P., Thomas
Bandidos MC Chapter Bremen existierte nach diesem
Abend nicht mehr. Es war aufgelöst. Wie ich später erfahren konnte, fuhren die
Bremer Jungs schon Ende April 2006, also nur wenige Wochen nach unserem
Kurzbesuch, geschlossen nach Münster, um bei den »Bandidos« Deutschland
vorzusprechen. Und sie machten den Hüten in Münster klar, dass sie die Schnauze
gestrichen voll hatten. Der Ausstieg wurde akzeptiert. Allerdings: Die
»Fahnenflüchtigen« erhielten nicht den Segen ihrer Clubführung. Sie schieden
zwar aus, dies aber im »bad Standing«. Das hieß, die Jungs mussten
nicht nur alle Clubgegenstände wieder
zurückgeben, sie wurden auch noch gezwungen, ihre Bandidos-Tätowierungen
entfernen zu lassen. Die Tattoos mussten überstochen werden, und zum Beweis
wurde jeder dazu verpflichtet, ein Foto seiner neuen Hautbildchen abliefern.
Dem kamen alle nach. Bis auf einen. Heino B., der
Präsident. Er blieb seinem Club treu. Wie treu, sollte er später noch auf
grausame und eindringliche Art und Weise unter Beweis stellen.
10. Der Prospect: Die Ausbeutung
geht weiter
1.
Die Sache mit dem Werkstattbesitzer kam mir von Anfang an
komisch vor. Warum durfte sich dieser Vogel während der ganzen Aktion frei
bewegen, und aus welchem Grund konnte er sich später als Einziger befreien, um
die Polizei zu rufen? Mit so viel zeitlicher Verzögerung, dass wir längst
wieder weg sein konnten.
Ich dachte mir eigentlich, dass der Typ damals Geld
bekommen hatte, damit er bei diesem Überfall seine eigene schmutzige Rolle
mitspielen konnte. Aber am Ende musste ich erkennen, dass auch diese Geschichte
wie in einem Film abgelaufen war. Wie in einem schlechten Film, versteht
sich...
Angeblich hatte unser Sergeant bereits ein Jahr vor der
Bandidos-Aktion seinen ersten »Höflichkeitsbesuch« in dem Laden neben dem
Taco-Clubhaus gemacht. Dem Werkstattbesitzer kam dieser Auftritt wohl nicht
ganz geheuer vor, und ihn beschlich offenbar damals schon - wie er später der
Polizei gegenüber aussagte - ein Gefühl der Angst und Bedrohung. Zwei oder
drei Wochen vor unserem Überfall hat der Sergeant wohl ein weiteres Mal in der
Bruchbude vorbeigeschaut. Dem Mechaniker gegenüber habe er bei diesem Besuch
angedeutet, dass man wisse, wo er herkomme und wo er wohne. Der Typ muss
demzufolge erneut die Hosen voll gehabt haben, denn er hatte - wie er selbst
angab - dem unheimlichen Besucher zu verstehen geben wollen, dass er mit den
Hüten nebenan nichts zu tun habe.
An dem besagten Tag selbst erhielt der eingeschüchterte
Zivilist dann den finalen Anruf vom Sergeant: »Heute klären wir das Ding mit
den Bandidos. Sieh zu, dass heute Nachmittag keiner mehr in der Werkstatt ist
und dass du allein bist. Und sieh zu, dass du nicht abhaust. Denn wir wissen,
wo wir dich finden können!«
Der Werkstattbesitzer parierte offenkundig aufs Wort,
schickte seine Leute vorzeitig in den Feierabend, schaltete die
Überwachungskamera aus und wartete darauf, was das Schicksal an jenem Tag wohl
noch so alles für ihn bereithielt.
Wie sich herausstellte, war er während unserer Aktion
zwischenzeitlich sogar gezwungen, seine Frau anzurufen, da er mit einem
Überraschungsbesuch dieser Dame rechnen musste. Und das wäre für alle
Beteiligten vermutlich nicht gut ausgegangen.
Ich hatte mich auf jeden Fall in dem Typen getäuscht. Und natürlich
auch in meinen Brüdern, als ich glaubte, der »Zivilist« sei in die ganze
Geschichte verwickelt gewesen. Das war er letztlich nicht, denn eines hätte mir
eigentlich klar sein müssen: Die Hells Angels regeln Dinge wie diese nie mit
Geld. Solche Fälle werden immer mit dem Mittel der Angst gelöst! Und die kostet
meist gar nichts.
2.
Schaute man sich später die Krankenakten der fünf Tacos
nach unserer kleinen Stippvisite an, konnte man sich in etwa vorstellen, wie es
zu der Auflösung des Bandidos-Chapters Bremen gekommen war. Da war von
»ausgeprägten Spuren stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Nackenbereich«,
»Schuhsohlenabdrücken an der rechten Hirnschädelseite«, einer »7 cm langen
Platzwunde im Bereich der behaarten Kopfhaut«, »Gewebsschwellungen an den
Unterschenkeln sowie Abwehrverletzungen an Unterarmen und Händen« die Rede.
Dazu kam noch der »Bruch eines Mittelfingerknochens«, und bei einem der Typen
fanden sich dem Bericht eines Rechtsmediziners zufolge »Zeichen mehrfacher
hochgradiger stumpfer Gewalteinwirkung gegen den Hirn- und Gesichtsschädel,
beide Arme sowie Beine«. Und
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