Osterfeuer (German Edition)
kundtun konnte, und Lollo zu verdanken
war. Der Hund hatte nämlich die in der Aufregung vergessenen Osterüberraschungen
im Garten aufgestöbert und versucht, sich die schokoladenen Köstlichkeiten heimlich
einzuverleiben. Da Lollo gewöhnlich nicht Ruhe gab, wenn die Familie bei Tisch saß,
bis sein Deputat für ihn abgefallen war, hatte Trude sofort bemerkt, dass etwas
im Busche war. Und so hatte das Tier zum Amüsement beigetragen, indem es mit Klauen
und Zähnen seine wertvolle Beute zu verteidigen suchte.
Jetzt lag Lollo, nachdem er sein
Stück Brot erbettelt hatte, satt im Körbchen, schlief und hatte kein Husarenstückchen
zur Abwechslung zu bieten, sodass man nur recht schweigsam beieinander saß und mehr
oder weniger lustlos in den Tellern rührte. Trude als Gastgeberin versuchte vergebens,
ein Gespräch in Gang zu bringen, doch Franz, der sie sonst dabei gerne unterstützte,
war nach seinem Rausch immer noch etwas angeschlagen und wirkte außerdem irgendwie
gereizt. Olli reagierte nur pampig, als sie ihn fragte, wie denn die Nacht im Laguna
Beach Club gewesen sei, und die Suppe mochte er nicht, was er auch deutlich zum
Ausdruck brachte. Trude fragte sich, was mit dem Jungen los war. Derartig ruppig
und unhöflich hatte sie ihn noch nie erlebt. Betty äußerte gleich zu Beginn, sie
habe keinen Appetit und dann sagte sie gar nichts mehr, aß nur ein paar Häppchen
und stocherte mit unbewegter Miene in ihrer extra kleinen Portion Aalsuppe herum.
Und da Iris die Konversation in großen Runden eh lästig war, da sie gewöhnlich dort
das von ihr bevorzugte Niveau vermisste, blieb nur Elsbeth, die Gute, die sich redlich
mühte, Trude zu helfen, die bedrückende Stille zu beleben. Doch immer wieder verliefen
die Ansätze im Sande.
Trude war richtig froh, als sie
die Rote Grütze mit flüssiger Sahne auch noch hinter sich gebracht hatten, von der
Olli wortlos zwei große Portionen vertilgte, und sie sich mit Geschirr, Töpfen und
Spülmaschine beschäftigen durfte. Da nicht zu erwarten war, dass sich ein gemütlicher
Plausch bei einer Flasche Wein entwickeln würde, schlug Trude einen Abendspaziergang
vor und zumindest Iris und Betty schlossen sich ihr an.
Mit Lollo an der langen Leine hatten sie den Weg eingeschlagen, der
hinter dem Anwesen zwischen Mühlbach und Holunderknicks in die Wiesen und Felder
führte, und waren ohne viel zu reden so weit gegangen, bis er an einem tiefen Graben
endete. Die Luft war frisch und kühl und roch nach feuchter Erde. Glatt und unbewegt
lag der Mühlteich im Dämmerlicht als sie auf ihrem Rückweg daran vorüberkamen. Betty
warf nervöse Blicke um sich und sah immer wieder auf die gegenüberliegende Seite
des Wassers. Dort hatten sie heute Morgen Margot gefunden.
»Ich habe Angst«, flüsterte Betty,
die stehengeblieben war und auf die Stelle starrte.
»Margots Mörder oder Mörderin läuft
hier immer noch frei herum …«
»Aber Betty, wovor hast du denn
Angst? Ich denke, Margots Tod steht in Zusammenhängen, die du nicht zu befürchten
hast, da ist nicht irgendein schwarzer Mann einfach so aus dem Gebüsch gesprungen
…«
Es war das erste Mal, dass sie über
dieses Thema sprachen und Trude ihre Überlegungen zu Margots Ableben äußerte. Völlig
überraschend ging Betty wie eine Furie auf Trude los:
»Was willst du denn damit sagen?
Dass Margot selbst schuld war, weil sie sich wieder mit irgendwelchen Kerlen eingelassen
hat, oder was? Ja willst du das behaupten?«
Trude, irritiert von dieser heftigen
Reaktion, versuchte sich zu verteidigen:
»Nein, natürlich nicht. Ich meine
nur, dass du dich jetzt und hier nicht zu fürchten brauchst …«
»So, meinst du, ja?«
Betty wollte sich nicht beruhigen.
»Soll ich keine Angst haben, weil
du bei mir bist, ausgerechnet du? Ja?«
Befremdet fragte Trude:
»Was soll das denn heißen?«
»Na ja, so cool wie du dich verhalten
hast … Oder willst du jetzt behaupten, du hättest auch nur einen Anflug von Trauer
verspürt, einen Funken Mitgefühl? Du warst kalt wie ein Stein!«
»Du denkst doch nicht etwa«, fragte
Trude mit tonloser Stimme, »ich hätte etwas mit Margots Tod zu tun?«
Sie sagte sich, dass Betty offensichtlich
nicht mehr wusste, wovon sie redete und Bettys Antwort bestärkte sie noch in dieser
Annahme:
»So wie du Margot gehasst haben
musst, ist ein Mensch zu allem fähig!«
»Entschuldige, aber du bist ja völlig
hysterisch, Betty! Ich will dir zugute halten, dass du nicht mehr ganz bei dir
Weitere Kostenlose Bücher