Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
Spruch hatte sie noch nie gehört, aber es war klar, was damit gemeint war.
Und es war ganz offensichtlich eine treffende Charakterisierung. Ihr Eindruck war, dass Oliver eine ganze Reihe von Problemen hatte. Er war ein Voyeur. Ein Sozialkrüppel und ein Einzelgänger, eventuell leicht autistisch. Er zeigte auch verschiedene Verhaltensauffälligkeiten und Gesten, die sie von Menschen mit Zwangsstörungen kannte.
Kurz, er war ein hoffnungsloser Fall.
Nach ein, zwei Minuten versuchte er es erneut. »Du wartest auf irgendein Zeichen. Die Bestätigung, dass die anderen Anwohner kapituliert haben?«
Er ließ es wie eine Frage klingen. Priya antwortete unwillkürlich mit einem Achselzucken.
Oliver lächelte. Er saß genau in der Mitte eines schwarzen Ledersofas, die langen, dünnen Beine zusammengedrückt. Auch die Arme hatte er aneinandergelegt, was zum Teil an den Fesseln an seinen Handgelenken lag. Seine Hände ruhten auf den Knien, die Finger der einen um die andere geschlossen, die zur Faust geballt war. Die Haltung verführte geradezu dazu, sich in Embryonalstellung zusammenzurollen, doch er schien dieser Versuchung widerstehen zu wollen und hielt den Kopf unnatürlich hoch.
»Die Weavers dürften kein Problem sein«, sagte er, »obwohl Donald ganz schön ausfallend werden kann, vor allem, seit sie seinen Sohn von der Straße kratzen mussten. Die Geschichte kennst du doch, oder?«
Priya nickte.
»Terry Fox war in jungen Jahren bestimmt ein ganz zäher Bursche, aber das ist ewig her. Seine Tochter, die Schlampe, wird sich in den Arsch beißen, dass sie die Show hier verpasst hat. Denk doch nur an die ganzen Hochglanz-Fotostrecken. Es war die Hölle: Als Geisel in den Händen von Räubern! « Oliver kicherte, dann wurde er nachdenklich. »Wenn ihr euch über irgendwen Gedanken machen müsst, dann über Valentin Nasenko. Niemand hasst es mehr, beraubt zu werden, als einer, der selber ein Dieb ist.«
»Nasenko ist ein Dieb?«
Oliver runzelte die Stirn, als ob er von ihr Besseres erwartet hätte. »Natürlich ist er das. Er ist in einem kommunistischen Regime aufgewachsen, und reich geworden ist er nicht durch harte Arbeit und Unternehmergeist. Er war einfach nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Durch irgendwelche glücklichen Zufälle ist es ihm gelungen, Staatsvermögen zu plündern und ungeschoren davonzukommen. «
Er hielt inne, um Atem zu schöpfen und sich die Lippen zu befeuchten. »Soll er damit glücklich werden. Die meisten würden es doch genauso machen, wenn sie die Chance bekämen, uns eingeschlossen. Aber täuscht euch nicht – dass Nasenko sein Vermögen mit Diebstahl, Bestechung und Erpressung gemacht hat, heißt noch lange nicht, dass er nicht ausflippen wird, wenn jemand den Spieß umdreht. Es ist ein eigenartiges moralisches Universum, in dem diese Männer sich bewegen.«
Priya nickte, als ob sie seine wirren Reden ernst nähme. » Diese Männer? «
»Oh, meinen Vater zähle ich absolut dazu. Ich meine, er wurde in eine reiche Familie hineingeboren, hat das Geld genommen und es sensationell vermehrt. Aber es ist mit Blut befleckt, jeder einzelne Penny davon.«
Er sah wohl, dass sie nicht verstand, was er meinte, und lachte. »Mein Gott, entweder bist du total naiv, oder ihr habt nicht gründlich genug recherchiert. Die Familie hat ihr Vermögen mit Waffenhandel gemacht. Sie nennen es ›Verteidigungsindustrie‹, als ob irgendein Mensch darauf hereinfallen würde. Ich meine, wenn du in der Fabrik stehst und zuschaust, wie ein Raketenwerfer liebevoll in seine Transportkiste gepackt wird, malst du dir doch nicht aus, wie entzückend er sich auf irgendjemandes Kaminsims machen wird, oder?«
Er sog den Speichel auf, der in seinen Mundwinkeln Blasen warf. Priya sah weg.
»Natürlich tust du das nicht. Was du dir ausmalst, ist, wie effektiv diese Waffe ein friedliches kleines Dorf dem Erdboden gleichmachen wird, das im Verdacht steht, Terroristen Unterschlupf zu gewähren.«
Priya nickte. Ihr Funkgerät vibrierte, aber da Oliver gerade so in Fahrt war, ignorierte sie es. Sie spürte, dass da noch etwas kommen würde.
»Wenn du in der Waffenbranche bist, dann ist dein Produkt der Tod. Die Lohnsklaven am Fließband können sich vielleicht vormachen, dass sie nicht zum Leiden in der Welt beitragen, aber die Männer an der Spitze wissen ganz genau, was sie tun. Manche stehen Kämpfe durch und lernen dann, damit zu leben. Andere haben von Anfang an kein Problem damit.« Er lächelte. »Mein
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