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Osterfeuer (German Edition)

Osterfeuer (German Edition)

Titel: Osterfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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zu schleifen, konnte aber leider nicht erfüllt werden,
denn auch sie war nicht mehr unter den Feiernden, wie Trude feststellte. Ben konnte
sie ebenfalls nicht mehr entdecken.
    Obwohl ihr vor Müdigkeit fast die
Augen zufielen und auch der Strahler gegen die Kälte nicht mehr viel half, hielt
Trude durch bis halb fünf in der Früh. Sie versorgte die immer noch Ausharrenden
mit frischem Kaffee und man stärkte sich noch einmal an den Resten des Büffets,
sie hielt ihre alkoholisierten Gäste davon ab, mit ihren Autos nach h ause zu fahren, organisierte die Taxen
und schlichtete den Streit, der darum zu entbrennen drohte. Knut, der normalerweise
mit so jemandem nichts zu tun haben wollte, hatte sich mit Krischan verbrüdert und
sie hatten sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, sämtliche verbliebenen, offenen Schnapsflaschen
noch zu leeren. Zu guter Letzt warf sie die beiden ganz autoritär einfach hinaus,
da sie freiwillig nie den Heimweg gefunden hätten. Als sie völlig erledigt in ihr
Bett kroch, war das von Franz immer noch leer. Doch sie war zu müde, um sich darüber
Gedanken zu machen und schlief sofort ein. Irgendwann registrierte sie, dass ein
kalter, nach Schnaps riechender Franz ihr einen Kuss gab und sich neben ihr unter
seine Decke kuschelte, doch wann das war, bekam sie nicht mit. Es war ihr auch egal.

2
     
    Niedlich sahen sie aus, die kleinen Schiffchen aus Mürbeteig mit ihrer
schweren Last aus zartgelber Eiercreme und rosafarbenen Krabben, wie sie auf dem
Backblech, einer stolzen Flotte gleich, bereit standen, um in milder Ofenhit-ze
ihre geschmackliche Vollendung zu erlangen. Doch sie mussten sich gedulden, denn
ein dicker, kunstvoll geflochtener Hefezopf, war gerade dabei sich nach allen Seiten
zu dehnen und aufzublähen und hielt den Platz in der Backröhre noch besetzt. Außerdem
verströmte er einen atemberaubenden Duft. Laut und deutlich war ein knurrender Magen
zu vernehmen.
    »Lang halt ich des aber nimmer aus
…«
    Mit einem Seufzer bückte sich der
fast zwei Meter große, kräftige Mann nach der Tür des Küchenschranks, beförderte
eine Platte Royal Copenhagen heraus und arrangierte darauf ebenso liebevoll wie
bedächtig dünn geschnittene Scheiben mageren Katenschinkens, eine Lage kräftige
Mettwurst sowie einen Ring geräucherte Leberwurst. Am Tag zuvor war er extra zu
einem Bauernhof gefahren, der biologisch-dynamisch wirtschaftete und dessen Besitzer
er persönlich kannte, um diese Wurstwaren von außergewöhnlicher Qualität zu besorgen.
Dafür war ihm kein Weg zu weit. Die Auswahl landestypischer, kulinarischer Spezialitäten
war hier im Norden eh nicht so groß, da war er aus seiner fränkischen Heimat anderes
gewöhnt. Hier gab es Lübecker Marzipan, Katenschinken und – na ja, Fisch in allen
Variationen, weil man das Meer in der Nähe hatte, aber sonst?
    Während er über diese Frage sinnierte,
wanderte sein Blick in den kleinen Garten, der hinter der Küche lag und dessen Rasenfläche
üppig von leuchtend gelben Narzissen flankiert wurde. Gedankenverloren schob er
sich eine Scheibe Schinken in den Mund. Dieser frühlingsfarbene Anblick war natürlich
das Verdienst von Astrids unerschöpflicher, nicht zu bremsender Aktivität. Voller
Bewunderung gedachte er all der Dinge, die sie quasi nebenbei vollbrachte: Die Organisation
des Haushalts, der Garten, die Erziehung der Zwillinge, sämtliche ›social relations‹
zu Familie und Freunden, Freizeitunternehmungen und Urlaub, nicht zu vergessen das
familiäre Finanzwesen. Und all das, trotz ihres beruflichen Engagements als Sozialpädagogin
in einem Hilfsprojekt für Asylbewerber. Da war es mehr recht als billig, dass er
heute für die Ausrichtung ihres traditionellen Brunches am Ostersonntag zuständig
war. Zumal Astrid die ständige Alltagskocherei für die Familie eher als Last denn
als Lust empfand. Sie erledigte diese Pflicht zwar zur allseitigen Zufriedenheit,
doch wenn es etwas Besonderes sein sollte, überließ sie gerne ihrem Mann das Feld.
Ja, Kochen, das konnte er, es war sozusagen seine absolute Leidenschaft, wie auch
das Essen. Wie sonst konnte er neue Geschmackserlebnisse entdecken und sie dann
selbst erschaffen und variieren, wenn er nicht mit seiner feinen Zunge und sensiblen
Nase intensive Forschung betrieb?
    »Guten Morgen und frohe Ostern,
mein Bär! – Das sieht hier ja schon sehr appetitlich aus!«
    Astrid, das blonde Haar vom Schlaf
noch ganz zerwühlt, stand barfuss in ihrem silbergrauen Morgenmantel in der

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