Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
Vom Netzwerk:
Gänge.«
     
    Das gemeinsame Kochen wurde immer mehr zu einem sinnlichen Vorspiel. Die liebevolle Art, wie sie die Möhren putzte, als hätte sie Angst, sie zu zerstören, gefiel ihm. Er sah zu, wie ihr Messer durchs Filet glitt. Er würfelte Zwiebeln, und die Tränen in seinen Augen setzten seiner Männlichkeit einen weichen Glanz auf.
    Sie ließ ihn von den Shrimps probieren und stülpte dabei selbst die Lippen vor, als ob sie die Meeresfrüchte nicht in seinen, sondern in ihren Mund schieben würde.
    Zum ersten Mal in seinem Leben schlug er mit einem Schneebesen Sahne für einen Nachtisch. Es wäre ihnen beiden wie ein Sakrileg vorgekommen, eine Küchenmaschine zu benutzen. Es ging ja gerade darum, das hier selbst zu machen, mit Messern, Löffeln und Schneebesen. Die Speisen in den Händen zu spüren. Sie zu riechen. Zu schmecken. Sogar von dem rohen Fleisch probierte sie, indem sie den Kopf in den Nacken legte und eine dünne Scheibe anknabberte.
    Die Heißluft aus dem Backofen heizte die Küche auf. Die Fischsuppe blubberte schon auf dem Herd.
    Weller krempelte seine Hemdsärmel auf und öffnete zwei Knöpfe am Kragen. Sein weißes Feinrippunterhemd von Schiesser wurde sichtbar. Ann Kathrin rührte die Fischsuppe um und beugte sich vor, um sie mit einem Schluck aus dem Holzlöffel zu probieren.
    Er stieß sie versehentlich an. Die heiße Suppe patschte auf ihren Oberschenkel. Eine Muschel, ein paar Streifen Paprika und ein Stück vom Seehecht klebten auf ihrer Jeans.
    Sie kreischte, als hätte sie sich verbrannt, und pellte sich augenblicklich
aus der Jeans. Weil das Kochen in die heiße Phase überging und jetzt alles gleichzeitig geschehen musste, schoss sie die Jeans einfach mit den Füßen zur Seite.
    Er hatte Mühe, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, denn sie bückte sich und holte unten aus dem Schrank zwei Dessertschüsselchen. Sie trug einen schlichten weißen Slip, doch es war für Weller, als hätte er nie schärfere Dessous gesehen.
    Weller scheiterte bei dem Versuch, eine Weinflasche zu entkorken. Er kam sich blöd vor. Er hatte den Korken in mehrere Teile zerbröselt, und ein Stückchen davon steckte hartnäckig im Flaschenhals fest. Ann Kathrin nahm ihm die Weinflasche aus der Hand und lächelte ihn vielsagend an, als seien Männer sowieso zu dumm, Weinflaschen zu öffnen, und dies sei deshalb grundsätzlich seit Generationen Frauensache.
    Die Flasche zwischen sich, begannen sie zu knutschen. Obwohl sie beide einige Jahre verheiratet gewesen waren und Kinder hatten, kam es ihnen so vor, als hätten sie seit ihrer Pubertät nicht mehr so hingebungsvoll Zungenküsse ausgetauscht.
    Weller hatte Angst, zu sehr herumzusabbern, und schluckte seinen Speichel hinunter. Dann warf Ann Kathrin den modernen Korkenzieher mit Flügeln und Gewinde achtlos auf die Spüle. Sie tat es ein bisschen zu schwungvoll, denn er krachte gegen das benutzte Kochgeschirr. Sie fischte einen ganz ordinären Korkenzieher aus der Schublade. Ein altes Teil von ihrem Vater.
    Sie klemmte die Weinflasche zwischen ihre Oberschenkel, drehte vorsichtig das Gewinde in den Korken und zog ihn mit einem quietschenden Ton heraus.
    Sie begannen mit dem Dessert, aßen dann das geschnetzelte Fleisch aus dem Wok und zum Schluss die Fischsuppe.
    Weller schwitzte beim Essen der Suppe. Vielleicht hätte ich ein bisschen weniger Chili nehmen sollen, dachte er. Aber Ann Kathrin löffelte ihre Schale gierig aus und holte sich einen Nachschlag. Dabei wollte Weller sie nicht allein lassen.
    Sie gossen sich die Weingläser noch einmal voll, räumten das Geschirr nicht ab und ließen die Töpfe einfach stehen.
     
    Soso, dachte er. Es reicht wohl nicht, wenn ich dir eine Leiche vor die Tür lege. Du nimmst dir einen Kerl mit nach Hause und amüsierst dich mit dem. Was muss ich noch tun, damit du endlich anfängst zu ermitteln?
    Er hatte einen schalen Geschmack im Mund. Er lutschte die extrastarken Fisherman’s Friend Eukalyptus-Menthol-Pastillen. Er liebte diese Werbung:
Wenn sie zu stark sind, bist du zu schwach
.
    Er wollte nie wieder schwach sein. Nie wieder. Statt kontrolliert zu werden, wollte er die Dinge unter Kontrolle haben. Die scharfen Lutschpastillen brannten auf seiner Zunge. Er beneidete die zwei um ihren Genuss, und er hasste Weller dafür. Ann Kathrin Klaasen konnte er nicht hassen. Ihr fühlte er sich auf eine unheimliche Weise verbunden. Sie sollte ihm helfen, die gerechte Ordnung wiederherzustellen.
    Aber wie konnte Weller es

Weitere Kostenlose Bücher