Osterfeuer (German Edition)
und die viel zu laschen Strafen für diese unmenschlichen
Bestien ins Feld führen. Dass eine Frau, die ihre vermeintliche Rivalin tötet und
fein säuberlich im Tiefkühler portioniert, nicht ganz gesund ist und eher einer
psychiatrischen Behandlung denn einer Strafe bedarf, durfte man nicht einmal erwähnen.
Nein, er liebte diese Gespräche
überhaupt nicht. Bald war man dann bei der Schlechtigkeit der heutigen Zeit angelangt,
den Drogen, den unwilligen Arbeitslosen, den auf unsere Kosten lebenden Ausländern
und bald auch bei Astrids Arbeit. Sozialpädagogin für einen Verein, der Asylbewerber
unterstützte! Das war weder dem Renommee dienlich, noch finanziell interessant.
Außerdem gefiel es dann diesen Scheinasylanten nur noch besser hier und sie wollten
gar nicht mehr in ihre Heimat zurück. Und das sollten sie ja wohl so bald wie möglich.
Ganz früher einmal hatte Georg den
Fehler gemacht, zu erwähnen, dass Thomas Mann sich auch vor den Nazis ins Exil zurückgezogen
hatte, in der Hoffnung, der bekannteste Sohn der Stadt könne ihm als starkes Argument
dienen.
»Thomas Mann, den mögen wir hier
nicht besonders«, hatte Johanna nur kühl pariert und Astrid hatte ihn später aufgeklärt,
dass manche Alteingesessene dem Dichter bis heute nicht sein, ihrer Ansicht nach
unpatriotisches, Verhalten während des Krieges verziehen hätten. Hätte Thomas Mann
nicht in aller übrigen Welt Anerkennung gefunden, für viele Lübecker wäre er der
Nestbeschmutzer geblieben, der er seit den Buddenbrooks ohnehin für sie war.
Georg tröstete sich immer damit,
Astrid und nicht ihre Familie geheiratet zu haben, und dass er sie geheiratet hatte,
hielt er nach wie vor für die beste Entscheidung seines Lebens.
3
Mit aufdringlicher Helligkeit drangen die Sonnenstrahlen trotz der
geschlossenen Vorhänge ins Schlafzimmer. Trude, die auch in dieser kurzen Nacht
wieder von den alten, längst vergessen geglaubten Träumen belästigt worden war,
versuchte vergeblich durch tiefes, gleichmäßiges Atmen und Entspannen aller Körperteile
in den Schlaf zurückzufinden. Keine Chance! Ihre innere Uhr ließ sie zu ihrem großen
Bedauern nie länger als höchstens bis halb zehn in Morpheus’ Armen ruhen, egal,
wie spät sie ins Bett gekommen war. Außerdem tat Franz das Seine, um ihr das Wiedereinschlafen
zu erschweren: Er schnaufte und schnarchte wie ein Nilpferd, wie immer nach reichlichem
Alkoholgenuss. Da sie ohnehin schon angefangen hatte, über die Gestaltung des ostersonntäglichen
Frühstücks nachzudenken, entschloss sie sich, ihre erfolglosen Versuche aufzugeben
und schwang sich aus dem Bett. Franz drehte sich grunzend auf die andere Seite.
Ihr fiel sein spätes Kommen ein und Trude fragte sich, wo er in dieser Nacht so
lange gewesen war, nachdem sie ihn auf dem Fest nicht mehr gesehen hatte.
Als sie geduscht und angezogen in
ihre geliebte Küche trat, den munteren Lollo kurz fürs Morgengeschäft in den Garten
ließ und die kühle, frische Luft atmete, freute sie sich auf den bevorstehenden
Tag. Ganz gemütlich würde sie jetzt alles für ein fürstliches, spätes Frühstück
richten und ihre kleinen Osterüberraschungen für Franz, Olli, Elsbeth und ihre Freundinnen
verstecken. Und am Nachmittag könnte man vielleicht einen Ausflug in die Holsteinische
Schweiz unternehmen, einen schönen Spaziergang um einen der vielen Seen machen und
im Uklaier Fährhaus Kaffee trinken. Für den Abend hatte sie eine Hamburger Specksuppe
geplant. Das Rezept war eines ihrer Fundstücke aus der Recherche für ihr neues Kochbuch
und stammte aus der Familientradition von Elsbeths bester Freundin Ille. Danach
sollte es noch rote Grütze mit flüssiger Sahne geben und das war nach diesen üppigen
Feiertagen dann auch genug. Und nachdem es mit Margot nur zu harmlosen, kleinen
Zwischenspielen gekommen war, würde der Berliner Besuch sich nach einem gelungenen
Wochenende morgen verabschieden.
Fröhlich und zufrieden betrachtete Trude den für sechs Personen gedeckten
Tisch. Käseplatte, Wurstplatte, diverse selbst eingekochte Marmeladen, ein Schälchen
Krabbensalat, ein kleiner Teller Räucherfisch, Meerrettichsahne, Preiselbeeren und
ein Glas Rollmöpse für die Verkaterten, Obst, Quark – es war alles da. In der Mitte
thronte neben dem Osterstrauß mit den bunt bemalten Eiern der selbst gebackene Osterzopf
und überall auf dem Blaudrucktischtuch waren kleine Küken und Schokoladeneier verstreut.
Damit jeder bekam, was er mochte, würde
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