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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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jagen, da sei Gott davor! Ich bin hier, um Geld zu verdienen wie alle anderen. Wogegen ich mich wende, ist nur der schleimige Quatsch von der Bürde des weißen Mannes. Die Pose des Pukka Sahibs. Es ist so öde. Sogar diese verdammten Idioten im Club könnten bessere Gesellschaft sein, wenn wir uns nicht alle immerfort auf diese Lüge einließen.«
    »Aber, mein lieber Freund, welche Lüge?«
    »Nun, natürlich, die Lüge, daß wir hier sind, um unsere armen schwarzen Brüder emporzuheben, statt sie auszurauben. Vermutlich ist das eine ganz natürliche Lüge. Aber sie korrumpiert uns, sie korrumpiert uns auf eine Weise, die Sie sich gar nicht vorstellen können. Das immerwährende Gefühl, ein Schleicher und Lügner zu sein, quält uns und treibt uns dazu, uns Tag und Nacht zu rechtfertigen. Der Hälfte unserer Gemeinheit gegen die Eingeborenen liegt das zugrunde. Wir Anglo - Inder könnten fast erträglich sein, wenn wir nur zugeben wollten, daß wir Diebe sind, und weiterstehlen würden ohne den ganzen Schwindel.«
    Der Doktor legte sehr geschmeichelt wieder Daumen und Zeigefinger zusammen. »Die Schwäche Ihres Argumentes, mein lieber Freund«, sagte er, über seine eigene Ironie strahlend, »die Schwäche scheint mir zu sein, daß ihr keine Diebe seid.«
    »Also, mein lieber Doktor - «
    Flory setzte sich auf dem Liegestuhl auf, teils weil die prickelnde Hitze ihn gerade wie tausend Nadeln im Rücken gestochen hatte, teils weil seine Lieblingsdebatte mit dem Doktor jetzt beginnen mußte. Diese Debatte unbestimmter politischer Art fand ebenso oft statt, wie die beiden Männer zusammenkamen. Dabei wurden die beiderseitigen Standpunkte auf den Kopf gestellt, denn der Engländer war bitterböse antienglisch und der Inder fanatisch loyal. Dr. Veraswami hegte eine leidenschaftliche Bewunder ung für die Engländer, die tausend schroffe Abweisungen durch die Engländer nicht erschüttert hatten. Er behauptete mit unumstößlichem Eifer, daß er als Inder einer niedrigeren und degenerierten Rasse angehöre. Sein Glaube an die britische Gerechtigkeit war so groß, daß selbst wenn er im Gefängnis einer Prügelstrafe oder Hinrichtung beiwohnen mußte und mit graubleichem Gesicht nach Hause kam, um sich einen Whisky einzuverleiben, seine gläubige Begeisterung nicht ins Wanken kam. Florys aufwieglerische Ansichten entsetzten ihn, aber sie verschafften ihm auch ein gewisses schauderndes Vergnügen, wie ein frommer Gläubiger empfinden würde, wenn er das Vaterunser rückwärts aufgesagt hört.
    »Mein lieber Doktor«, sagte Flory, »wie können Sie beweisen, daß wir zu eine m anderen Zweck als zum Stehlen in diesem Lande sind? Es ist so einfach. Der Beamte hält den Burmanen nieder, während der Geschäftsmann seine Taschen ausräumt. Glauben Sie, daß meine Firma zum Beispiel ihre Holzverträge bekommen könnte, wenn das Land nicht in der Hand der Briten wäre? Oder die anderen Holzfirmen oder die Ölgesellschaften oder die Grubenbesitzer und Pflanzer und Händler? Wie könnte der Reis- Ring den unglücklichen Bauern weiter rupfen, wenn die Regierung nicht hinter ihm stände? Das britische Empire ist einfach eine Einrichtung, um den Engländern - oder vielmehr den Gangsterbanden von Juden und Schotten - Handelsmonopole zuzuschanzen.«
    »Mein Freund, es ist für mich rührend, Sie so sprechen zu hören. Es ist wirklich rührend. Sie sagen, Sie sind hier, um Handel zu treiben? Natürlich sind Sie das. Könnten die Burmanen allein Handel treiben? Können sie Maschinen, Schiffe, Eisenbahnen, Straßen bauen? Sie sind hilflos ohne euch. Was würde aus den burmanischen Wäldern werden, wenn die Engländer nicht hier wären? Sie würden unverzüglich an die Japaner verkauft werden, und die würden sie ausrauben und zerstören. Statt dessen werden sie in Ihren Händen tatsächlich verbessert. Und während Ihre Geschäftsleute die Hilfsquellen unseres Landes entwickeln, werden wir durch Ihre Beamten zivilisiert, auf ihr Niveau emporgehoben aus reinem Gemeinsinn. Es ist ein prachtvolles Zeugnis von Selbstaufopferung.«
    »Blödsinn, mein lieber Doktor. Wir bringen den jungen Männern den Whisky und den Fußball bei, aber sonst äußerst wenig. Sehen Sie unsere Schulen an - Fabriken für billige Angestellte. Wir haben die Inder nicht ein einziges nützliches Handwerk gelehrt. Wir trauen uns nicht, aus Angst vor der industriellen Konkurrenz. Wir haben sogar verschiedene Industrien vernicht et. Wo sind die indischen Musseline jetzt?

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