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P., Thomas

P., Thomas

Titel: P., Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Rache Engel
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Das
beschissene Hierarchiedenken musste wohl immer gewahrt werden, ganz egal, in
welcher Situation.
    Dann knöpften wir uns einen der Tacos gesondert vor. Mit
einem Messer am Hals wurde er in das Clubheim geführt und dort gezwungen, den
Tresor zu öffnen. Mit zittriger Hand stellte der Vogel die Zahlenkombination
des Safes ein und öffnete eilig die Stahltür. Und was fanden wir da? Nichts.
Ein paar Bandidos-Patches und ein bisschen Kleingeld, mehr nicht.
    Der Inhalt des Tresors kam uns so armselig vor wie das
gesamte Clubheim. Das ganze Ding war in einer schäbigen Halle auf einem noch
fieseren Areal untergebracht. Draußen auf dem Hof sah es aus wie auf einer
Müllhalde. Kaputte, ausgeschlachtete Autos, rostige Tonnen, Schutt und
dazwischen ein paar Gänse, die alles vollkackten. Das Clubheim selbst war im
Vergleich zum Angels Place in Bremen eine Sozialunterkunft. Alles verdreckt,
abgeschabte Sitzmöbel, Tarnnetze an Decken und Wänden, ein alter Kachelofen,
der vermutlich gar nicht funktionierte, versiffte Scheißhäuser und Möbelteile,
wie frisch vom Sperrmüll geholt.
    Das sollte allen Ernstes das Clubhaus des Chapters eines
großen MCs sein? Ich fürchte, es fiel gar nicht weiter auf, dass wir mit
unseren Axtstielen noch ein wenig Altbausanierung betrieben hatten und das eine
oder andere Vitrinenteil seiner finalen Bestimmung übergaben. In diesem
elendigen Drecksloch war am Ende gar nicht viel kaputt zu schlagen...
    Als der Safeöffner, bei dem es sich um den Secretary des
Clubs handelte, wieder gefesselt und zu seinen jämmerlichen Kameraden
zurückgebracht worden war, bekam der arme Kerl auch noch ein Messer an seine
Wange gehalten. Der Typ blutete ohnehin schon wie ein Schwein und machte sich
beim Anblick des Messers fast nass. Dann sagte einer von uns: »Das Messer muss
hierbleiben!«

Alle im Raum wussten, was das zu bedeuten hatte. Würde
dieses Messer zurückbleiben, dann nur im Bauch eines Tacos. Mit einem Mal wurde
es ganz still. Bis der gefesselte Secretary, noch immer das Messer vor seinen
blutigen Augen, mit zittriger Stimme wieder das Wort ergriff: »Das Messer muss
nicht hierbleiben!«
    Das war stark. Der Typ am Boden war ein beschissener Taco,
aber er hatte nicht um sein Leben gewinselt. »Das Messer muss nicht
hierbleiben«, waren seine einzigen Worte, und davor ziehe ich heute noch den
Hut. Und das Messer wurde am Ende dann auch mitgenommen...
    Wir packten die paar jämmerlichen Habseligkeiten der
Bandidos in unseren Lieferwagen, dazu noch den Club-PC und ein paar andere
Kleinigkeiten. Die Pump Gun, die wir in dem Siffladen gefunden hatten, ließen
wir natürlich zurück. Wie auch die Signalpistole aus Bundeswehrbeständen. Es
war wie mit den Axtstielen. Man arbeitet nicht mit Waffen, die eine
Vergangenheit haben. Und schon gar nicht mit gestohlenen, von denen man gar
nichts wusste. So viel Verstand war dem Bremer Disney-Club West Side nicht immer
zu eigen, wurden doch erst jüngst bei einer Polizeirazzia Waffen aus einem
Bruch gefunden. Dümmer geht es wohl kaum noch.
    Wir ließen die beiden Knarren schön brav in dem Clubheim
zurück und führen alle zusammen weg. Nach Delmenhorst. Dort haben sich dann
alle wieder ohne große Worte getrennt, während ich mit Kai in dessen Haus
fuhr, um im Kamin die Sturmhauben und die Axtstiele zu verbrennen. Es sollten
schließlich keine Spuren zurückbleiben. Außer denen, die wir ganz bewusst
hinterlassen hatten. Und die hatten ihre Wirkung offensichtlich nicht
verfehlt.
    Den offiziellen Polizeiprotokollen zufolge ging der erste
Funkspruch um 19.26 Uhr an die örtlichen Polizeistreifen raus. »Überfall auf
das Clubhaus des Motorradclubs der Bandidos in 28816 Stuhr-Brinkum Nord,
Gottlieb-Daimler-Straße 20. Mehrere Personen verletzt.«
    Die zwei Streifenhörnchen, die als Erste bei der
Taco-Hütte ankamen, fanden dem Bericht nach »fünf verletzte Personen auf dem
Boden. Die Personen waren teilweise nicht mehr ansprechbar - alle Personen
bluteten stark.«
    Was ich selbst an jenem Nachmittag bei den Hüten getrieben
habe, kann ich heute natürlich nicht beschreiben. Ob ich jemanden
zusammengedroschen, getreten oder bedroht habe? Keine Ahnung, wir waren
schließlich alle dunkel gekleidet und maskiert. Keiner hatte etwas gesehen und
keiner etwas gehört. Es war passiert, und damit war die Sache für uns alle
erledigt. Für fast alle. Ich fing an jenem Tag wieder mit dem Rauchen an. Die
ganze Sache rumorte in mir. Und zwar gewaltig.
     
    7.
     
    Das

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