orwell,_george_-_tage_in_burma
Küchengebäudes, wo die Dienerschaft die Überreste eines Holzfeuers zurückgelassen hatte. Sie tanzte, die kleinen Zähne entblößt, um ihn herum, und tat so, als beiße sie ihn, während der winzige Junge, dessen Bauch rot in der Glut der noch glühenden Asche schien, schwach nach ihr schlug, lachend und doch halb ängstlich.
»Flo! Komm her, Flo!«
Sie hörte ihn und kam unterwürfig und hielt dann jäh an der Schlafzimmertür. Sie schien erfaßt zu haben, daß etwas nicht stimmte. Sie bewegte sich etwas zurück und stand, ängstlich zu ihm hinaufblickend, da und wollte nicht das Schlafzimmer betreten.
»Komm hier rein!«
Sie wedelte mit dem Schwanz, rührte sich aber nicht. »Los, Flo! Gute alte Flo! Los!«
Flo wurde plötzlich von Panik ergriffen. Sie winselte, ihr Schwanz senkte sich, und sie schreckte zurück. »Komm her, zum Teufel!« schrie er, und er nahm sie am Halsband, schleuderte sie ins Zimmer und schloß die Tür hinter ihr. Er ging zum Tisch, um die Pistole zu holen.
»Nun komm hierher! Tu, was man dir sagt!« Sie duckte sich und winselte um Vergebung. Es schmerzte
ihn, es zu hören. »Los, altes Mädel! Liebe alte Flo! Herrchen tut dir doch nichts. Komm her!« Sie kroch sehr langsam auf seine Füße zu, flach auf dem Bauch, winselnd, mit gesenktem Kopf, als fürchte sie, ihn anzuschauen. Als sie einen Meter von ihm entfernt war, schoß er, und sprengte ihre n Schädel in Stücke.
Ihr zerschmettertes Gehirn sah aus wie roter Samt. Würde er so aussehen? Das Herz, also, nicht den Kopf. Er konnte hören, wie die Diener aus ihren Quartieren rannten und schrien - sie mußten das Geräusch des Schusses gehört haben. Hastig riß er seine Jacke auf und drückte die Mündung der Pistole gegen sein Hemd. Eine winzige Eidechse, durchsichtig wie ein Wesen aus Gelatine, verfolgte einen weißen Käfer an der Tischkante entlang. Flory drückte mit seinem Daumen ab.
Als Ko S’la ins Zimmer stürzte, sah er einen Moment lang nichts als den Leichnam des Hundes. Dann sah er die Füße seines Herrn, die Fersen nach oben, hinter dem Bett hervorragen. Er brüllte den anderen zu, die Kinder nicht ins Zimmer hereinzulassen, und alle drängten mit Schre ien vom Eingang zurück. Ko S’la fiel hinter Florys Körper auf die Knie, im gleichen Augenblick, als Ba Pe durch die Veranda gerannt kam.
»Hat er sich erschossen?«
»Ich glaube, ja. Dreh ihn auf den Rücken. Oh, schau dir das an! Lauf und hol den indischen Ar zt! Lauf um dein Leben!«
Da war ein sauberes Loch, nicht größer als das von einem Bleistift durch ein Blatt Löschpapier, in Florys Hemd. Er war offensichtlich völlig tot. Mit großer Mühe schaffte ihn Ko S’la aufs Bett, denn die anderen Diener weigerten sic h, die Leiche zu berühren. Schon nach zwanzig Minuten kam der Arzt. Er hatte nur einen vagen Bericht gehört, daß Flory verletzt war, und war mit Höchstgeschwindigkeit durch einen Regensturm den Hügel hinaufgeradelt. Er warf sein Fahrrad in das Blumenbeet und eilte durch die Veranda herein. Er war außer Atem und konnte durch seine Brille nichts sehen. Er zog sie aus und spähte kurzsichtig nach dem Bett. »Was ist los, mein Freund?« fragte er besorgt. »Wo sind Sie verletzt?« Dann, als er näher kam, sah er, was auf dem Bett lag, und stieß einen grellen Laut aus.
»Ach, was soll das? Was ist mit ihm passiert?« »Er hat sich erschossen, Sir.«
Der Arzt fiel auf die Knie, riß Florys Hemd auf und legte das Ohr an seine Brust. Ein Ausdruck der Pein trat auf sein Gesicht, und er ergriff den toten Mann an den Schultern und schüttelte ihn, als könnte ihn bloße Gewalt zum Leben erwecken. Ein Arm fiel schlaff über den Bettrand. Der Arzt hob ihn wieder auf und brach dann, mit der toten Hand zwischen seinen eigenen, in Tränen aus. Ko S’la stand am Fuß des Bettes, sein braunes Gesicht war voller Falten. Der Arzt erhob sich und lehnte sich, einen Augenblick lang ohne Selbstbeherrschung, gegen den Bettpfosten und weinte geräuschvoll und lächerlich, seinen Rücken Ko S’la zugewandt. Seine dicken Schultern bebten. Sogleich faßte er sich und drehte sich wieder um.
»Wie ist das passiert?«
»Wir hörten zwei Schüsse. Er hat’s selbst getan, das steht fest. Ich weiß nicht, warum.«
»Wie weißt du, daß er das absichtlich getan hat? Wie willst du wissen, daß es kein Unfall war?«
Als Antwort deutete Ko S’la schweigend auf Flos Leichnam. Der Arzt dachte einen Augenblick nach und hüllte dann mit sanften geübten Händen
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