Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
den Füßen geholt. Joe hörte ein Knacken in seinem Kiefer, schmeckte Blut im Mund.
Ein zweiter Schlag folgte, diesmal auf den Körper. Joe musste ihn notgedrungen einstecken; er ließ sich von der Wucht des Aufpralls nach hinten treiben, während er zugleich selbst einen Treffer landen konnte – eine satte Rechte, die Juri direkt unter dem Auge auf den Wangenknochen traf und die Nase des Ukrainers streifte, als dieser zurückwich.
Wahrscheinlich der härteste Schlag, den er je ausgeteilt hatte, dachte Joe, nach dem rasenden Schmerz in seinen Knöcheln zu urteilen. Befriedigt sah er, wie Juri schwankte,
mit Blut im Gesicht und verwirrtem Blick. Vielleicht ist es ja doch nicht ganz so einfach, wie er gedacht hat …
Doch auch Joe war noch angeschlagen von dem Treffer gegen den Unterkiefer. Er wusste, dass er einen solchen Schlagabtausch nicht mehr lange würde durchhalten können. Nach kürzester Zeit wären seine Hände nicht mehr zu gebrauchen.
Juri musste zum gleichen Schluss gelangt sein. Mit der Behändigkeit eines halb so alten Mannes vollführte er einen fliegenden Dropkick, mit dem er Joe vollkommen überrumpelte. Joe konnte sich noch leicht zur Seite drehen, mehr nicht. Es war nicht genug.
Dunkel registrierte Joe noch ein ungläubiges Auflachen von Felton, dann trafen Juris Füße ihn an Hüfte und Oberschenkel und warfen ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Sein Kopf fiel nach vorne und schnellte gleich wieder zurück, und sein letzter bewusster Gedanke war: Es ist vorbei.
53
Was kommt als Nächstes? Diese Frage ging Angela Weaver unablässig durch den Kopf. Seit dem Sturm auf die Garage waren jetzt fast vierzig Minuten vergangen, und sie war der Antwort nicht nähergekommen.
Der Mann, der sie bewachte, hatte alle ihre Bitten um Information und Hilfe abgeschmettert. Nach Angelas Einschätzung waren vierzig Minuten reichlich Zeit, um Liams Diebesbande aufzuspüren und zu überwältigen. Aber hätten sie dann nicht längst die unschuldigen Gefangenen freilassen und die Polizei alarmieren müssen?
Dass dies nicht geschehen war, ließ vermuten, dass den
neuen Herren im Haus – angeführt von Robert Felton, wenn Joe mit seinen Vermutungen richtiglag – ihr Wohlergehen nicht unbedingt am Herzen lag.
Je mehr Zeit verging, desto niedergeschlagener wurde Angela. Nach vier Stunden Gefangenschaft war sie erschöpft, emotional ausgelaugt und bisweilen der Ohnmacht nahe. Zudem war ihr heiß, sie fühlte sich schmutzig und hatte einen wahnsinnigen Durst.
Obwohl die Austrocknung in gewisser Hinsicht auch hilfreich war, hatte Angela panische Angst, sie könnte irgendwann doch vor Terry Fox‘ Augen die Kontrolle über ihre Blase verlieren. Es schien eine lächerliche Sorge zu sein, verglichen mit den anderen Torturen dieses Tages, aber vielleicht beschäftigte sie Angela gerade deswegen so sehr – es war eine Ablenkung von den weit größeren Gräueln, gegen die sie machtlos war.
Angela war nicht sehr überrascht, als Priya zu husten anfing. In der Garage herrschte ein fürchterlicher Gestank, und wegen des Knebels war Priya gezwungen, durch die Nase zu atmen. Sie saß neben den Leichen von Travers und Eldon, mit einer riesigen Blutlache wenige Zentimeter vor ihren Füßen. Bis jetzt hatte Angela sich stets bemüht, nicht in diese Richtung zu schauen. Eldons Leiche bot einen besonders schockierenden Anblick. Er war in rascher Folge von mehreren Schüssen getroffen worden, und eine der Kugeln war mitten in seinem Gesicht eingeschlagen.
Während Angela nicht umhinkonnte, einen Anflug von Mitleid mit Eldon zu empfinden, brachte sie für Turner, der eine schwere Beinverletzung erlitten hatte, keine derartigen Gefühle auf, ebenso wenig wie für Priya, die ihr von Zeit zu Zeit wütende Blicke zuwarf und keine Spur von Reue erkennen ließ.
Aber jetzt schien die Inderin ernsthafte Probleme zu haben. Nach einer Pause, in der sie ein paar Mal tief und pfeifend Luft geholt hatte, bekam sie wieder einen heftigen Hustenanfall. Das Geräusch wurde durch das Klebeband über ihrem Mund gedämpft, aber Angela zuckte dennoch zusammen. Es hörte sich an, als ob Priyas Lunge in Fetzen gerissen würde.
Angela wandte sich an den Bewacher. »Sollten Sie nicht mal nach ihr sehen?«
Terry Fox brummte: »Wir sollten sie ersticken lassen.«
Angela schüttelte den Kopf. »Dann sind wir auch nicht besser als die.«
Nachdem der zweite Hustenanfall sich gelegt hatte, sank Priya an die Wand zurück. Ihr Gesicht war gerötet, ihre
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