Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
Vom Netzwerk:
leiser fort: »Denn wenn Ihr das tut, und Liss erfährt davon, wird sie nicht nur das Vertrauen in Euch verlieren, sondern auch in ihren eigenen Verstand. Sie wäre nie mehr sicher, ob ein Gedanke oder ein Gefühl wirklich von ihr selbst käme. Sie würde immer wieder innehalten, würde grübeln, würde jede Empfindung in Frage stellen. Ein solcher Weg führt in den Wahnsinn. Da wäre es gnädiger und hätte mehr mit Liebe zu tun, würdet Ihr Liss mit einem Kriegshammer beide Beine brechen.«
    Sein Grinsen gefror. »Wie Ihr befehlt. Majestät.«
    »Das sage ich nicht als Eure Königin. Nicht einmal als Heilige. Ich spreche als Frau zu Euch, die diese Straße schon einmal bis zu ihrem Ende gegangen ist, und die nun zurückkommt, um vor den Gefahren zu warnen. Wenn Ihr nur noch halb so viel Verstand besitzt wie am Anfang der Reise – und wenn Ihr tatsächlich Liebe wollt und nicht nur Befriedigung –, werdet Ihr mir als Mann zuhören.«
    Seine knappe Verbeugung war diesmal sichtlich nachdenklicher, sein Grinsen wie fortgewischt.
    Pejar kam zurück und berichtete, dass ein Wagen und ein Gespann tatsächlich früher am Tag im Olivenhain Halt gemacht hatten. Er hatte lange genug im Schatten verweilt, um beide Paare Pferde auszuspannen und zum Wasser zu führen.
    Es war nicht einmal eine halbe Stunde her, dass der Wagen wieder aufgebrochen war. Foix blickte zufrieden und kürzte ihre eigene Rast ab.
    Nach weiteren vier Meilen im Trab erreichten sie den höchsten Punkt eines langen Anstieges. Endlich sahen sie ihre Jagdbeute vor sich über die Straße holpern. Das Segeltuchdach wirkte klein aus der Entfernung, doch hell zeichnete sich im Sonnenlicht das Wappen der Garnison von Porifors ab. Foix winkte seinen Trupp voran. Sie hatten den Wagen fast schon erreicht, als jemand dort auf sie aufmerksam wurde. Der unsichtbare Kutscher trieb das Gespann an, doch die Zugpferde, behindert durch die Last, waren den schnelleren Tieren der Verfolger nicht gewachsen.
    Männer aus Foix’ Schar galoppierten an beiden Seiten des dahinpolternden Gefährts vorbei, beugten sich zur Seite und griffen nach den Zügeln der Führpferde. Als Ista ihr Tier an dem Wagen vorbeilenkte und zügelte, hörte sie schon Cattilaras lautstark schimpfende Stimme. Der Wagen kam zum Stehen.
    Cattilara trug ein elegantes Reisekleid aus Grau und Gold. Sie hockte auf dem Kutschbock und beschimpfte den eingeschüchterten Goram, der sich mit fast geschlossenen Augen duckte und die Zügel des Gespanns mit verkrampften, zitternden Händen umklammert hielt. Ista kniff die Augen zusammen, um das Licht der wirklichen Welt abzuhalten. Sie versuchte, ihr inneres Auge zu höchster Aufmerksamkeit zu bringen, nicht mehr die Geister wahrzunehmen, wie sie der Materie innewohnten, sondern die Geister allein. War das die Art, wie die Götter die Welt sahen? Zu Istas Erleichterung hatte Cattilaras Dämon sich nicht ausgebreitet und die Vorherrschaft an sich gerissen, sondern er war wieder fest zusammengerollt. Ein weiterer Dienstbote, eine der jüngeren Damen von Cattilara sowie Arhys’ Page saßen geduckt hinten im Wagen.
    Zwei nahezu erloschene Schemen lagen dabei, Seite an Seite. Leinwand und Holz versperrten Istas körperliche Sicht, doch gerade das machte es ihr leichter, zu erkennen, was sie eigentlich sehen wollte. Eine dünne Linie aus weißem Feuer trieb träge zwischen den beiden Körpern; darunter, noch viel schwerer wahrzunehmen, war ein Netz aus violettem Leuchten, das in drei Strängen verlief: Der Kanal, durch den der Zauber floss.
    Ista spannte kurz die Finger, und Feder hielt und stand gehorsam auf der Stelle. Ista ließ die Zügel auf seinen Widerrist fallen und streckte die Hände aus, ließ ihren Geist der körperlichen Bewegung folgen. Und dann, zum ersten Mal, floss sie über den Körper hinaus. Bastard, hilf mir. Sei verflucht … Sie versuchte nicht – wagte es nicht – die Umhüllungen zu unterbrechen, die den Zauber des Dämons anzeigten; stattdessen lenkte sie die Seelensubstanz. Das weiße Band von Illvin zu Arhys loderte auf wie ein Strohdach, das in dunkler Nacht Feuer fängt.
    Arhys’ sonore Stimme erklang aus dem Wagen, gereizt, wie die eines Mannes, der eben aus dem Schlaf erwacht: »Was bedeutet das? Illvin …?«
    Cattilara verstummte abrupt, rief keine Beschimpfungen mehr, sondern atmete scharf ein und sank zusammen. Keuchend funkelte sie Ista an.
    Bewegung wurde aus dem Wagen laut – ein Knarren, schwere Schritte auf den Planken. Arhys

Weitere Kostenlose Bücher