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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Joen oder Sordso von hier aus spüren konnte – konnten diese sie dann auch spüren? Und wenn Joen sie spüren konnte … sie atmete ein weiteres Mal durch und drängte diesen beängstigenden Gedanken beiseite. Entschlossen streckte sie ihre Seele wieder aus.
    Mehr als fünfhundert schwache Seelenlichter bewegten sich wie Glühwürmchen zwischen den Bäumen: die jokonischen Soldaten und die Marketender, die ihren üblichen Aufgaben nachgingen. Eine kleine Anzahl Seelen glühte in einem viel heftigeren, unruhigeren Licht. Ja, da waren auch die Leinen, die Schlangen. Sie zuckten von diesen verstreuten Wirbeln aus durch die Luft und liefen alle in einem einzigen dunklen, beunruhigenden Punkt zusammen. Während sie noch zusah, kreuzte sich eine der Linien mit einer anderen, während die Menschen, die daran hingen, sich bewegten. Wie zwei Stränge aus substanzlosem Garn gingen sie durch einander hindurch und verwirrten sich nicht.
    »Ja, ich kann sie sehen«, sagte sie Illvin. »Einige sind in Joens Nähe versammelt, andere im ganzen Lager verteilt.« Sie bewegte die Lippen, während sie zählte. »Sechs halten sich bei den Kommandozelten auf, zwölf sind entlang des Saums des Waldes aufgestellt, Porifors gegenüber. Achtzehn insgesamt.«
    Sie blinzelte kurz und wandte sich halb um, blickte zum Fluss hinab und auf das zweite Lager der Jokoner, das die Stadt belagerte. Ein weiteres Mal schloss sie die Augen. Dann drehte sie sich vollends herum und wandte sich dem Biwak des dritten Heerzuges zu, der sich entlang der Anhöhe östlich der Burg aufgestellt hatte, die Straße nach Oby abschnitt und den Oberlauf des Flusses kontrollierte. »Alle Zauberer befinden sich im Hauptlager bei Joen. Ich sehe keine Bänder zu den beiden anderen Lagern. Ja, natürlich. Sie möchte all ihre Zauberer so gut im Auge behalten wie möglich.«
    Ista vollendete ihre Drehung und öffnete die Augen wieder. »Die meisten Zauberer scheinen in Zelten untergebracht zu sein. Einer steht unter einem Baum und blickt hierhin.« Seinen materiellen Körper konnte sie durch die Zweige hindurch nicht sehen, aber sie konnte genau sagen, welcher Baum es war.
    »Hm«, sagte Illvin und blickte über die Schulter. »Kann Foix sagen, was was ist? Wer ein Zauberer ist und wer nicht?«
    »O ja. Jetzt kann er es. Mit mir zusammen sah er die Zauber aufleuchten, als die Tassen zerbrochen sind – und dann wieder, als wir auf der Mauer standen und es weiterging.« Misstrauisch schaute sie über die Schulter zurück in Illvins angespanntes, verschlossenes Gesicht. Seine Augen blickten nachdenklich. Er schien irgendeiner Vorstellung nachzugehen, die ihm keine große Freude bereitete. »Woran denkt Ihr?«
    »Ich denke … dass Eurer Aussage nach Arhys anscheinend immun ist gegen Zauberei, aber dass die Zauberer nicht immun sind gegen Stahl. Wie Cattilara an der unglücklichen Umerue bewiesen hat. Wenn Arhys sie in einen Nahkampf verwickeln könnte, und nur sie, und wenn er den anderen tausendfünfhundert Jokonern rund um Porifors irgendwie aus dem Weg gehen könnte …« Er holte Luft und wirbelte herum. »Liss.«
    Sie fuhr hoch. »Lord Illvin?«
    »Such meinen Bruder und frag ihn, ob er zu uns heraufkommen kann. Hol auch Foix, wenn er sich auffinden lässt.«
    Sie nickte, ein wenig überrascht, und eilte die Wendeltreppe des Turmes hinunter. Illvin starrte über das Lager von Fürst Sordso und Fürstin Joen hinweg, als müsse er sich jede Einzelheit einprägen. Ista stützte sich an seiner Seite auf die Brüstung und musterte sein Profil, das plötzlich abwesend wirkte.
    Er erwiderte ihren Blick und lächelte entschuldigend. »Ein Gedanke beschäftigt mich. Ich fürchte, Ihr werdet feststellen, dass ich sehr leicht abzulenken bin.«
    So würde sie ihn nicht beschreiben, aber sie erwiderte sein Lächeln kurz und versuchte, ihn zu bestärken.
    Allzu bald erklangen Schritte auf der Treppe. Arhys trat in das leuchtende Zwielicht heraus, gefolgt von Liss und Foix. Im Augenblick sah er kaum mehr nach einer Leiche aus als irgendein anderer in Porifors, doch seinem Gesicht fehlte der übliche Schweißfilm. Foix’ Gelassenheit verbarg eine tiefe Erschöpfung. Den ganzen Nachmittag hatte er sich ungeschickt bemüht, überall in der Burg die Auswirkungen der Zauberei rückgängig zu machen, doch mit wenig Erfolg. Dy Cabon hatte den Versuch von vornherein für aussichtslos erklärt, aus verschiedenen theologischen Gründen, denen keiner zuhörte, und doch hatte er selbst um Foix’

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