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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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die Reste seines Vermögens darin investiert. Sollte sich auch dieser Versuch als Fehlschlag herausstellen, war er nicht nur am Ende seiner Weisheit, sondern auch seiner finanziellen Mittel.
     
    Hunderte hatten sich im Hafen vom Amnyssos versammelt, um den Verstorbenen das letzte Geleit zu geben. Auch wenn viele Tote nicht geborgen werden konnten, schickte man sie zumindest symbolisch mit den Leichen der anderen auf die Reise zu den Inseln der Seligen. Auf den brennenden Nachen, die unter Gebeten hinaus auf das Meer trieben, befanden sich kleine Dinge aus ihrem persönlichen Besitz, Geschenke für die Große Mutter der Tiefe.
    Kaum war die Feier vorbei, ritt Minos auch schon wieder zurück in den Palast und betrat die Schmiede. »Schick deine Leute weg, Daidalos! Ich habe mit dir zu reden.«
    Der Ton verhieß nichts Gutes, der Athener gehorchte sofort. Es war warm im Raum. Daidalos bot Wein und Wasser an, Minos lehnte ab. Er ging, beide Hände im Gürtel, aufmerksam in der Schmiede herum. »Du bist vorangekommen.«
    Daidalos nickte. Er wußte sofort, wovon Minos sprach. Irgend jemand mußte geredet haben.
    »Du hast sicherlich nach dem richtigen Zeitpunkt gesucht, um mir davon zu berichten.« Seine Stimme war gefährlich ruhig.
    Daidalos nickte abermals.
    »Dann sprich!«
    »Ich habe noch keine endgültige Gewißheit. Nur eine Theorie, die sich erst in der Praxis beweisen muß.« Er hüstelte mehrmals. »Sonst wäre ich schon längst zu dir gekommen.« Sein Lächeln mißlang.
    »Und wo ist diese Theorie? « fragte Minos höhnisch. »Kann ich sie sehen?«
    Daidalos stand auf und öffnete die Truhe, für die nur er den Schlüssel besaß. »Wer hat es dir gesagt?«
    Minos schlug das Tuch zurück und begutachtete die Pfeilspitzen. Zum Vergleich zog er die heraus, die er seit Jahren mit sich herumtrug. Selbst wenn man sie nebeneinander gegen das Licht hielt, war kein Unterschied zu erkennen. Er nickte. »Einer meiner Diener«, sagte er beiläufig. »Hast du ernsthaft geglaubt, du könntest mich täuschen?«
    »Das wollte ich nicht«, sagte Daidalos kläglich und haßte sich im gleichen Moment für seine Feigheit.
    Minos lachte. »Und ob du das wolltest! Überrascht? Ich weiß alles über dich, Athener«, sagte er genüßlich. » Alles. Wohin du gehst. Mit wem du sprichst. Ich kenne jeden deiner Gedankengänge, fast, als wäre ich selbst in deinem verfaulten Schädel zu Hause.« Er ballte die Faust und klopfte ihm mehrmals hart auf den Kopf.
    Daidalos wich zurück. »Was willst du jetzt tun?«
    »Du weißt, was ich will«, entgegnete Minos kalt. »Ich habe es dir schon mehrmals gesagt.« Er bedrängte ihn. Daidalos kam sich vor wie ein Tier in der Falle. Er versuchte, nach hinten auszuweichen, aber da war bloß die rauhe, unverputzte Wand. »Sag es mir«, forderte Minos. »Ich will es aus deinem Mund hören.« Er packte seinen Arm und drehte ihn langsam nach hinten.
    Daidalos ließ einen erstickten Ton hören. Seine Augen wurden matt. »Eisen«, krächzte er.
    »Lauter!« Der Griff verstärkte sich. »Ich kann dich so schlecht verstehen.« Minos grinste. »Du bist doch sonst so gut bei Stimme, wenn es darum geht, hinter meinem Rücken Intrigen zu spinnen. Also!«
    Ein knacksendes Geräusch war zu hören. Daidalos durchzuckte ein brennender Schmerz. »Mein Arm«, schluchzte er. »Du reißt ihn mir aus!«
    »Das Wort!«
    »Eisen!« schrie er. »Eisen. Eisen. Eisen!«
    »Na bitte.« Minos ließ ihn los. »Du weißt es.« Er setzte sich breitbeinig auf eine der Werkbänke. »Das hier können wir alles vergessen«, sagte er nachdenklich. »Wir müssen ganz neu anfangen.«
    »Willst du auch diese Schmiede schließen?«
    »Die Zeit der Spiele ist vorbei. Jetzt beginnt die wirkliche Arbeit. Ich will nicht nur Pfeilspitzen, sondern Schwerter, Dolche, Pflüge, Gerätschaften! Ganz Kreta soll aus Eisen bestehen. Und du wirst es fabrizieren.«
    »Ich?«
    »Wer sonst?« Er klang geradezu amüsiert. »Wir brauchen Öfen, Schmieden, Werkstätten. Viele, sehr viele. Und jede Menge Leute. Tag und Nacht werden die Öfen brennen. Du bist mir für alles verantwortlich.«
    »Und woher willst du das Erz nehmen? Das Material ist teuer, und Kreta verfügt nur über …«
    »Das laß nur meine Sorge sein!« fiel Minos ihm ins Wort. »Wir teilen uns die Arbeit: Ich kümmere mich um die Beschaffung des Erzes, du kümmerst dich darum, daß es geschmolzen und weiterverarbeitet wird. Dein Kopf bürgt für Qualität.«
    Er ging zur Tür und drehte

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