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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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»Dahinter steckt ein Mann. Warum soll te sie sich sonst heimlich davonschleichen?«
    »Also gut«, gab Pasiphaë schließlich nach, »weil es dir so wich tig ist. Aber ich spüre, daß du nicht die ganze Wahrheit gesag hast. Versprich wenigstens, sie mir später zu erzählen.«
    Mirtho nickte. Ich hoffe, es wird nicht dazu kommen, dach te sie.
    »Laß jetzt Ariadne rufen«, seufzte Pasiphaë. »Ich will mit ih reden, bevor ich sie fortschicke. Obwohl ich wenig Hoffnun habe, daß sie mir erzählt, was wirklich passiert ist.« Sie zog di Nadeln aus ihrer Lockenfrisur und fuhr sich mit beiden Hände durch das lange, silberschwarze Haar. Dann preßte sie beide Fäu ste an die Stirn. »Mein Kopf«, sagte sie leise. »Und mein Rücken Ich bin so müde.«
    »Laß mich rufen, wenn du mit Ariadne gesprochen hast«, er widerte Mirtho und betrachtete besorgt die Schatten unter ihre Augen. Nein, Pasiphaë war nicht die Königin, die Kreta in diese schwierigen Zeiten so dringend gebraucht hätte. Sie war ruhelo und unstet, mit einem ausgeprägten Hang zum Selbstmitleid; si bedurfte jeglicher Unterstützung, die wir ihr zuteil werden lasse konnten. »Dann werde ich dich unter meine Hände nehmen. Un danke für dein Vertrauen! Du wirst sehen, alles wird gut.«
     
    Ariadne verzog keine Miene, als die Königin ihr befahl, Elyro sofort zu verlassen. Scheinbar ungerührt hatte sie sich Pasiphaë Vorhaltungen angehört. Erst als ihre Mutter Knossos erwähnte weiteten sich ihre Augen, und ihr Gesicht wurde weiß.
    »Warum tust du das?« fragte sie mit zittriger Stimme. »Hast d vergessen, daß ich zu den Stierakrobaten gehöre und am Übungs programm der Springer in Phaistos teilnehme? Willst du mich i die Verbannung schicken, nur weil jemand üble Gerüchte über mich verbreitet? Immer glaubst du den anderen – ich kann tun, was ich will! Ich lasse mich nicht von dir nach Knossos schicken, niemals, hörst du!«
    Lange sah Pasiphaë ihre Tochter an, die trotzig die Lippen zusammenpreßte. Dieses Mädchen war ihr fremder als alle ihre anderen Töchter. Trotzdem versuchte sie immer wieder eine Annäherung, aber es gelang ihr nicht, einen Zugang zu ihr zu finden. Galten Kinder auch als blutsverwandt mit der Mutter, Ariadne war eindeutig die Tochter des stolzen, eigensinnigen Minos!
    Sie war so anders als ihre Schwestern – die vernünftige, besonnene Akakallis, die schüchterne, stets zurückhaltende Xenodike oder Phaidra, ihre Jüngste und damit Thronfolgerin, die immer fröhlich war! Sie besaß auch keine Ähnlichkeit mit dem Mädchen, das sie selbst einmal gewesen war. Manchmal kam es ihr vor, als gehöre Ariadne nicht wirklich zu der Töchterschar der Großen Mutter, zu der alle weiblichen Angehörigen des Königshauses zählten und die unmittelbar von der Göttin selbst abstammten; als sei sie mehr eine Vertreterin einer neuen, ungebärdigeren Spezies, für die überlieferte Traditionen bedeutungslos waren.
    Sie spürte, wie das Mädchen vor ihr mit sich kämpfte, konnte hinter der Fassade Verletztheit, Scham, sogar Angst erahnen. Aber sie kannte Ariadne zu gut, um zu wissen, daß sie sich keine Blöße geben würde, schon gar nicht vor ihr.
    »Ich bin zu müde, um mit dir zu streiten«, sagte Pasiphaë deshalb leise, aber bestimmt. »Du wirst tun, was ich dir sage. Du gehst nach Phaistos, wenn du partout nicht nach Knossos willst. Hast du mir noch etwas zu sagen?«
    Ariadne schüttelte den Kopf. Die ruhige Bestimmtheit der Mutter traf sie tiefer, als sie sich eingestehen wollte. Einen Moment lang fühlte sie sich unsicher. Dann aber gewann ihr Widerspruchsgeist die Oberhand. Pasiphaë irrte sich, wenn sie glaubte, sie würde ihr blindlings gehorchen! Sie war nicht länger ei Mädchen, das sich herumkommandieren ließ. Sie war zur Fra geworden. Und sie erinnerte sich an seine Lippen, an seine ers verspielten, schließlich immer kühneren Zärtlichkeiten. Bald dachte sie, bald, mein Liebster, bin ich wieder bei dir.
    »Laß uns die Angelegenheit friedlich regeln«, unterbrach Pasi phaës Stimme ihr bockiges Schweigen. »Ich möchte, daß du sofor aufbrichst. Heute noch. Und du gehst nicht allein. Aiakos wir dich begleiten.«
    Überrascht zog Ariadne die Luft ein. Aiakos, der berühmt Stierakrobat, der auch sie ausgebildet hatte, der engste Freun ihres Vaters! Sie fühlte, wie ihr Mut plötzlich schwand. Sie ent schloß sich, wenigstens momentan Einverständnis zu heucheln Später würde sie über geeignete Lösungen nachdenken. Es

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