Ostseefluch
Frühbesprechung im Kommissariat am nächsten Morgen brachte ein paar aufschlussreiche neue Informationen über die laufenden Ermittlungen. Immerhin war das, was sie hörte, so spannend, dass Pia nicht auf ihrem gepolsterten Stuhl in dem viel zu warmen Besprechungsraum einnickte. Nachdem Felix am Abend zuvor gegen elf Uhr eingeschlafen war, hatte Pia sich noch die Broschüren des Sektenbeauftragten zu Gemüte geführt. Es war nicht die richtige Bettlektüre gewesen, und sie war darüber gegen halb zwei in einen unruhigen Schlaf gefallen.
Sie massierte mit kreisenden Bewegungen ihre Schläfen und konzentrierte sich auf Julianes Ausführungen. Die Besitzverhältnisse des Land Rovers, mit dem Klarholz am Wochenende unterwegs gewesen war, sowie seine Geschäftstätigkeit und sein Alibi waren am gestrigen Tag von Juliane Timmermann und Conrad Wohlert überprüft worden.
»Der Wagen vom Typ Land Rover Serie IIa ist auf Klarholz’ Firma angemeldet«, sagte Juliane gerade. »Er hat ohne Zögern zugegeben, den Land Rover ab und zu selbst zu fahren. Er sagt, der sei gut für Baustellenbesichtigungen geeignet, auf denen man sonst im Schlamm versinkt. Aber er hat auch ausgesagt, dass er noch nie mit dem Fahrzeug auf Fehmarn gewesen ist. Wir lassen das gerade gegenprüfen. Vielleicht ist er doch mal auf der Insel geblitzt worden oder hat fürs Falschparken ein Knöllchen kassiert. Da der Hinweis auf das Fahrzeug anonym bei uns eingegangen ist, können wir niemandem ein Foto zur Identifikation des Wagens vorlegen.«
»Ich hab gehört, Ossie hat unsere zwei anonymen Anrufe inzwischen zurückverfolgen können«, warf Gerlach ein. Ossie, Oswald Heidmüller, war beim BKI intern für technische Fragen zuständig, die nicht sofort an das LKA weitergeleitet wurden.
Gabler winkte ab. »Dazu kommen wir gleich noch. Was habt ihr sonst noch über Klarholz?«
»Er ist Mitglied in einem Land-Rover-Club«, sagte Juliane mit einem Seitenblick auf Pia. »Das war ja der Grund, ihn noch einmal eingehender zu befragen.«
»Ich dachte, sein enger persönlicher Kontakt mit Frau Rosinski war der ausschlaggebende Punkt«, grummelte Broders. »Kaum sind wir aus der Tür, ruft sie ihn an ...«
»Christian Klarholz ist der Geschäftsführer einer Firma namens ›Immobilieninvestment CK‹«, setzte Juliane ungerührt fort. »Er gibt das Geld aus, das seine Investoren ihm überlassen. Klarholz hat schon ein paar Projekte so abgewickelt. Bisher alles unauffällig. Nun versucht er, auf Fehmarn das Grundstück zu kaufen, das allgemein ›Mordkuhlen‹ genannt wird.«
»Gibt es noch mehr Interessenten für das Grundstück?«, fragte Gabler.
»Ja, zwei. Die Chance, dort ein größeres Bauvorhaben in die Tat umsetzen zu können, stößt auf einiges Interesse. Aber Klarholz scheint die Nase vorn zu haben. Die Apartmentanlage, die da auf Fehmarn entstehen soll, ist ein paar Nummern größer als alles, was er bisher unternommen hat.«
»Gibt es zwischen Klarholz und den Ingwers irgendeine Verbindung?«
»Er hat ausgesagt, weder Milena Ingwers noch ihre Eltern zu kennen. Ingwers’ Betrieb sei ihm bekannt, aber er hatte angeblich noch nicht persönlich mit Rudolf Ingwers zu tun.«
»Weiß er, dass Ingwers ein Verhältnis mit Maren Rosinski hat?«
Juliane zögerte und warf einen Blick zu Wohlert hinüber. Die beiden haben nicht danach gefragt, dachte Pia, und jetzt überlegt sie, ob sie das zugeben soll.
»Ich denke nicht. Er scheint Maren Rosinski recht gut zu kennen. Sie duzen sich. Aber der Name Rudolf Ingwers schien nicht viel in ihm auszulösen.«
»Hm.« Horst-Egon Gabler erhob sich. »War Klarholz bereit, eine DNA-Probe abzugeben?«
»Was? Warum? Wir haben doch kein Vergleichsmaterial vom Tatort«, mischte sich Conrad Wohlert nun ein.
»Das weiß er nicht.« Gabler hob die Augenbrauen. »War nur so eine Idee. Was ist mit seinem Alibi?«
Juliane warf einen Blick in ihre Notizen. »Das hatte Broders ihn schon zuvor gefragt. Klarholz’ Alibi ist so wenig wasserdicht wie das der anderen: Er war an dem Tag, als Milena Ingwers ermordet wurde, angeblich zu Hause und hat gearbeitet. Inzwischen ist so viel Zeit vergangen, dass sich die Leute nur noch schwerlich an Details erinnern können.«
»Aber er hat doch sicherlich telefoniert, während er zu Hause gearbeitet hat. Und das lässt sich nachprüfen.«
»Ich kümmere mich darum.« Juliane klappte demonstrativ ihr Notizbuch zu.
Gerlach berichtete, was Ossie herausgefunden hatte: dass der anonyme
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