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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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wieder.

 
11
     
     
     
    C
    attilaras Damen hüllten Ista in ein elegantes, hauchdünnes Nachthemd und steckten sie in ein Bett, das mit dem feinsten bestickten Leinen bezogen war. Auf Zehenspitzen schlichen die Frauen dann aus dem Schlafgemach und schlossen die Tür zur äußeren der beiden Kammern, wo die Akolythin und ein Mädchen in dieser Nacht schlafen würden, in Rufweite der Königin. Die Kerze blieb brennend in einem Glas auf dem Tisch zurück. So lag Ista auf der Anhäufung weicher Kissen, betrachtete das flackernde Licht und die Dunkelheit, die es zurückdrängte, und dachte nach.
    Es war möglich, einige Tage ohne Schlaf auszukommen, bis einem das Gemach vor den Augen zu schwanken begann und merkwürdige Trugbilder durchs Blickfeld zogen, wie Funken, die aus einem Feuer emporstieben. Sie hatte das schon einmal versucht, damals, als die Götter sie zum ersten Mal in ihren Träumen heimsuchten. Als sie befürchtet hatte, den Verstand zu verlieren, und Ias zugelassen hatte, dass sie so dachte. Es hatte nichts gebracht.
    Es war auch möglich, Verstand und Träume in Alkohol zu ertränken. Für kurze Zeit jedenfalls. Das hatte sie auch schon ausprobiert, und es hatte noch weniger gebracht, langfristig gesehen. Auch der Rausch bot keine Zuflucht vor den Göttern – im Gegenteil.
    Sie grübelte darüber nach, wer wohl auf dem anderen Bett liegen mochte, im Gemach auf der anderen Seite der Galerie – einem Bett ähnlich dem ihren, wenn auch nicht so fein parfümiert. Sie war ziemlich sicher, wie dieses Bett und der Teppich und das Gemach aussahen – und der Bewohner. Sie musste es nicht einmal sehen. Allerdings habe ich zuvor nie Goram den Knecht gesehen. Aber dessen Existenz, nahm sie an, war wohl mit eingeschlossen.
    So, bis hierher hast Du mich jetzt also gezerrt, wer von euch es auch sein mag, der mich jetzt bedrängt. Aber Du kannst mich nicht zwingen, durch diese Tür zu gehen. Genauso wenig kannst Du sie selbst öffnen. Du kannst noch nicht einmal ein Blatt anheben. Eisen zu biegen oder meinen Willen – beides übersteigt gleichermaßen Deine Kräfte.
    Sie standen in einem Patt, sie und die Götter. Sie konnte sich ihnen den ganzen Tag lang widersetzen.
    Aber nicht die ganze Nacht. Irgendwann muss ich schlafen.
    Sie seufzte, lehnte sich zur Seite und blies die Kerze aus. Der Geruch nach heißem Wachs stieg ihr noch eine Zeit lang in die Nase, und der Glanz des Kerzenlichts hinterließ einen glühenden Fleck in ihrem Auge, als sie sich zur Seite drehte und das Kissen unter ihrer Schulter zurechtklopfte. Du kannst diese Tür nicht öffnen. Und du kannst mich auch nicht dazu zwingen, welche Träume du mir auch schickst.
    Tu das Zweitschlimmste. Das Schlimmste hast du mir schon angetan.
     
    Zu Anfang war ihr Schlaf traumlos und leer. Dann trieb sie eine Weile durch gewöhnliche Träume, in denen eine Absurdität mit der anderen verschmolz. Schließlich betrat sie ein Gemach, und alles war anders. In diesem Gemach war sie nie zuvor gewesen. Es war nicht das Gemach von Lord Illvin, und es war nicht ihr eigenes. Draußen war heller Nachmittag; das schloss sie zumindest aus dem Licht, das durch die fein gemusterten Öffnungen in den Fensterläden fiel. An der Bauweise erkannte sie, dass es ein Raum war, der zu Burg Porifors gehörte. Dann wurde ihr bewusst, dass sie das Zimmer doch schon einmal gesehen hatte, in einem kurzen Augenblick, von Kerzenschein erhellt. Lord Arhys hatte aufgeschrien …
    Jetzt war alles still. Das Gemach war sauber und aufgeräumt. Und es war niemand hier außer ihr selbst … nein, einen Augenblick!
    Die Tür schwang auf.
    Eine vertraute Gestalt zeichnete sich kurz vor dem hellen Hintergrund ab, im trüben Licht, das in den blumengeschmückten Innenhof dahinter fiel. Die Gestalt füllte die Tür von einer Seite zur anderen aus; dann wuchtete sie ihre Körpermassen durch den Türrahmen und ließ die Tür hinter sich zufallen. Kurz verspürte Ista Erleichterung und Freude, als sie dy Cabon erblickte, sicher und wohlbehalten.
    Nur … dass es nicht Cabon war. Nicht dy Cabon allein jedenfalls.
    Er war fetter, heller, weißer und wirkte ein wenig androgyn. Schwoll dieses Fleisch an, um das Unfassbare zu fassen?
    Seine Kleidungsstücke waren fleckenlos und leuchteten wie der Mond, und allein daran hätte Ista den Unterschied erkennen müssen. Ein Lächeln grub Falten in sein Gesicht, und die Augen des Gottes funkelten sie an. Sie waren weiter als die Himmel, tiefer als die Abgründe

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