Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
Leben schied, wollte sie aber noch einmal gut essen. Deswegen saß sie hier, abseits vom Touristenrummel.
Ich werde gesucht, dachte sie. Na klar. Das ist dann wohl der endgültige Tiefpunkt.
Sie bestellte sich ein großes Bier und einen doppelten Jägermeister auf Eis.
Als Beate aus ihrem Dämmerzustand erwachte, befand sie sich in einem stockdunklen Raum. Sie wusste nicht, ob dies noch zu ihrem Alptraum gehörte oder ob sie schon wieder in der Wirklichkeit war.
Sie hob den Kopf ein Stückchen an und ließ ihn kraftlos wieder herunterfallen. Er donnerte auf etwas, das metallen klang. Das Letzte, woran sie sich erinnern konnte, war das heiße Gefühl in den Armen, als der Wirkstoff der Injektion sich durch ihre Adern ausbreitete.
Was hat das gottverdammte Luder mir gespritzt?, fragte sie sich.
Sie versuchte, die Arme zu bewegen. Sie war auf eine kalte Fläche geschnallt.
Die Bilder der chirurgischen Gerätschaften explodierten in ihrem Gehirn wie ein Attentatsversuch.
Sie schrie.
Die einzige Antwort darauf war das Wimmern eines Babys. Oder hatte sie sich das nur eingebildet?
Vielleicht war es der Geschmack der Scholle, vielleicht lag es am Alkohol oder an der SMS. Oder es war ein Cocktail aus allem zusammen. Jedenfalls spürte Angela Riemann plötzlich wieder eine kribbelnde Energie.
Sie beschloss, sich nicht umzubringen. Noch nicht.
Als Rupert nach Hause kam und seine Frau nicht antraf, war er erleichtert. Er vermutete sie bei seiner Schwiegermutter. Bestimmt gluckten die beiden wieder zusammen und zogen gemeinsam über Männer her.
Sollten sie nur. Er hatte Besseres zu tun.
Er machte sich ein Bier auf, legte die Füße hoch und rief Frauke an. So eine kleine Nummer zwischendurch wäre jetzt genau nach seinem Geschmack gewesen.
Bei ihr sprang nur die Mailbox an.
Na klasse, dachte Rupert und nahm einen Schluck aus der Flasche. Meine Frau ist bei ihrer Mutter und meine Geliebte bei ihrem Mann. Und was mache ich jetzt?
Reichten zwei Frauen vielleicht gar nicht aus? Brauchte jemand wie er auch noch eine dritte für Notfälle?
Dann musste er wieder an diesen Nils Renken denken.
Rupert beschloss, diesem SM-Studio in Leer einen Besuch abzustatten. Am besten noch heute Abend. Konnte es etwas Peinlicheres für diesen arroganten Architektenschnösel geben als eine Aussage seiner Domina in den Ermittlungsakten? Und wusste die nicht viel mehr über ihn als alle anderen Menschen?
Rupert war gespannt auf diese Frau. An seiner Bierflasche nuckelnd, dachte er darüber nach, ob es sinnvoll sei, sich vorher telefonisch bei ihr einen Termin zu holen oder ob er überraschend dort auftauchen sollte.
Er grinste. Vermutlich konnte er sich die Kosten sogar erstatten lassen. Es war möglich, daraus eine verdeckte Ermittlung zu machen.
Aber dann entschied er sich, doch nicht als Kunde mit Voranmeldung dort aufzutauchen, sondern lieber als Kommissar. In welche Situation auch immer er dort hereingeraten würden, er stellte sich das spannend vor und er würde die Lage beherrschen, während es allen anderen nur peinlich wäre.
Er sah schon irgendeinen Freier vor sich herumwinseln, weil er Angst hatte, das Ganze könne rauskommen und seine Familie würde erfahren, wie Papi so seine Abende verbringt, wenn er angeblich Überstunden macht.
Rupert leerte die Flasche, dann putzte er sich die Zähne und gurgelte mit Mundwasser, um den Alkoholgeruch loszuwerden. Sein Blutalkoholgehalt bewegte sich garantiert nicht im justiziablen Bereich, aber er wollte den Kollegen erst gar keine Möglichkeit bieten, ihn zu schikanieren. Es gab genug Polizisten, die ihn hassten, das wusste er. Und manchmal genoss er es sogar. Hass ist auch eine Form von Anerkennung, dachte er.
Er musste dringend tanken. Er fuhr schon auf Reserve.
An der Tankstelle sah er ein Schild: Coffee to go jetzt auch zum Mitnehmen .
Da konnte er nicht widerstehen, und einen Donut mit Zuckerüberzug nahm er auch noch.
Alle waren hinter dieser Riemann her, selbst der Innenminister, diese taube Nuss, hielt sie für eine heiße Spur. Rupert wollte Nils Renken, Alexander Ollenhauer und Marion Hildegard als Mörder von Jule und Janis Freytag überführen.
Renken war das schwächste Glied in der Kette, denn er hatte Dreck am Stecken, und dem war das alles peinlich, weil er einen Ruf zu verlieren hatte.
Jetzt, dachte Rupert, brauche ich noch ein paar pikante Details. Und dann gehörst du mir, Renken. Und ich kassiere den Ruhm.
Er würde den Pressekontakt nicht Rieke
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