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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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belastet zu werden. »Wenn du ein Spion im System wärest, könntest du natürlich genau dasselbe behaupten. Und wenn deine Schmerzschwelle hoch genug wäre, könntest du es weiter behaupten, einerlei was für Botschaften ich in dein Zentralnervensystem einspeise.« Er runzelte die Stirn über den keuchenden, zitternden Simuloiden. »Es könnte sogar sein, daß du so etwas wie einen posthypnotischen Block oder eine neuronale Modifikation erhalten hättest.« Er wandte sich an Ptah. »Ich nehme an, du hast beide Männer durchleuchten lassen?«
    Das gelbe Gesicht lächelte. »Steht alles in den Unterlagen. Keine erkennbaren Mods.«
    »Hmmm.« Osiris machte abermals eine Geste. Ein Aufgebot glitzernder metallischer Arme sproß aus dem Fußboden und hielt den Gefangenen in ausgestreckter Rückenlage fest. »Vielleicht ist ein subtileres Vorgehen angebracht.« Eine weitere Geste ließ noch mehr Gliederarme entstehen, jeder von transparenten Röhren durchädert und am Ende in einer riesigen Nadel auslaufend. »Ich entnehme deinem Personalprofil, daß du eine Aversion gegen ärztliche Prozeduren und Medikamente hast. Vielleicht wegen schlimmer Erfahrungen in der Kindheit?« Er streckte den Finger aus: Einer nach dem anderen senkten sich die Arme wie die Beißwerkzeuge eines absonderlichen, giftigen Insekts und stachen die Nadeln in diverse weiche Teile im Körper des Gefangenen. »Vielleicht hilft dir das, deine Geschichte nochmal zu überdenken, denn ich finde sie beklagenswert unzulänglich.«
    Der Gefangene, der zu kämpfen gehabt hatte, seine Stimme zu finden, fand sie. Während verschiedene farbige Flüssigkeiten durch die Röhren zu pulsen und erbarmungslos auf ihn zuzuquellen begannen, stieß er einen markerschütternden Schrei aus. Als dann um die Einstichmale schwarzgrüne Flecken entstanden und sich unter seiner Haut ausbreiteten, erreichte Shoemakers ohrenbetäubendes Kreischen einen neuen, höheren Grad der Raserei.
    Osiris schüttelte den Kopf. Er dämpfte die gellenden Schreie des Mannes zu einem leisen Piepsen und erweckte dann den zweiten Gefangenen zum Leben. »Ich werde dir nicht sagen, wo du bist, du kannst es dir also sparen, danach zu fragen.« Der Gott wurde allmählich ziemlich böse. »Statt dessen wirst du mir etwas erzählen. Siehst du deinen Freund?«
    Der zweite Mann, dessen dichte schwarze Haare und hohe Backenknochen auf eine asiatische Abstammung hindeuteten, nickte mit schreckensstarren großen Augen.
    »Also, Miller, ihr beide wart wirklich sehr ungezogene Jungen. Ihr habt das ordentliche Funktionieren des Gralsprojekts gestört, und was am schlimmsten ist, ihr habt das ohne Autorisierung getan.«
    »Aber wir waren autorisiert!« brüllte Miller. »Mein Gott, warum glaubt uns denn niemand?«
    »Weil es leicht ist zu lügen.« Osiris spreizte die Finger, und Miller war augenblicklich von einem gläsernen Würfel umgeben, der dreimal so hoch war wie er. Mehrere Mitglieder der Neunheit beugten sich vor wie Zuschauer bei einem bunten Unterhaltungsabend. »Aber es ist nicht leicht zu lügen, wenn man mit aller Kraft darum ringt, nicht verrückt zu werden. Deine Akte gibt an, daß du eine krankhafte Furcht vor dem Ertrinken hast. Während du also darüber nachdenkst, wer dich zu diesem lustigen Streich angestiftet hat, gebe ich dir die Gelegenheit, dieser Furcht einmal richtig auf den Grund zu gehen.«
    Der Würfel begann sich mit Wasser zu füllen. Der Gefangene, der wissen mußte, daß sein physischer Körper immer noch irgendwo in den Telemorphix-Büros in Haft war, während lediglich sein Geist gemartert wurde, aber der aus diesem Unterschied keinen Trost zu ziehen vermochte, begann an die durchsichtigen Wände zu schlagen.
    »Wir können dich hören. Sag uns, was du weißt. Schau hin, das Wasser geht dir schon bis zu den Knien.«
    Während das brackige Wasser ihm bis zur Taille, zur Brust, zum Hals stieg, brabbelte Miller in schrillen Tönen etwas über die Anweisung, die er erhalten habe, den Thalamusabkoppler einzuschalten – für einen Test, wie er gemeint habe. Er habe keine Sekunde damit gerechnet, daß der Abkoppler noch verkettet gewesen war und daß diese Verrichtung die Loslösung der Versuchsperson besiegeln würde. Noch während er notgedrungen in die Höhe sprang, um mit dem Mund über Wasser zu bleiben, schwor er, er wisse nicht mehr, als was ihm befohlen worden sei.
    Der Würfel füllte sich schneller. Der Gefangene hielt sich mit hektischem Hundepaddeln über Wasser, aber mit

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