich denke, er wäre glücklich gewesen für uns, auch wenn ich elf Jahre älter war als sie.«
    Nachdem er damit fertig war, den Kühlschrank abzuwischen, inspizierte er die Tür von der Seite, drehte sie ins Licht. Offenbar suchte er nach einem Fingerabdruck oder einem Schmutzfleck. So als hätte er die Frage, die Julie ihm vor einer Minute gestellt hatte, eben erst gehört, sagte er unvermittelt: »Das Feuer war vor zwei Monaten. Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht, hörte Sirenen, sah ein orangefarbenes Glühen vor dem Fenster, stand auf, schaute hinaus ...«
    Er wandte sich vom Kühlschrank ab, blickte sich einen Moment prüfend in der Küche um, ging dann zu der gefliesten Theke, die ihm am nächsten war und begann deren glänzende Oberfläche zu

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