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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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unten zu mir aufschaut, gefährlich vorkommen. Ja, ein solcher könnte meinen, ein Mann wie ich schwebte unmittelbar in der Gefahr eines großen … Absturzes. Tjaa, aber von hier oben, von hier innen drin«, er klopfte auf sein haarloses Haupt, »sieht die Sache ganz anders aus, das kann ich Euch versichern. Ich verfüge sozusagen über die ideale Gestalt zum Mauersitzen. Mein Herr hat mich sozusagen dazu geschaffen, ständig zwischen zwei unannehmbaren Alternativen die Waage zu halten.«
    »Ich verstehe«, sagte Paul, dem nichts anderes einfiel.
    Der Bischof schien nach dieser Erklärung in viel besserer Laune zu sein. Er zeichnete rasch einen Plan, den er mit theatralischer Gebärde überreichte. Paul bedankte sich, und er und Gally wandten sich zum Gehen und verließen die winzige Burg.
    »Laßt die Tür auf«, rief Bischof Humphrey ihnen hinterher. »Der Tag ist zu schön, um nichts davon mitzubekommen, und zudem brauche ich niemanden zu fürchten!«
    Als sie über die Zugbrücke stiefelten, sah Paul, daß der Graben sehr seicht war. Man konnte zu Fuß hindurchgehen, ohne sich die Knöchel richtig naß zu machen.
    »Ich hab Euch ja gesagt, daß er die Antwort hätte, die Ihr braucht«, sagte Gally fröhlich.
    »Ja«, erwiderte Paul. »Er ist offenbar einer von denen, die auf alles eine Antwort haben.«
     
     
    > Der Rückweg dauerte beinahe den ganzen Nachmittag. Als sie schließlich am Austernhaus ankamen, war die Sonne schon hinter dem Wald versunken. Paul freute sich darauf, sich endlich hinsetzen und die Beine ausruhen zu können.
    Bei Gallys erstem Klopfen schwang die Tür nach innen auf.
    »Zum Deibel mit den Dösköppen«, sagte der Junge. »Blödeln rum und denken nicht dran, was ich ihnen gesagt hab. Miyagi! Chesapeake!«
    Niemand antwortete als das Echo. Als Paul hinter dem Jungen den Flur entlangging, wo ihre Schritte dumpf wie Trommelschläge hallten, wurde ihm auf einmal eng ums Herz. Es lag ein merkwürdiger Geruch in der Luft, ein Seegeruch, salzig und unangenehm süßsauer. Im Haus war es sehr, sehr still.
    Im Hauptraum war es ebenfalls still, aber diesmal versteckte sich niemand. Die Kinder lagen über den Boden verstreut, einige niedergestreckt und in seltsamen Haltungen liegengelassen wie erstarrte Tänzer, andere achtlos in den Ecken aufgehäuft wie Dinge, die man benutzt und weggeworfen hatte. Man hatte sie nicht bloß getötet, sondern ihnen in einer Art und Weise Gewalt angetan, die Paul nicht ganz verstand. Man hatte sie geöffnet, enthülst und ausgeleert. Das Sägemehl auf dem Fußboden hatte sich zu rotgetränkten Bällen verklumpt und dabei doch nicht das ganze Rot aufgesaugt, das klebrig grell im schwindenden Licht glänzte.
    Gally fiel stöhnend auf die Knie, die Augen vor Entsetzen so weit aufgerissen, daß Paul fürchtete, sie könnten ihm aus dem Kopf springen. Paul wollte ihn fortziehen, aber da erstarrte er in der Bewegung.
    Über einem der größten Haufen, über blassen, besudelten Armen und Beinen und blinden Gesichtern mit offenen Mündern, hatte jemand in schludrigen scharlachroten Buchstaben schwungvoll ein Wort auf die Bretterwand geschmiert – »PUDDING«.

Kapitel
Elentochters Sohn
    NETFEED/INTERAKTIV:
    IEN, Hr. 4 (Eu, NAm) – »Backstab« (»Dolchstoß«)
    (Bild: Kennedy läuft durch einen Schloßgarten, verfolgt von einem Tornado)
    Off-Stimme: Stabbak (Carolus Kennedy) und Shi Na (Wendy Yohira) versuchen erneut, aus dem befestigten Landsitz des geheimnisvollen Doktor Methusalem (Moische Reiner) zu entkommen. Jeffreys plus 6 Nebenrollen offen. Flak an: IEN.BKSTB.CAST
     
     
    > »Unten an der Tür is wer.« Long Joseph stand nervös im Türrahmen ihres Zimmers, weil er nicht in die Nähe von Kranken kommen wollte, selbst wenn so wenig Ansteckungsgefahr bestand wie bei etwas, das ihm als »Zusammenbruch infolge von Streß« beschrieben worden war. »Sagt, er heißt Gabba oder so.«
    »Das ist !Xabbu . Mein Freund von der TH. Du kannst ihn reinlassen.« Er blickte sie einen Moment lang stirnrunzelnd an, dann drehte er sich um und trottete davon. Er war deutlich nicht glücklich darüber, für sie an die Tür gehen oder Nachrichten entgegennehmen zu müssen, aber auf seine Weise tat er sein Bestes. Renie seufzte. Jedenfalls konnte sie nicht die Energie aufbringen, sich zu ärgern – mißtrauisch und schlecht gelaunt zu sein, war einfach die Art ihres Vaters. Zu seinen Gunsten mußte man sagen, daß er in der Zeit, seit sie zuhause war, nicht von ihr erwartet hatte,

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