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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Kissen. Illvin ließ sich zurücksinken, als hätte diese kleine Anstrengung ihn bereits völlig erschöpft. Sofort schob Goram einen Löffel gekochtes Fleisch hinterher. Es duftete stark nach Kräutern und Knoblauch. »Hier, esst einen Bissen Fleisch, Herr. Esst, esst, rasch.«
    Illvin hatte den Bissen im Mund, ehe er auch nur an Widerspruch denken konnte. Er schluckte ihn herunter und wehrte den nächsten Bissen ab, wandte den Kopf stattdessen wieder Ista zu. »Ihr … leuchtet gar nicht mehr im Dunkeln. Habe ich von Euch geträumt?«
    »Ja.«
    »Oh.« Verwirrt runzelt er die Stirn. »Woher wisst Ihr das?« Diesmal schaffte er es nicht, dem beharrlichen Löffel auszuweichen, und notgedrungen verstummte er wieder.
    »Lord Illvin, woran erinnert Ihr Euch noch von der Nacht, als Ihr niedergestochen wurdet? In den Gemächern der Prinzessin Umerue?«
    »Niedergestochen? Ich? Niemand hat mich …« Er tastete mit der Hand unter sein Gewand nach dem Verband um seinen Oberkörper. »Goram! Warum wickelst du immer diese elenden Fetzen um mich? Ich habe dir doch gesagt …« Er zerrte die Bandagen herunter, wickelte sie ab und warf sie zum Fuß des Bettes. Die Haut auf seiner Brust war unberührt.
    Ista stand auf, trat an die Bettkante und drehte die weißen Leinenbinden herum. Das Wundpolster war von einem matten, rotbraunen Blutfleck durchtränkt. Sie hielt es so, dass Illvin es sehen konnte, und hob die Brauen. Zornig starrte er auf den Verband und schüttelte den Kopf.
    »Ich habe keine Verletzung! Ich habe kein Fieber. Ich übergebe mich nicht. Warum schlafe ich so viel? Ich werde immer schwächer … schwanke wie ein neu geborenes Kalb … kann nicht mehr klar denken … Bei den fünf Göttern, nur kein Schlaganfall, nur nicht sabbernd und gelähmt!« Seine Stimme drohte sich zu überschlagen. »Arhys, ich habe gesehen, wie Arhys zu meinen Füßen zusammenbrach. Blut … Wo ist mein Bruder?«
    Gorams Stimme klang übertrieben beschwichtigend: »Beruhigt Euch, Herr. Dem Grafen geht es gut. Ich hab es Euch wohl schon hundertmal gesagt. Ich sehe ihn jeden Tag.«
    »Warum kommt er dann nicht und schaut nach mir?« Seine unsichere Stimme nahm nun einen quengeligen Tonfall an, weinerlich wie ein übermüdetes Kind.
    »Das tut er doch. Aber Ihr schlaft immer. Regt Euch nicht so auf!« Goram warf Ista einen finsteren Blick zu. »Hier. Esst Fleisch.«
    Arhys war in dieser Nacht ebenfalls in Umerues Gemächern gewesen? Schon zeigten sich Abweichungen von Cattilaras glatter Version der Geschichte. »Hat Lord Pechma Euch niedergestochen?«, fragte Ista.
    Illvin blinzelte verwirrt, schluckte den letzten Bissen hinunter, den Goram ihm in den Mund geschoben hatte, und meinte: »Pechma? Der wertlose Schwachkopf? Ist er immer noch auf Porifors? Was hat Pechma mit der Sache zu tun?«
    Geduldig fragte Ista: »War Lord Pechma überhaupt da?«
    »Wo?«
    »In Prinzessin Umerues Gemächern.«
    »Nein! Warum sollte er? Das goldfarbene Flittchen hat ihn behandelt wie einen Sklaven, genau wie alle anderen. Falsches Spiel … falsch …«
    Ista ließ ihre Stimme schärfer klingen: »Goldfarbenes Flittchen? Umerue?«
    »Mutter und Tochter. Grausam schön war sie! Aber wenn sie vergaß, auf mich zu achten, wirkte sie wieder unscheinbar. So, wie ich sie zum ersten Mal gesehen hatte, in Jokona. Aber wenn sie ihre Bernsteinaugen auf mich richtete, hätte ich für sie den Sklaven gespielt. Nein – ich wäre ihr Sklave gewesen ! Aber sie hat sich dem armen Arhys zugewandt. Alle Frauen tun das …«
    Nun ja …
    »Sie hat ihn gesehen. Sie wollte ihn. Und sie nahm ihn, so einfach, wie man einen … irgendetwas aufhebt. Ich habe es herausgefunden. Ich kam hinterher. Sie hatte ihn im Bett, drückte ihren Mund auf den seinen …«
    »Fleisch«, sagte Goram und schob ihm einen weiteren Bissen in den Mund.
    Eine exotische Frau, ein kräftiger Mann, ein mitternächtliches Stelldichein, ein verschmähter Verehrer … dieselben Rollen, doch die Darsteller waren andere als in Cattilaras Geschichte? Es passte alles zusammen. Man konnte sich leicht vorstellen, wie Umerue ausgeschickt worden war, um Illvin zu umwerben, um einer Allianz mit Jokona willen, und wie sie sich dann aus persönlichen oder politischen Gründen seinem älteren und mächtigeren Bruder zuwandte. Cattilara wäre dann ein Hindernis gewesen, sicher, aber genau die Art von Hindernis, für die es raffinierte Gifte gab.
    Schwerer vorstellbar war da schon, wie eine solche Verführerin überhaupt

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