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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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wurde. Dann rückte er endlich mit der Wahrheit heraus.«
    Theseus hätte singen können vor Glück. Er hatte das Labyrinth bezwungen. Er hatte das Monstrum getötet. Und der Zufall hatte ihm seine Liebste in die Arme geführt. Er schlüpfte zu ihr unter die Decke.
    »Fahr!« befahl er. »Wie lange brauchen wir nach Amnyssos?«
    »Nicht länger als zwei Stunden. Die anderen warten schon an den Schiffen.«
    »Sind die Fackeln bereit? Die Äxte?«
    Der dunkle Kopf vor ihm nickte eifrig. »Ein wundervoller Plan«, sagte er anerkennend.
    »Wenn alles gut geht, sind wir morgen früh schon auf hoher See«, erwiderte Theseus. »Großer Apoll, schütze deine Kinder! Gib, daß wir sicher die Heimat erreichen!«
     
    Sie hatte alles getan, was in ihrer Macht stand. Die Wunden gereinigt, die Wundränder sorgfältig ausgewaschen, mit Kamillenpaste betupft und anschließend mit sauberem Leinen verbunden. Asterios hatte viel Blut verloren, aber der Kampf gegen den Tod schien zumindest für den Augenblick gewonnen.
    Es war Hatasu gelungen, die Blutungen zum Stillstand zu bringen. Nur der tiefe Schnitt am Arm, wo Theseus’ Messer das Gewebe zerfetzt hatte und beinahe bis zum Knochen gedrungen war, bereitete ihr noch Sorgen. Noch immer trat milchige Flüssigkeit aus und durchtränkte binnen kurzem jeden frischen Verband. Asterios begann zu röcheln und verzog schmerzlich sein Gesicht, wenn sie vorsichtig das Leinen wechselte.
    Er fieberte. Er schien sie nicht zu erkennen. Als er zum erstenmal »Merope« flüsterte, hatte sie Iassos mit aller Entschiedenheit hinausgeschickt. Seitdem lief er unruhig im Gang auf und ab, und nur sein Respekt vor ihr hinderte ihn daran, ständig wieder den Kopf ins Zimmer zu stecken.
    Endlich schien Asterios zu schlafen. Sie legte ihre Hand an seine heiße Wange und erhob sich dann vorsichtig. Leise schloß sie die Türe.
    »Wie geht es ihm?« Der rötliche Haarkranz war zerzaust, die Hängebacken hingen sorgenvoll nach unten. »Wird er durchkommen?«
    »Ich denke, ja«, erwiderte sie. Jetzt erst spürte sie, wie müde sie selbst war. Sie versuchte ein kleines Lächeln. »Ich hätte nichts einzuwenden gegen einen Teller Suppe und einen Becher Wein«, sagte sie. »Bist du nicht allerorts berühmt für deine Gastfreundschaft?«
    »Aber natürlich!« Iassos schlug sich gegen die Stirn. »Verzeih – vor lauter Sorge um Asterios habe ich gar nicht daran gedacht!« Trotz der späten Stunde lief er in die Küche und gab ein paar Anordnungen. Hatasu folgte ihm langsam.
    »Nicht so viel!« protestierte sie, als zwei verschlafene Dienerinnen Schüsseln und Platten mit kaltem Fleisch und Gemüse ins Speisezimmer schleppten. Er schickte sie wieder hinaus. »Nur etwas Warmes und ein Stück Brot. Komm, Iassos, setz dich zu mir! Wir müssen besprechen, was wir weiter unternehmen!«
    Er blieb neben ihr am Tisch stehen. Kerzen erhellten den großen Raum. Zwei Truhen aus poliertem Olivenholz zeugten vom Reichtum und Geschmack ihres Besitzers. »Ich habe mir schon alles überlegt. Ich werde reiten. Nachdem du gegessen hast.«
    »Jetzt gleich? Mitten in der Nacht?«
    »Es ist gut, daß du ihn sofort zu mir gebracht hast. Aber wir müssen unbedingt Pasiphaë informieren«, sagte er ernst. »Niemals würde sie uns verzeihen, daß wir sie so lange nicht benachrichtigt haben.«
    »Du hast sicherlich recht.« Hatasu nippte an ihrem Becher. Sie fühlte sich so ausgelaugt, daß sogar Sprechen schwer fiel. »Aber er ist noch zu schwach, um transportiert zu werden. Glaubst du, sie würde ihn hier lassen – bei uns?« Sie schüttelte den Kopf. »Niemals! Warum gönnst du ihm nicht die paar Stunden Ruhe und reitest erst im Morgengrauen los, statt den schlafenden Palast aufzuwecken?«
    »Und was ist mit Theseus? Soll er vielleicht ungestraft davonkommen, nach allem, was er angerichtet hat?« schnaubte Iassos aufgebracht. »Ich war von Anfang an dagegen, diesen Athenern Zugang zu unseren Mysterien zu gewähren. In meinen Augen sind und bleiben sie das, was sie schon immer waren – Barbaren!«
    Die Dienerin hatte die Suppe hereingebracht. Hatasu begann sie zu löffeln. »Ich sterbe vor Hunger«, sagte sie. »Sie schmeckt wunderbar.«
    »Immer etwas Minze in die Gerstensuppe«, erwiderte Iassos. »Erst so entfaltet sich das volle Aroma. Entschuldige«, sagte er zerknirscht. »Daß ich in einem solchen Augenblick damit komme!« Er erhob sich. »Ich breche auf. Ich will keine Zeit mehr verlieren«, sagte er.
    Hatasu erwischte gerade noch

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