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Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Titel: Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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mir mein Kind, und alles ist wieder in Ordnung. Ich möchte hier Urlaub machen und nicht den Detektiv spielen! Aber ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um meine Tina zurückzubekommen. Mit der Polizei oder gegen die Polizei, das ist mir völlig egal. Der alte Drecksack kann unser Glück nicht ertragen und versucht, es kaputt zu machen. Das lasse ich mir nicht gefallen. Es gab Zeiten, da hätte man so einen einfach zum Duell gefordert.«
    »Zweifellos«, stimmte Ann Kathrin ihm zu. »Aber diese Zeiten sind vorbei. Und jetzt halten Sie sich an Regeln und Gesetze, oder ich nehme Sie mit und führe Sie dem Haftrichter vor.«
    Er inhalierte tief und blies den Qualm in Ann Kathrins Richtung. Da sie aber den Wind im Rücken hatte, nutzte das nichts. Von weitem betrachtet sah es aus, als würde sie sich in einem energetischen Schutzschild befinden, an dem der Rauch abprallte und zum Absender zurückschwebte.
    »Na, das wird ja immer schöner! Jetzt werden schon die Bürger eingesperrt, und die Ganoven laufen frei rum. Prima! Herzlichen Glückwunsch, Frau Kommissarin.«
    Er klemmte sich die Zigarette zwischen die Lippen, um die Hände frei zu haben, und klatschte Beifall. Dabei schlängelte sich der Rauch an seinem Gesicht hoch und brannte im linken Auge. Er kniff jetzt beide Augen zusammen, schüttelte den Kopf und pflückte sich die Zigarette von den Lippen.
    »Nehmen Sie das ernst, Herr Schacht. Weder Wolfgang Müller noch Angela Riemann sind irgendeiner Straftat überführt worden. Und selbst wenn dies so wäre, würde es dem Richter obliegen, sie zu bestrafen, und nicht Ihnen.«
    Er verzog den Mund. »Ja. In Ihrer Welt vielleicht, Frau Kommissarin. In meiner ist das anders. Es ist das archaische Recht eines jeden Vaters, seine Familie zu beschützen und für seine Frau und seine Kinder zu töten. Das ist tief angelegt in uns Menschen. Das ist ein Grundpfeiler für den Fortbestand unserer Zivilisation.«
    Er warf die Zigarette auf den Boden und trat sie geradezu wütend aus. »Ach, was sage ich! Das gesamte Überleben unserer Gattung beruht auf dieser Frage. Wenn ein Kind geboren wird, ist es viel zu klein, um zu überleben. Jedes Kind, das man sich selbst überlässt, stirbt. In den ersten Jahren braucht es die nährende Mutter und den schützenden Vater. Ja, verdammt, so war das schon immer.«
    Er tippte auf seine Boccia-Uhr, die Ann Kathrin an alte Bahnhofsuhren erinnerte. »Die Zeit läuft, Frau Kommissarin. Wie lange kann so ein Kleinkind ohne Nahrung überleben?«
    Ann Kathrin beantwortete die Frage nicht, sondern stellte stattdessen selbst eine: »Darf ich das als Drohung gegen Herrn Müller oder Frau Riemann auffassen?«
    »Ach, denken Sie doch, was Sie wollen«, sagte er und drehte sich um. Er ging in Richtung Tür.
    »Halt!«, rief Ann Kathrin. »Unser Gespräch ist noch nicht beendet!«
    Er warf ihr über die Schulter einen verächtlichen Blick zu. »Na, wenn Sie meinen.«
    Ann Kathrin gab Weller einen Wink. Der war sofort bei Schacht und hielt ihn fest.
    »Verdammt nochmal!«, fluchte Schacht. »Haben Sie nichts anderes zu tun? Geben Sie ein bisschen Gas! Mein Kind kann jeden Moment verhungern!«
    »Wir machen uns genauso Sorgen wie Sie um Tina«, sagte Weller, ohne seinen Griff zu lockern. »Aber wir gehen nicht davon aus, dass das Kind unversorgt ist. Wenn es darum geht, dass Herr Müller einen Vaterschaftstest machen lassen will – und das vermuten Sie doch –, dann wird er Ihrer eigenen Theorie zufolge eher andere Leute umbringen oder klauen gehen, als sein Kind verhungern zu lassen …«
    Schachts Gesicht war jetzt ganz nah an Wellers. Für Ann Kathrin sah es aus, als wollte er mit seiner Stirn einen Stoß gegen Wellers Nase ausführen. Schon zweimal hatte Ann Kathrin erlebt, wie Leute nach so einer Aktion zusammengebrochen waren. Sie hatte den Impuls, vorzuspringen und Schacht daran zu hindern, doch dann geschah nicht, was sie vermutet hatte. Stattdessen brüllte Schacht nur: »Ja, Sie Schlaumeier! Aber dabei berücksichtigen Sie eins nicht: Er ist nicht ihr Vater! Das bin ich! Und das ist so sicher wie das Amen in der Kirche!«
    Er packte Weller jetzt am Hals. Sein Gesicht hatte etwas von einem bissigen Schäferhund, als er keifte: »Oder wollen Sie etwa behaupten, meine Gundi hätte etwas mit ihm gehabt? Das ist lächerlich, absolut lächerlich, verstehen Sie? Das ist lange her. Sie ist froh, dass sie den Typen los ist!«
    Ann Kathrin wunderte sich, dass Weller sich das gefallen ließ.

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