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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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vom Boden zu erheben, auf leichten Schwingen, wie nur Vögel es können.
    »Jetzt!« Ein letzter Aufschrei. Sein Lichtrad sauste in den Nachthimmel.
     
    Das weiße Tuch lag auf dem Boden. Die Frau, die nackt vor ihnen stand, war Phaidra. Sie hatte schmale Hüften und spitze, hochangesetzte Brüste mit großen, rosenholzfarbenen Warzen. Zwischen ihren schlanken Schenkeln brannte ein rotes Vlies. Theseus konnte seinen Blick nicht mehr abwenden. Das Fell war ein Stück zurückgeschlagen. Vier Frauen hoben die leichte Gestalt, schnallten sie auf das Weidengestell. Dann wurden ihre Hand- und Fußgelenke fixiert.
    Sie lag da, mit gespreizten Beinen, ihr kleines Hinterteil nach oben gereckt. Zum Schluß schoben sie ihr eine zusammengefaltete Decke unter den Bauch, um den Anprall erträglicher zu machen. Dann fiel das Fell wie ein schwerer Vorhang auf sie herab.
    Das Summen in seinem Ohr war hohem, quälendem Fiepen gewichen. Theseus hatte das Gefühl, als sei sein Kopf unendlich vergrößert. Er blieb regungslos, aus Angst, bei der kleinsten Bewegung einen seiner Nachbarn zu rammen.
    Pasiphaë begann zu beten. Mit ausgestreckten Händen wiegte sie sich langsam hin und her. Immer wieder griff sie dabei in eine Schale neben sich und ließ Weizenkörner über den Leib des Mädchens rieseln.
    »Du, große Mutter, bist ewig. Du bist Wasser, Erde, Luft und Feuer. Du bist Anfang und Ende, Wissen und Geheimnis. Du bist alles, was es gab und je geben wird.« Sie verfiel in einen lauten Singsang. Ihre Füße standen fest, ihr Becken vollführte kreisförmige Bewegungen. »Du schenkst uns die Zeit der Fülle, in der Du als Herrin über den Himmel fährst, bevor Du der Dunkelheit erlaubst, zurückzukehren. Die Zeit der Früchte. Die Zeit der Ernte. Die Zeit, das Bündnis wieder zu besiegeln, das Leben schafft und Liebe verströmt. Sieh gnädig nieder auf die himmlische Mondkuh, die den Weißen Stier aus dem Meer empfängt. Im Besitz der uralten Kraft, vermählt er sich mit der strahlend Einzigen.« Sie holte tief Luft und rief gellend: »Kraft!«
    »Kraft!« kam es schmetternd zurück. »Liebe!«
    »Liebe!« war die laut schallende Antwort.
    »Heilung!«
    »Heilung!« flehten alle aus voller Kehle.
    Die Frau auf dem Gestell ächzte und versuchte, durch Hin- und Herrücken eine bequemere Lage zu finden. Ihr Haar an den Schläfen war dunkel vor Nässe.
    Die Trommeln steigerten sich zu wirbelndem Stakkato. Zum Meer hin öffnete sich der Kreis. Dann stieg er aus dem Wasser. Im Mondlicht schimmerten die Tropfen auf seinem Körper. Er war nicht groß, aber muskulös und hatte sehnige Beine. Sein Gemächt war dunkel und gut entwickelt. Er ging nicht einfach vorwärts, sondern vollführte Tanzschritte, ein Trippeln und Stolzieren, ein Laufen und Stoppen, kraftvoll und anmutig. Eine lederne Maske, dem Antlitz eines Stiers nachempfunden, bedeckte sein Gesicht.
    »Komm!« sang die Menge erwartungsvoll.
    »Ja!« War es tierisches Brüllen oder eine heisere Männerstimme?
    »Begatte sie!«
    Er stand hinter ihr und schien unter dem Fell ihre Brüste zu betasten. Dann strich er mit seinen Fingern über ihr Geschlecht und öffnete es. Sie zuckte zusammen. Mußte es wehrlos geschehen lassen.
    Die Muskelstränge an seinem Rücken traten hervor. Seine Flanken bebten. Stürmisch drang er in sie ein. Die Frau erzitterte, aber gab keinen Laut von sich.
    »Ja! Ja!«
    Seine Stöße wurden schneller. Die Frau stöhnte. Er keuchte.
    Alle keuchten mit ihm.
    Er grub seine Hände in ihren Nacken. Sie bewegte sich leicht unter ihm. Das Tierfell war verrutscht. Rötliches Haar hing ihr wie ein Schleier über die Augen und gab ihren schlanken Hals frei.
    War es bleiches Mondlicht? Das Flackern der Fackeln? Auf einmal schien sein Körper mit kurzem Fell bedeckt zu sein. Seine Füße verbarg die Kuhhaut, aber er tänzelte während des Aktes immer wieder vor und zurück, als bewege er sich auf gespaltenen Hufen.
    War es ein Tierwesen, das die keusche Priesterin begattete?
    Theseus spürte die Lust in seinen eigenen Lenden, so stark, so unbedingt, daß es sich wie Schmerz anfühlte. Wer war der andere? Weshalb war nicht er an seiner Stelle?
    Plötzlich wußte er, wer den Akt vollzog. Er. Er!
    Theseus konnte nicht mehr länger zusehen. Er wollte wegrennen, aber die anderen hinderten ihn daran. Er war eingeschlossen in einen Kessel von dampfenden Leibern. Gepeinigt schloß er die Augen und öffnete sie erst wieder, als der Mann mit der ledernen Maske einen lauten Schrei

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