Palast der blauen Delphine
geöffnete Fenster geklettert und stand jetzt vor ihm.
Er schmeckte den Schweiß auf ihrer warmen Haut, spürte, wie feucht ihr Haar war, in das er seine Finger grub. Ineinander verschlungen fielen sie auf das harte Lager. Sie tasteten, streichelten, kosten. Ihre Zunge an seinem Ohr, führte sie seine Hand an ihre Brüste.
»Sie haben sich so nach dir gesehnt«, flüsterte sie. »Jeden Tag, jede Nacht. Ich konnte nicht mehr denken, nicht mehr schlafen, nicht mehr essen. Ich bin beinahe gestorben, so einsam war ich.«
»Ich war so verzweifelt«, murmelte er, »und wußte nicht mehr, was ich tun, wohin ich gehen sollte.«
Sie verschloß seinen Mund mit einem Kuß. »Laß uns nicht mehr an Vergangenes denken. Wir sind hier. Hier. «
Er konnte nicht aufhören zu sprechen, während seine Hände zärtlich über ihre Schenkel glitten. »Nie wieder lasse ich dich fort! Für ewig will ich bei dir sein, dich küssen, dich lieben …«
»Scht«, machte Ariadne, »sag nichts mehr!« Ihre Hände liebkosten seine Lenden. »Komm zu mir, Liebster, schnell!«
Ihr Schoß nahm ihn auf, und sie fanden ihren Rhythmus, langsam und spielerisch zunächst, dann schnell und heftiger werdend. Er schrie seine Lust in die Nacht, sank über sie und begrub seinen Kopf zwischen ihren Brüsten.
»Was machst du da?« fragte sie später, als die Nacht sich schon neigen wollte.
»Ich sehe dich an.« Er fühlte ihr Lächeln mehr, als daß er es sah.
»Komm zurück ins Bett, Astro! Es wird bald hell, und ich muß wieder fort.«
»Und wenn ich dich nicht mehr gehen lasse?«
»Versuche nicht, mich einzusperren!« Ariadne setzte sich auf und schlang das Leintuch um sich. »Ich komme freiwillig zu dir, aber ich bestimme den Zeitpunkt.«
»Jetzt sind wir zusammen«, fuhr er grübelnd fort. »Und vielleicht noch morgen und den nächsten Tag. Aber was soll dann werden?«
»Laß mich nur machen! Ich kann sehr erfinderisch sein. Oder mußt du wieder fort? Kannst du nicht in Chalara bleiben?«
»Eine Weile schon noch«, erwiderte er bedrückt. »Zumindest in der Nähe.«
»Siehst du, es gibt immer eine Möglichkeit«, rief Ariadne. »Warum sich die Nacht mit düsteren Prognosen verderben? Laß uns lieber so Abschied nehmen, daß du mich bis morgen nicht schon vergessen hast!«
Asterios drängte die Fragen zurück und die Geständnisse, die ihm auf der Seele brannten, und zog sie in seine Arme.
Als die warmen Strahlen der Morgensonne auf sein Gesicht fielen, war er allein. Sie war fort. Aber sie würde wiederkommen. Dann würde er mit ihr sprechen, ihr alles erzählen.
Aber konnte er ihr seinen Namen sagen? Nein, heute ebensowenig wie morgen, nicht, bevor er nicht in Phaistos gewesen war und nochmals die Königin gesprochen hatte.
Und danach? Wie sollte er es anstellen, die Geliebte zu sehen, wenn er in Zukunft am Hof leben mußte? Er wußte noch immer nicht, wo sie wohnte, seine kleine Akrobatin, die ihm so begeistert von ihren waghalsigen Sprüngen über den Stier erzählt hatte.
Da durchfuhr ihn plötzlich ein Gedanke. Warum war er ihm nicht schon früher in den Sinn gekommen? Die kleinen Kupferbarren, die er als Lohn für seine Arbeit bei Gregeri erhalten hatte, reichten aus, um das Zimmer für einige Zeit zu bezahlen. Hier konnten sie sich jederzeit sehen. Trotz Ariadnes Geheimniskrämerei war er sich mittlerweile sicher, daß sie in Chalara lebte, und der Palast von Phaistos lag nicht weit entfernt.
Sein erster Impuls war, aufzuspringen und alles sofort in die Wege zu leiten. Dann aber ließ er sich wieder zurücksinken. Er mußte sich nicht beeilen. Noch lag der ganze Tag vor ihm. Zeit genug, alles mit Aurora zu regeln, bevor er sein Mädchen wieder im Arm halten würde. Lächelnd dachte er daran, wie er ihr im Morgengrauen das Medaillon am Lederband um den Hals gelegt hatte. Ariadnes Augen hatten vor Freude genauso geglänzt wie die blanke Sonnenscheibe zwischen den Stierhörnern.
Iassos hatte ihm das Schmuckstück ganz diskret wieder zurückgegeben. Er hatte es sogar einige Tage mit sich getragen, ohne es zu wissen. Das Medaillon hatte irgendwo in der Tiefe seines Beutels gelegen, und erst auf seinem Weg nach Chalara war ihm das Ledersäckchen wieder in den Sinn gekommen, das ihm Hamys im Haus des Parfumhändlers zum Abschied zugesteckt hatte. Merope hatte ihm das Medaillon als Reserve für Notfälle mitgegeben. Aber sicherlich wäre sie damit einverstanden gewesen, daß es jetzt den Hals seiner Liebsten schmückte. Mit dem Gedanken
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