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orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
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gewartet. Wo bist du die ganze Zeit gewesen?«
    »Ach, nur ein bißchen spazieren.«
    »Spazieren! Und mit wem?«
    »Mit Miss Lackersteen.«
    »Hab ich’s doch gewußt! Also bist du der verdammte Idiot, der in die Falle gegangen ist! Du hast den Köder geschluckt, bevor jemand anders ihn auch nur gesehen hatte. Ich dachte, du wärest zu alt für so was, ja, wirklich!«
    »Was meinst du denn?«
    »Was ich meine! Sieh mal an, jetzt tut er so, als wüßte er nicht, was ich meine! Na, ich meine natürlich, daß Ma Lackersteen dich zu ihrem geliebten Schwiegerneffen bestimmt hat. Das heißt, wenn du nicht verdammt gut aufpaßt. Was, Westfield?«
    »Sehr richtig, alter Junge. Akzeptabler junger Junggeselle. Ehebande und so. Sie haben ihn ins Visier genommen.«
    »Ich weiß nicht, wie ihr darauf kommt. Das Mädchen ist kaum vierundzwanzig Stunden hier.«
    »Jedenfalls lange genug, um ihr den Hof zu machen. Paß bloß auf. Tom Lackersteen mag ja ein Saufkopf sein, aber so verdammt töricht ist er nicht, daß er sich für den Rest seines Lebens eine Nichte auf den Hals laden will. Und sie weiß natürlich, was für sie gut ist. Also nimm dich in acht und steck nicht den Kopf in die Schlinge.«
    »Zum Kuckuck, du hast kein Recht, so über die Leute zu reden. Schließlich ist das Mädchen noch ein Kind - «
    »Mein lieber alter Esel« - Ellis nahm Flory jetzt fast zärtlich beim Rockaufschlag, da er ja nun ein neues Skandalthema hatte - , »mein lieber, lieber alter Esel, mach dir keinen blauen Dunst vor. Du glaubst, das Mäd chen wäre ein leichtes Früchtchen - das ist sie nicht. Diese Mädchen, die von zu Hause kommen, sind alle gleich. ›Alles, was Hosen anhat, aber nichts ohne Trauschein‹ das ist ihr Wahlspruch, eine wie die andere. Warum, glaubst du, ist das Mädchen hierher gekommen?«
    »Warum? Ich weiß nicht. Ich nehme an, weil sie wollte.« »Du Narr! Sie ist natürlich hergekommen, um sich einen
    Ehemann zu angeln. Als ob das nicht allgemein bekannt wäre! Wenn einem Mädchen alles mißglückt ist, versucht sie es in Indien, wo jeder mann nach einer weißen Frau schmachtet. Der indische Heiratsmarkt - so nennt man das. Fleischmarkt wäre treffender. Ganze Schiffsladungen kommen jedes Jahr hierher wie die Kadaver von gefrorenem Hammelfleisch, um sich von schmierigen alten Lustgesellen wie dir abtatschen zu lassen. Tiefgefrorenes. Saftige Keulen direkt vom Eis.«
    »Was du da sagst, ist widerlich.«
    »Bestes englisches Fleisch von grasgefütterten Hammeln«, sagte Ellis mit genüßlicher Miene. »Frische Lieferung. Garantiert erstklassig.«
    Er führte pantomimisch vor, wie er mit geilem Geschnüffel eine Hammelkeule untersuchte. Dieser Spaß würde Ellis wahrscheinlich lange hinhalten, wie alle seine Spaße. Und es gab nichts, was ihm so heftiges Vergnügen bereitete, wie wenn er eine Frau herunterziehen konnte.
    Flory sah Elizabeth an diesem Abend nicht mehr viel. Alle waren im Salon, und es herrschte das alberne Geschwätz über nichts wie immer bei solchen Gelegenheiten. Flory konnte sich an dieser Art Unterhaltung nie lange beteiligen. Aber auf Elizabeth wir kte die zivilisierte Atmosphäre des Clubs mit all den weißen Gesichtern um sie herum und dem freundlichen Anblick der illustrierten Zeitschriften und »Bonzo«- Bilder beruhigend nach dem zweifelhaften Zwischenspiel bei der Pwe- Veranstaltung.
    Als die Lackersteens um neun Uhr aufbrachen, war es nicht Flory, sondern Mr. Macgregor, der sie heimgeleitete; wie ein freundliches Sauriermonstrum schlenderte er neben Elizabeth unter den schwachen, gekrümmten Schatten der goldenen Mohurstämme. Die Prome - Anekdote und vie le andere fanden eine neue Abnehmerin. Jeder Neuling in Kyauktada bekam seinen Teil von Mr. Macgregors Unterhaltung ab, denn die anderen hatten ihn schon lange als einen Langweiler abgeschrieben, und im Club war es ein Zeitvertreib, seine Geschichten zu unterbrechen. Aber Elizabeth war von Natur aus eine gute Zuhörerin. Mr. Macgregor fand, daß er selten ein so intelligentes Mädchen kennengelernt hatte.
    Flory blieb noch ein wenig länger im Club und trank mit den anderen. Es gab viel schmutziges Gerede über Elizabeth. Der Streit um Dr. Veraswamis Wahl war fürs erste zurückgestellt. Außerdem war die Bekanntmachung, die Ellis am Vorabend angeschlagen hatte, abgenommen worden. Mr. Macgregor hatte sie bei seinem Vormittagsbesuch im Club gesehen und in seiner gerec hten Art sofort auf ihrer Entfernung bestanden. Die Notiz war also

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