Osterfeuer (German Edition)
er
den Polizeihundkollegen die Arbeit abnehmen würde.
In den Weg hatten im Lauf der Zeit
die mächtigen Treckerreifen zwei breite Spuren gegraben und bei der jetzt herrschenden,
feuchten Witterung stand darin zum Teil noch das Wasser. Das Gras war nass und dort,
wo es nicht wuchs, war es matschig. Angermüllers schwarze Lederschuhe waren bereits
lehmverschmiert und auch seine Jeans hatte schon reichlich Matschspritzer abbekommen.
Das war ihm alles ziemlich egal. An der frischen Luft zu sein empfand er als wohltuend,
wenn ihm auch die feuchte Kälte langsam durch sämtliche Kleiderschichten kroch.
Sein Kreislauf war noch zu stark damit beschäftigt, in seinem überlasteten Magen
Ordnung zu schaffen und nicht in der Lage, gleichzeitig für eine angemessene Körpertemperatur
zu sorgen. Außerdem strengte ihn das Gehen auf dem unwegsamen Pfad mehr an als sonst
und er atmete schwer.
»Es ist nicht mehr weit«, versicherte
Trude und es klang fast so, als ob sie Angermüller Mut machen wollte.
»Da vorne, wo der Weg sich nach
rechts wendet und ein Stück parallel mit dem Mühlbach läuft, da muss es gewesen
sein, wenn ich mich recht erinnere.«
Sie hatten die bezeichnete Stelle
erreicht. Trude blieb stehen. Der Mühlbach war von hier aus deutlich zu hören, wie
er gluckernd dahin floss und hie und da über die großen Wackersteine sprang, die
in seinem Bett lagen. Sehen konnte man ihn allerdings nicht, dazu war die Böschung
zu hoch und zu steil.
»Den genauen Fundort kann ich Ihnen
leider nicht zeigen, aber hier in der Gegend hat der Hund herumgestöbert, bevor
er ankam und mir seine Beute präsentierte.«
Ihre Begleiter sahen sich um und
der Uniformierte zückte sein Funkgerät.
»Na gut, da wär’n wir also. Vielen
Dank Frau Kampmann, das hilft uns erst einmal weiter. Ich denke, Sie können dann
gehen. Wir melden uns noch einmal bei Ihnen, wenn wir hier fertig sind. Sind Sie
zu Hause?«, fragte Angermüller. Trude nickte.
»Vorerst ja. Es gibt einiges, um
das ich mich kümmern muss, wegen … nachdem Elsbeth …«
Sie verstummte. Jansen tippte sich
an den Kopf.
»Ich habe ja ganz vergessen, Ihnen
zu sagen, dass die Leiche morgen frei gegeben wird. Sie können dann also …«
Trude sah ihn nicht an. Ein Funkgerät
knarzte, der Einsatzleiter rief seine Truppe heran und Angermüller sagte etwas hilflos:
»Alsdann Frau Kampmann – bis später.«
Langsam machte Trude kehrt und nahm
Lollo wieder an die Leine, als er von einem seiner Ausflüge mit hechelnder Zunge
zu ihr zurückgelaufen kam. Auf dem Rückweg kamen ihr in breiter, grüner Formation
die jungen Männer und Frauen entgegen, die den Suchtrupp bildeten. Manche grüßten
freundlich. Zum Teil waren sie mit langen Holzstangen ausgerüstet und stocherten
gewissenhaft im Boden zu ihren Füßen, einige führten Schäferhunde an der Leine.
Mit eingeklemmtem Schwanz drängte sich Lollo an sein Frauchen und wäre wohl am liebsten
unsichtbar gewesen. Als Trudes Blick zufällig hoch zur Mühle schweifte, sah sie
eine kleine, schmale Gestalt vor dem Gästehäuschen stehen. Schnell wendete sie den
Kopf ab, um nur aus den Augenwinkeln hinüberzuspähen. Die Schultern hochgezogen,
die Arme verschränkt, beobachtete Iris das Geschehen auf den Feldern. Ihre schwarze
Jacke und die weite, schwarze Hose flatterten im Wind. Eine einsame, frierende Norne
vor stürmischer Nordlandschaft.
15
Auf den ersten Blick nahm Angermüller nur schemenhaft die Umrisse einer
schmutziggrauen Masse wahr. Nach Atem ringend stand er über der vielleicht zweieinhalb
Meter hohen Böschung des Mühlbaches. Er war gerade auf dem Weg zu einem der Mannschaftswagen
gewesen, um sich etwas aufzuwärmen vom untätigen Herumstehen in der feuchten Kälte,
als man ihn zurückgerufen hatte. Angestrengt starrte er jetzt nach unten und machte
schließlich ein sackartiges Gebilde aus, an dessen einem Ende ein helles Etwas,
vom Wasser umspült, aus dem Bach ragte. Er brauchte eine ganze Weile, bis er das
Teil als nackten, linken Fuß einordnen konnte und schließlich begriff er, dass es
sich bei dem lehmverschmierten Gegenstand um einen auf dem Bauch liegenden menschlichen
Körper handelte, der zur Hälfte im Wasser, zur Hälfte am Ufer lag. Unter einem großblättrigen
Klettengewächs verborgen, erkannte er den Kopf, auf einen breiten Wackerstein gebettet,
die Haare von Blut, Schmutz und Wasserpflanzen verklebt.
»Na, dat ging ja man schneller als
gedacht! Das isser bestimmt. Sehr viel mehr Leute
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