Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
Touristen gewimmelt – nicht gerade der ideale Ort für eine Entführung. Und davor hätte das Parkhaus die besten Bedingungen für einen Überfall geboten.
Genau aus diesem Grund trat Joe jetzt auch als Erster aus dem Lift und vergewisserte sich, dass keine Gefahr drohte, ehe er Cassie bedeutete, ihm zu folgen. Das Parkhaus war so gut wie menschenleer. Jede Menge freie Parkplätze, und es waren nur eine Handvoll Autos unterwegs, die nicht weiter verdächtig wirkten.
Das war in gewisser Hinsicht gut, in anderer eher schlecht. Dass die Kidnapper einen so idealen Ort ignoriert hatten, ließ vermuten, dass sie nicht wussten, wo Joe geparkt hatte. Das wiederum bedeutete, dass sie dem Pajero nicht nach Brighton gefolgt waren. Sie mussten sich anderswo an ihre Opfer drangehängt haben.
Es war eindeutig keine improvisierte Aktion gewesen. Dass Jaden als Ablenkung benutzt worden war, bewies detaillierte Planung. Die Kidnapper mussten gewusst haben, wo Cassie sich aufhalten würde. Aber der Entschluss, im Churchill Square shoppen zu gehen, war vollkommen
spontan gewesen, genau wie der Halt vor dem Schaufenster von Modelzone . Es gab nur eine Station, die im Voraus geplant gewesen war.
Merrion & Son.
Durch einen glücklichen Zufall hatte Joe einen Parkplatz ganz in der Nähe der Kassenautomaten gefunden; so konnte er das Geld einwerfen und gleichzeitig ein Auge auf Cassie haben, die den Kindern in den Wagen half. Während er darauf wartete, dass der Automat das Ticket ausdruckte, überlegte er, wer alles von ihrem heutigen Besuch im Juweliergeschäft gewusst hatte.
Valentin Nasenko natürlich. McWhirter, Juri, und vielleicht auch Maria. Dann der Juwelier selbst, Merrion junior, und dessen Vater. Vielleicht auch weitere Angestellte, wenngleich es bei einem so kleinen Geschäft nicht viele sein konnten.
Nicht gut. Das waren alles berechtigte Annahmen, und was sie ihm verrieten, war äußerst beunruhigend.
Er riss das Ticket heraus und lief zum Wagen. Cassie hatte sich dafür entschieden, hinten zwischen den Kindern zu sitzen. So konnte sie Körperkontakt mit ihnen halten und sich trotzdem mit Joe unterhalten. Allerdings ließ sie nicht erkennen, dass sie daran sonderlich interessiert war.
Er stieg ein, startete den Wagen und folgte den Schildern zur Ausfahrt, während er über Cassies Verhalten nachgrübelte. Sie hatte große Angst gehabt, war aber trotzdem sehr tapfer gewesen. Joe empfand enorme Bewunderung, wenn er daran dachte, wie sie sich gegen die beiden Männer zur Wehr gesetzt hatte.
Aber seither hatte sie kaum ein Wort gesprochen. Sie rief nicht die Polizei an, sie bat ihn nicht, zur nächsten Wache
zu fahren. Er verstand, dass sie zögerte, vor den Kindern über den Vorfall zu sprechen, dennoch hätte er eine energischere Reaktion von ihr erwartet.
Als die Schranke sich hob, fuhr Joe vor bis zur Fahrbahn und blickte rasch nach links und nach rechts. Sie befanden sich in einer kurzen Zufahrtsstraße, die hinter dem Brightoner Kongresszentrum und dem Grand Hotel entlangführte. An beiden Enden waren Kreuzungen, über die er zur Promenade gelangen konnte, aber die zur Linken, über die West Street, war ampelgesteuert.
Er bog nach rechts ab, richtete sich in seinem Sitz auf, gab Gas und bog dann schwungvoll nach links in den Cannon Place ein, ohne anhalten zu müssen. Bis zur nächsten Kreuzung, wo die Ampel auf Rot stand, war es nur ein kurzes Stück. Er sah in den Rückspiegel – niemand hinter ihm. Joe nahm die rechte Spur und wartete auf die Frage, die nicht kam.
Zum Blue Anchor Hotel ging es in die andere Richtung.
Joe überlegte eine ganze Weile, ob das Hotel, dessen Miteigentümer Valentin war, für die Kidnapper ein geeigneterer Ort zum Zuschlagen gewesen wäre. Nein, entschied er schließlich. Das Hotel war klein, es hatte relativ viel Personal, und es war gewöhnlich ausgebucht. Cassie wollte sich dort mit einem halben Dutzend Freundinnen treffen; die meisten kannte sie von der Schauspielschule, die sie als Teenager besucht hatte. Alle würden im Hotel übernachten, auf Valentins Rechnung. Es würde kaum einen Moment geben, wo Cassie und die Kinder nicht von Menschen umringt waren.
Dieser erste Punkt gab Joe zu denken. Das Blue Anchor gehörte zu Nasenkos Revier.
Als die Ampel auf Grün sprang, bog er auf die westliche Richtungsfahrbahn der A259 ab und steckte sofort in einer
langsam fahrenden Kolonne fest. Zu seiner Linken thronte die verrottende Ruine des West Piers im Wasser wie ein
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