Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
Vom Netzwerk:
beobachten, um zu wissen, ob er seine Tat gefahrlos durchführen kann oder nicht.«
    »Weißt du, was ich mich frage, Ann?«
    Weller ging ein paar Schritte voran, und Ann Kathrin folgte ihm.
    »Nein. Was fragst du dich?«
    Weller nestelte an seinem Hemd herum. »Wenn Frau Orthner kein Buchregal gehabt hätte, meinst du, er hätte dann den Mord nicht begangen, sondern sich eine andere ausgesucht? Ist das so einer? Bringt der belesene alte Damen um? Ich hab schon von vielen Spinnern gehört, aber das ist, glaube ich, ein bisschen weit hergeholt.«
    Ann Kathrin fand seine Gedanken gar nicht so abwegig. »Immerhin dürfen wir nicht ignorieren, dass beide vor einem Buchregal saßen. Vielleicht spielen auch die Stühle eine Rolle«, mutmaßte sie.
    »Wir sollten uns unsere Karten genau ansehen und keinen Trumpf außer Acht lassen. Hier zockt einer ganz abgebrüht sein Blatt runter. Und er lacht sich kaputt über uns Idioten.«
    In dem Moment vibrierte Ann Kathrins Handy an ihrem Gürtel. Sie hatte eine SMS von Hero. Sie musste sie sich nicht anschauen. Ihr fiel siedend heiß ein, was er von ihr wollte: Der Termin bei den Rechtsanwälten Kirsch & Hinrichs …
    Danke für die Unterstützung beim Anwalt,
liebe Ann Kathrin. Es war mal wieder
ganz hilfreich von dir.
H & E.
    Die Leiche wurde in einem Blechsarg aus dem Haus getragen. Der Pathologe ging hinterher. Ann Kathrin Klaasen sprach ihn an, wann sie die Ergebnisse haben könne. Natürlich würde noch heute eine Obduktion angeordnet werden.
    »Genaues kann ich Ihnen erst mitteilen, wenn ich sie gründlich untersucht habe. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich damit beginne, sobald der richterliche Beschluss auf meinem Tisch liegt.«
    Ann Kathrin schüttelte den Kopf. »Nein. Sie beginnen jetzt. Sofort. Wer sagt uns, dass er nicht bereits ein weiteres Opfer in seiner Gewalt hat? Wir brauchen alle Informationen, um ihn zu fassen. Und wir brauchen sie jetzt.«
     
    Heinrich Jansen saß voller Angst da und starrte seinen Peiniger an. Er ging auf und ab und wippte dabei mit dem Rohrstock. Er dozierte: »Das Problem ist dein Wille. Dein eigener Wille
ist dein größter Feind. Nur durch Gehorsam wird man stark, und du … «, er zeigte jetzt mit der Spitze des Rohrstocks auf Heinrich Jansen, »und du, du bist ein Schwächling!«
    Dann hob er demonstrativ seine rechte Hand und ballte sie zur Faust. Als sei der Wille darin, so fest presste er die Faust zusammen. Die Knöchel traten weiß hervor. Er knirschte mit den Zähnen dabei.
    Heute, dachte Heinrich Jansen, heute wird er mich umbringen. Dann ist es endlich vorbei.
    Doch dann begann er wieder auf und ab zu laufen und sich zu erklären: »Wir müssen deinen Willen vernichten. Nur so wird ein ordentlicher Kerl aus dir. Das ganze Onanieren macht dich wahnsinnig. Jedes Mal geht ein bisschen deiner Gehirnflüssigkeit dabei verloren. Wusstest du das? Nein! Das haben dir deine Erziehungsberechtigten nicht beigebracht. Deshalb bist du ja jetzt hier! Dies ist deine Rettung, ist dir das eigentlich klar?«
    Der alte Mann nickte. Natürlich gab er seinem Peiniger recht. Er fand die Worte klug. Er hatte sie selber oft gebraucht. Nur passten sie nicht hierhin. Jetzt, da erkannte, dass diese Sätze falsch waren, nickte er aus Angst vor weiterer Prügel.
    Der Mann legte den Rohrstock auf den Tisch und zückte sein finnisches Jagdmesser.
    Jetzt, dachte Jansen, jetzt ist es vorbei. Er schloss die Augen und erwartete den erlösenden Stich. Er rechnete damit, dass er sein Herz durchbohren würde.
    Dann spürte Heinrich Jansen, dass die Klinge nicht in sein Herz eindrang, sondern stattdessen mal wieder das Teppichklebeband zerfetzte.
    Nein, dachte er. Bitte nicht.
    Er spürte seine Hände schon gar nicht mehr. Die Finger waren zigmal gebrochen.
    Sein Handgelenk wurde gepackt und sein Arm mit einem Ruck ausgestreckt.
    »So. Und jetzt will ich deine Finger sehen. Mach sie schön gerade.«
    Heinrich Jansen biss auf seine Unterlippe.
    Die Stimme seines Peinigers säuselte: »Der Schmerz hilft dir, dein verfluchtes Ego zu vernichten.«
    Dann sauste der Rohrstock mit diesem grässlichen Geräusch durch die Luft.
    Heinrich Jansen schrie schon, bevor seine Finger getroffen wurden. Der Schmerz ging wie ein Blitz durch seinen ganzen Körper. Ein Feuer breitete sich von den Fingern aus bis unter die Fußsohlen.
    »Glaub mir, jeder Schlag tut mir viel weher als dir. Ja, viel weher als dir.«
     
    Ann Kathrin Klaasen konnte nicht anders. Sie musste jetzt ihre

Weitere Kostenlose Bücher