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Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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schaffen, mit so verzücktem Lächeln eine Fischsuppe zu löffeln? Er hatte kein Verständnis für dieses ganze Gourmetgetue. Für ihn schmeckte im Grunde fast alles gleich. Es gab nur wenige Unterschiede, die er spürte. Heiß und kalt. Ansonsten gab es nur noch scharfes Essen, oder es schmeckte eben neutral. Nach gar nichts. Die anderen Menschen hatten da etwas, das er gar nicht kannte oder das ihm in früher Kindheit verlorengegangen war. Er wusste es nicht genau. Er trauerte dem nicht hinterher. Er doch nicht! Aber so groß, wie er Weller jetzt im Bildausschnitt sah, hätte er reinschlagen können.
    Er zoomte ihn heran. Machte der das nur, um die Frau herumzukriegen? Oder war wirklich irgendetwas Besonderes an dieser scheißwarmen Fischsuppe? Fisch war eklig. Glitschig. Fing an zu stinken, wenn er eine Weile lag. Und konnte einen fast umbringen, wenn er überm Verfallsdatum war.
    Weller folgte Ann Kathrin ins Schlafzimmer. Sie legten sich nebeneinander ins Bett, jeder hielt dabei sein Weinglas in der Hand, und Weller kämpfte gegen die Luft in seinem Darm an.
    Er ließ zwei Finger von ihrem Bauchnabel an über ihren Oberkörper spazieren und ahnte, dass sie beide jetzt viel zu satt und vollgefressen waren für das, was sie eigentlich vorhatten.
    Sie tat gar nichts und ließ ihn einfach machen. Hieß das, sie hatte keine Lust? Es verunsicherte ihn ein bisschen, wie still sie dalag und nur ab und zu an ihrem Weinglas nippte. Er mochte es, beim Sex über Sex zu reden, es machte ihn scharf, die Dinge beim Namen zu nennen. Mit seiner Exfrau war das nur selten möglich gewesen, nur ganz zu Anfang ihrer Beziehung. Danach waren sie zu schweigsamem, verbissenem Sex übergegangen. Da hatte aber schon die große Langeweile zwischen ihnen eingesetzt.
    Weller streichelte mit seinen Fingern vorsichtig ihre Lippen und flüsterte: »Sag mir was Schmutziges. Komm, ich steh drauf.«
    Sie stöhnte wohlig, rollte sich zusammen wie eine Katze und brachte ihre Lippen ganz nah an sein Ohr. Er konnte ihren Atem spüren und ein Schauer lief über seinen Rücken.
    »Ich soll dir schmutzige Sachen sagen?«
    »Ja, komm. Das macht mich geil.«
    Sie brauchte einen Moment, dann hauchte sie es in sein Ohr: »Küche.«
    Er verstand zunächst nicht. Dann, sie bog sich bereits vor Lachen im Bett, fand auch er es lustig, fühlte sich aber ein bisschen verspottet. Ratlos setzte er sich auf und spielte mit seinem Weinglas.
    Sie konnte einfach nicht aufhören zu lachen und giggelte: »Entschuldige bitte, aber ich konnte mir den Gag jetzt nicht entgehen lassen. Er ist einfach zu gut!«
    Sie lachte über ihren eigenen Witz Tränen. Ihre Lebensfreude
sprang auf ihn über und es war plötzlich gar nicht mehr wichtig, ob sie noch Sex miteinander hatten oder nicht.

 
    Der Bildausschnitt stimmte hier nicht. Das machte ihn rasend. Er konnte Schlampigkeit nicht leiden. Schon gar nicht bei sich selbst, da war er gnadenlos. Er sah nur einen Teil vom Doppelbett, darin lagen sie aber nicht.
    Er würde noch einmal einsteigen müssen, um die Kamera im Schlafzimmer neu zu justieren. Er hatte sie fast unsichtbar im Koffer auf dem Schlafzimmerschrank angebracht. Sie würde das Ding höchstens bei ihrem nächsten Urlaub bemerken oder wenn sie eine Reise plante. Aber so bald würde es für sie keinen Urlaub geben. Dafür sorgte er schon.
    Wussten sie, dass er ihnen zusah? Machten sie sich einen Spaß daraus, ihn zum Narren zu halten? War das da das Knie von Ann Kathrin oder von Weller?
    Er knirschte mit den Zähnen. Das Geräusch tat gut. So spürte er sich wenigstens. Er hatte das früher oft getan, wenn er gar nicht mehr weiterwusste und kaum noch eine Gegenwehr möglich war. Dann blieb ihm wenigstens noch das Knirschen mit den Zähnen.
    Einige hatten es nachts im Schlaf getan, wenn die Albträume sie plagten. Aber er machte es am Tag, ganz bewusst, setzte es ein wie eine Waffe.
    Was muss ich tun, um ihr genauso nah zu sein wie dieser Depp, dachte er.
    Komisch, er hatte sie gar nicht für so primitiv gehalten. Dass sie an solcher Bettgymnastik Spaß fand, konnte er sich gar nicht vorstellen. Hatte er sie doch falsch eingeschätzt? War sie nicht die Richtige?
    Im
Ostfriesischen Kurier
hatte sich das alles ganz anders gelesen, so als sei sie eine kluge, gebildete Frau.
Sie kennt sich aus mit den Abgründen der menschlichen Seele
hatte Holger Bloem
geschrieben. War sie jetzt selbst zur animalischen Seite übergelaufen? Hatte diese tierische Gier sie übermannt? Nur

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