Overkill - Bale, T: Overkill - Terror's Reach
das Haus nach weiteren Telefonen und Waffen abzusuchen, und funkte dann das restliche Team an, um einen Zwischenbericht durchzugeben. Er zog sich den Stuhl heran, auf dem Travers gesessen hatte, nahm Platz und schwang einen Fuß auf den Tisch. Dann wartete er einen Moment, wobei er die ungeteilte Aufmerksamkeit sämtlicher Anwesenden sichtlich genoss.
»Ich hoffe, dass jedem klar ist, was hier läuft«, sagte Liam. »Wenn alle schön vernünftig bleiben, muss niemand zu Schaden kommen.«
»Damit kommen Sie nicht durch«, sagte McWhirter. Seine Stimme klang eine Oktave zu hoch.
»Irgendwann wir kriegen euch alle«, fügte Juri hinzu.
Aber es war Valentin, der kühl und geschäftsmäßig blieb. »Was wollen Sie?«
»Es ist ganz einfach«, erwiderte Liam. »Du schließt deinen Tresorraum auf. Wir leeren ihn. Wir verschwinden, und du holst dir das Geld von deiner Versicherung zurück. Niemand verliert etwas dabei.«
»Ganz einfach«, echote Valentin. »Sie denken wirklich, ich könnte so etwas zulassen?«
Ohne den Blick von Nasenko zu wenden, streckte Liam den Arm seitlich aus und zielte in die ungefähre Richtung der drei anderen Gefangenen. Aus dem Augenwinkel sah er, wie McWhirter sich wand, während Travers und Juri stocksteif dasaßen und Liam finster anstarrten.
Eldon kam zurück, beladen mit einer weiteren Pistole und mehreren Telefonen. Er registrierte die Spannung im Raum und blieb unschlüssig in der Tür stehen.
»Du hast keine Wahl«, sagte Liam.
Valentin sprach mit leiser Stimme. »Gehen Sie jetzt, und ich werde so tun, als wäre das alles nur ein Irrtum gewesen. Eine törichte Fehleinschätzung. Aber wenn Sie die Sache durchziehen, dann schwöre ich Ihnen, dass Sie nie Freude an dem haben werden, was Sie mir weggenommen haben.«
Liam seufzte. Er hielt seinen Arm ruhig, zielte mit einem beinahe gelangweilten Seitenblick auf die drei Männer an der Wand und feuerte ohne Vorwarnung. Ein einziger Schuss. Er traf McWhirter in die Brust und tötete ihn auf der Stelle. Der Kopf des Südafrikaners fiel schlaff auf Travers‘ Schulter. Der Amerikaner rückte angewidert von ihm ab.
»Du lieber Gott«, sagte er. Und an Valentin gewandt: »Nun machen Sie schon den verdammten Tresorraum auf!«
Valentin sah Juri an, der ihn einen Moment lang grimmig anschaute und dann nickte.
»Na schön«, sagte Valentin schwerfällig.
Während Liam aufstand, kamen vom Treppenhaus plötzlich tumultartige Geräusche. Gleich darauf schleiften Manderson und Pendry den Chauffeur des Amerikaners ins Zimmer. Sein Gesicht war blutüberströmt.
»Er ist auf dem Weg hierher ein bisschen frech geworden«, erklärte Manderson.
»Okay«, sagte Liam. »Bringt sie nach Dreamscape. Alle bis auf Nasenko.« Er wandte sich an Eldon. »Du solltest dich besser um das Dienstmädchen kümmern.«
»Kommst du hier allein klar?«
Liam nickte. Er zitterte ein wenig von dem Adrenalinschub, und ihm war leicht schwindlig, aber er überspielte es gut.
Er sah zu, wie die Gefangenen aus dem Zimmer geführt wurden. Bis auf ein paar halblaute Obszönitäten von Juri sagte niemand etwas. McWhirters Leiche blieb zusammengesunken an der Wand liegen. Es war nur sehr wenig Blut zu sehen. Er sah aus, als schliefe er nach einem heftigen Saufgelage seinen Rausch aus.
Geduldig wartete Liam ab, während das Getrappel auf der Treppe verhallte und ein fernes Rumpeln verriet, dass Eldon das Dienstmädchen aus dem Wirtschaftsraum geholt hatte. Endlich war es still im Haus. Nur die beiden Männer blieben zurück.
Liam wandte sich zu Valentin Nasenko um. Der Ukrainer hatte sich nicht bewegt. Er blickte starr auf seinen Schreibtisch und reagierte nicht, als Liam seine Maske
abnahm und langsam das Messer aus seinem Gürtel zog.
»Können wir jetzt den Tresorraum aufschließen?«
»Ja.«
Valentin stand auf. Er streckte die Arme aus. Liam ging um den Schreibtisch herum und schnitt seine Fesseln durch. Einen Moment lang sahen die beiden Männer sich mit einem betrübten, verlegenen Lächeln an, wie zwei Fremde bei einer Beerdigung.
Dann fielen sie sich um den Hals und klopften einander auf den Rücken.
30
Die Trauer setzte bei Angela Weaver erst mit voller Wucht ein, nachdem man sie die Straße entlang nach Dreamscape gebracht, durchs Haus geführt und in die Garage gesperrt hatte. Als sie auf dem staubigen Betonboden saß, die Hände schmerzhaft hinter dem Rücken zusammengebunden, wurde ihr erstmals voll und ganz bewusst, dass dies kein Traum war, keine
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