Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
bin ein bisschen aggro.«
»Geladen.«
»Genau«, sagt Sunny. »Also, was wollen Sie mir über Boone erzählen?«
Petra erzählt ihr, dass Boone Harrington verprügelt hat.
»Überrascht mich nicht«, sagt Sunny. »Damit fing’s an.«
»Was fing damit an?«
»Boones …« Sie sucht nach Worten. »Boones Abwege, denke ich mal.«
Petra fragt: »Was hat der Mann überhaupt für eine Geschichte?«
»Was für eine Geschichte ?«
»Ich meine, ich verstehe ihn nicht«, sagt Petra. »Wieso er sich … so unter Wert verkauft … bei seinen Fähigkeiten. Warum er von der Polizei weg ist …«
Sunny sagt: »Hat nicht funktioniert.«
»Was ist passiert?«
Sunny seufzt lange, denkt darüber nach und sagt: »Rain.«
»Seine Tochter.«
»Was?«, fragt Sunny.
»Hat Boone nicht eine Tochter namens Rain?«, fragt Petra. »Ich meine, ehrlich gesagt, ich dachte, die hätte er mit Ihnen .«
»Wo haben Sie das denn her?«, fragt Sunny.
»Ich habe Fotos von ihr bei ihm gesehen.«
Sunny erzählt ihr die Geschichte mit Rain Sweeny.
»Verstehe«, sagt Petra.
»Nein, tun Sie nicht«, erwidert Sunny. »Boone arbeitet immer noch an dem Fall. Er wird niemals aufhören, sie zu suchen. Es frisst ihn auf.«
»Aber das arme Mädchen ist doch sicher tot.«
»Ja, aber Boone kommt nicht los davon.«
»Schuldsyndrom«, sagt Petra.
»Na ja«, sagt Sunny. »Boone würde es wohl kaum so nennen. Aber unter uns? Ja, ich denke, das trifft es. Jedenfalls ist das Boones ›Geschichte‹. Was Sie beide zusammen angeht … Boone und ich? Es gibt keinerlei Besitzansprüche. Also wenn’s Ihnen nichts ausmacht, ich muss noch ’ne Welle erwischen.«
Petra sieht ihr nach.
Ein goldenes Mädchen an einem goldenen Strand.
Sie fragt sich, wie – und ob überhaupt – Boone jemals von ihr loskommen wird.
110
Auch Sunny fragt sich das.
Sie geht nach Hause, schält sich aus ihrem Sweatshirt und schleudert es an die Wand. Ist es wirklich richtig aus zwischen Boone und mir? Kann er mich einfach so loslassen?
Ich schätze schon, denkt sie und erinnert sich an das Bildder kleinen, auf Boones Sofa zusammengekauerten Britin. Selbst wenn wahr ist, was sie gesagt hat, und sie keinen Sex mit Boone hatte, dann ist es nur eine Frage der Zeit. Die Frau ist hübsch, denkt Sunny. Eine echte Betty. Und natürlich fährt Boone auf sie ab.
Ja, aber es geht um mehr als nur Sex, oder?, denkt Sunny, als sie an ihren Computer geht, um sich in die Surfberichte einzuloggen. Das Mädchen ist so anders und vielleicht geht es ja genau darum. Vielleicht will Boone mal etwas ganz anderes in seinem Leben und das ist nur fair.
Geht mir genauso.
Und es kommt. Sie sieht es auf dem Bildschirm. Eine große, brodelnde rote Masse kommt auf sie zugerollt und bringt die Hoffnung auf ein neues Leben mit.
Die Hoffnung und auch das Bedrohliche daran, denkt sie.
Bin ich bereit dafür?
Bereit für Veränderungen?
Ich schätze, Boone will das.
Aber ist es auch das, was ich will?
Sie setzt sich vor ihre kleine Statue von Guanyin – einen weiblicher Bodhisattva und die chinesische Göttin des Mitgefühls – und versucht zu meditieren, diesen ganzen Beziehungsmüll aus ihrem Kopf zu verbannen. Im Moment ist kein Platz dafür. Die große Wellenfront kommt, sie wird heute Abend eintreffen, und Sunny wird mit dem ersten Licht draußen im Wasser sein und jeden Funken Konzentration und Aufmerksamkeit für die Wellen brauchen.
Also, sagt sie sich, atme, Mädchen, atme.
Wirf die Verwirrung von dir ab.
Atme Klarheit.
111
Das versucht Dave the Love God auch Red Eddie zu verklickern. Er sitzt draußen vor der neuen Rettungsschwimmerstation in PB, sieht hinaus auf den Ozean, der mit jeder Sekunde aufbrausender wirkt, und versucht, Eddie beizubiegen, dass die bevorstehende Nacht weder was für Mensch noch für Tier ist und schon gar nicht für Schiffsladungen voller Drogen.
Eddie kauft ihm das nicht ab. Für ihn braut sich da draußen die perfekte Nacht zusammen – schwarz, neblig und ohne Küstenwache auf offener See. »Du bist verdammt noch mal Dave der beschissene Love God!«, sagt er. »Du bist eine verdammte Legende. Wenn das jemand kann, dann …«
Dave ist sich nicht so sicher. Scheißlegende hin oder her, er wird morgen alle Hände voll zu tun haben und noch mehr. Im Wasser wird’s zugehen wie in einem verfluchten Zoo, jeder namhafte Surfer und ein paar Dutzend Möchtegerns werden sich da draußen in der Brandung herumtreiben und Wellen reiten, die wirklich gefährlich
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