Paladin der Seelen
schlecht sitzende Leinenhose gefunden hatte, vermutlich aus den unzureichenden Beständen des Wagens. Der unglückliche Dienstbote allerdings musste barfuß bleiben. Die Ritter der Tochter halfen dabei, die Leinenplane des Wagens an den Seiten halb heraufzurollen, denn die Hitze des Tages machte die Stickigkeit im Wageninnern schwerer erträglich als den aufgewirbelten Straßenstaub, auch wenn Ista einräumen musste, dass Lord Arhys das eine vermutlich ebenso wenig bemerken würde wie das andere.
Sie brachen wieder auf. Foix befahl vier seiner Männer vor und zwei hinter dem schwerfälligen Wagen. Illvin und Liss ritten zu beiden Seiten mit, nah genug für eine Unterhaltung.
Einige Meilen vom Dorf entfernt erreichten sie den Kamm der Anhöhe, bogen nach rechts den Hang entlang ab und begannen ihren Abstieg in das breite Tal, das Porifors beschützte. Sie umrundeten eine Baumgruppe, als Foix plötzlich eine Hand emporriss. Die kleine Reisegruppe hielt.
Illvin richtete sich in den Steigbügeln auf. Seine Augen wurden groß. Ista und Arhys kletterten zur Vorderseite des Wagens und schauten hinaus. Arhys fletschte die Zähne, aber nur Ista atmete zischend ein. Rau wie eine Raspel kratzte die Luft durch ihre Kehle.
Ein langer Zug berittener Krieger bog unmittelbar vor ihnen nach einem Ritt quer durchs Gelände auf die Straße ein. Die weißen Pelikane von Jokona glänzten auf meergrünen Wappenröcken. Ihre Rüstungen funkelten. Eine lange Reihe von Speerspitzen blitzte im hellen Licht; vor dem Hintergrund der abfallenden Landschaft funkelten sie wie Juwelen, die auf dem Gewand eines Höflings aufgezogen waren.
20
E
in leises Stöhnen kam über Gorams Lippen; vor Furcht grau im Gesicht, duckte er sich auf dem Kutschbock.
»Zurück in den Wagen, zurück«, zischte Arhys dem Diener und Cattilaras Dame zu. Er schob sie nach hinten, und sie stolperten durchs Wageninnere und kauerten sich auf den Boden. Arhys ließ eine Hand auf Gorams Schulter fallen. »Fahr weiter! Fahr durch sie hindurch, wenn wir können.« Er richtete sich auf und gab Foix ein Zeichen, der auf seinem tänzelnden Pferd saß und verzweifelt vor und zurück blickte. »Weiter!«
Foix nickte, zog sein Schwert und ließ das Pferd herumwirbeln. Die vordersten vier Ritter aus dem Orden der Tochter zogen ebenfalls ihre Waffen und nahmen zu beiden Seiten von ihm Aufstellung, bereit, für den Wagen hinter ihnen den Weg zu bereiten. Man konnte unmöglich feststellen, wie viel vom jokonischen Heerzug bereits auf die kurvige Straße eingebogen war, doch die lange Reihe der Krieger, die sich noch immer durchs Buschland auf der steileren Seite des Tales zu ihrer Linken zog, schien kein Ende zu nehmen. Goram trieb sein Gespann an. Der Wagen setzte sich polternd in Bewegung.
Die Jokoner, die ihm am nächsten waren, blickten nach hinten, um zu sehen, was da auf sie zusteuerte. Rufe ertönten; der Klang von Waffen, die gezogen wurden; Schreie von herumgerissenen und jäh angetriebenen Pferden.
Arhys griff Ista am Oberarm und drängte sie zurück in die relative Sicherheit der Wagenmitte. Der Boden des Gefährts hüpfte und schaukelte, sodass Ista sich auf die Knie fallen ließ, bevor sie unfreiwillig darauf landen konnte. Illvins Paradepferd trottete neben dem Wagen her und schloss sich dessen unruhiger Bewegung an, als die Zugtiere Geschwindigkeit aufnahmen. Illvin lehnte sich herüber und rief: »Arhys! Ich brauche eine Waffe!« Er streckte seine leere Hand auffordernd dem Bruder entgegen, der sich hastig umschaute. Illvin blickte nach vorn. »Schnell!«
Mit einem Fluch griff Arhys nach dem einzigen spitzen Gegenstand in Sichtweite, einer Mistgabel, die an der Innenseite des Wagens befestigt war. Er schwang sie zu Illvin hinaus, der seinen Bruder verärgert anfunkelte, aber dennoch nach der Forke griff. Er wirbelte sie herum, sodass die Zinken nach vorn zeigten. »Ich dachte eher an ein Schwert.«
»‘tschuldigung«, sagte Arhys und zog das seine. »Schon vergeben. Ich brauche ein Pferd.« Er wandte sich Liss zu, die auf der anderen Seite galoppierte.
»Nein, Arhys!« Illvins Stimme übertönte das Poltern des Wagens, die schneller werdenden Hufschläge und die Schreie vor ihnen. »Halt dich zurück! Sei vernünftig!« Er wies auf die bewusstlose Cattilara.
Arhys’ Kopf fuhr herum, und er zog den Atem laut zwischen den Zähnen ein, nicht um Luft zu holen, sondern vor Schmerz, als er erkannte, wessen Körper nun die Gefahren des Schlachtfelds
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