Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
Vom Netzwerk:
zu schwer und nicht zu auffällig sein. Collier hatte sich eine Methode ausgedacht. Sie würden für jeden eine Art Sturmgepäck, wie die Soldaten es mit sich trugen, schnüren. Dafür hatte er einen Stoff besorgt, der beinahe so kräftig wie ein Teppich war. Das kleinste und leichteste Paket würde Sera bekommen, solange sie es tragen konnte; danach würden sie sich damit abwechseln. Wahrscheinlich würde auch Sera ab einem bestimmten Punkt getragen werden müssen, aber das würde hoffentlich erst in einiger Zeit sein.
    Es gab eine Stelle an der Stadtmauer, wo einige Europäer geflohen waren, indem sie sich mit aneinandergeknoteten Riemen und Bändern in ein ausgetrocknetes Flussbett abgeseilt hatten. Bei Tag waren einige von ihnen erschossen worden, aber in der Nacht würden sie ungesehen entkommen können, wie Collier meinte.
    Ahmed hatte ihnen streng riechende, ätzende braune Farbe besorgt, mit der Collier sie bereits bei Tageslicht eingerieben hatte, damit er keinen Fleck ihrer blassen Haut übersah. Die Farbe hatte schrecklich gebrannt, und Roxane hatte nackt in der kleinen Kammer stehen bleiben müssen, bis sie getrocknet war, aber das Resultat, das sie anschließend im Spiegel betrachtet hatte, ließ sich sehen.
    »Wir werden nur nachts marschieren«, erklärte Collier, während er ihr half, die Kleider überzustreifen, die er mitgebracht hatte. »Niemand, der dich sieht, wird bezweifeln, dass du nicht die Frau dieses Paschtunen bist.«
    Wahrscheinlich war ihr merkwürdiges Aussehen daran schuld, dass Sera kein Wort mehr hervorbrachte. Die Verkleidung, die Collier ihnen gebracht hatte, war überzeugend, und wenn sie nur nachts unterwegs wären, würde sie das vor beiden Seiten gleichermaßen schützen. In ihrer jetzigen Aufmachung war es für sie ebenso gefährlich von britischen Truppen wie von Rebellen entdeckt zu werden. Bei einem nervösen britischen Schützen hatten sie lediglich die Möglichkeit, ihn durch ihre eindeutig britischen Stimmen zu überzeugen.
    Bevor sie sich auf den Weg machten, ließ sich Roxane Feder und Tinte geben und schrieb einen kurzen Brief auf cremefarbenes Papier. Sie streute Sand auf den Briefbogen, wartete einen Augenblick, bis die Tinte trocken war, rollte das Papier zusammen und schlang ein Seidenband darum. Dann nahm sie Ahmed zur Seite und reichte ihm das Schreiben.
    »Sollten die Briten den Sieg davontragen, dann könnte dich das davor bewahren, dein Eigentum oder deine Rechte zu verlieren, Ahmed. Und sollten sie … sollten sie nicht gewinnen, dann kannst du den Brief zerreißen. Er wird dir dann nichts nützen«, sagte sie leichthin.
    Er nickte und beugte sich über seine Hände und das zusammengerollte Papier. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, sah er ihr ernst in die Augen.
    »Danke«, sagte sie. »Für alles. Dafür, dass du mein Leben und natürlich das von Sera gerettet hast, aber auch für alles, was du mir gezeigt hast, indem du unsere Freundschaft erlaubt hast. Ich hätte nicht so viel gesehen und gelernt, hätte ich mich nur im Haus meines Vaters aufgehalten.«
    »Es war mir ein Vergnügen«, erwiderte er leise. Er küsste ihr die Hand und wandte sich dann Collier zu. Roxane spürte, dass die beiden Männer einen Augenblick für sich sein wollten, und führte Sera zu der Vogelstange, damit sie sich von dem Myna verabschieden konnte. Courage saß angeleint und mit einem Maulkorb gehorsam neben dem Vogel. Collier hatte sich dagegen ausgesprochen, den Hund mitzunehmen, aber nach einer langen Diskussion hatte er sich unter der Bedingung einverstanden erklärt, dass man etwas tat, um das Tier vom Bellen abzuhalten. Der Maulkorb saß zwar straff, ließ dem Hund aber genügend Raum für seine Zunge. Eine andere Wahl gab es nicht, sonst hätte der Hund zurückbleiben müssen.
    Der schwierigste Abschnitt ihrer Flucht war der Weg aus dem äußeren Teil des Palasts, in dem Ahmeds Gemächer lagen. Überall auf den Gängen und im Innenhof befanden sich Dienstboten und Sepoys. Schließlich entschieden sie sich für ein Ablenkungsmanöver. Collier würde vorausgehen und eine Lunte anzünden, die zu einem kleinen Fass führte. Die folgende Explosion würde unerheblich sein, aber die Aufmerksamkeit der Männer erregen, die blutlüstern oder vom Alkohol berauscht waren. Wenn Roxane den Lärm hörte, würde sie Sera nach draußen bringen. Es war riskant und beängstigend, aber etwas anderes blieb ihnen nicht übrig.
    Roxane wartete mit Sera und Courage an der Tür. Das Blut

Weitere Kostenlose Bücher