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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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weiter, und als er ihr nachschaute, beschloss er, langsam von einhundert rückwärts zu zählen, um seine unzüchtigen Gedanken zu verscheuchen. Dann sprang er rasch auf, klopfte seine helle Hose ab und folgte ihr.
    Er holte sie am Ufer ein, wo sie zwei grüne Papageien betrachtete, die in einem nahe gelegenen Baum saßen. Der wolkenlose Himmel spiegelte sich in dem Teich, aber unter der Wasseroberfläche sah man die Schuppen von riesigen Karpfen, die wie Perlen in braun-grüne Tinte versanken. Er stand eine Weile schräg hinter ihr und beobachtete den Pulsschlag hinter ihrem Ohr und die dunklen, federigen Haarsträhnen, die sich aus dem glänzenden Knoten in ihrem Nacken gelöst hatten; sie tanzten über den weißen Leinenstoff ihrer Bluse, als wären sie lebendig. Er betrachtete auch ihre dichten Wimpern und ihre rosigen Wangen. Roxane verhielt sich ungewöhnlich still; selbst als die Papageien laut krächzend über das Wasser davonflogen, rührte sie sich nicht.
    Er spürte plötzlich das starke Bedürfnis, sie zu beschützen und für ihre Sicherheit zu sorgen. Gleichzeitig ergriff ihn eine heftige Furcht, dass er dazu nicht in der Lage sein könnte, wenn die Zeit gekommen war.
    Er trat einen Schritt näher und presste den umfangreichen Stoff und die Krinoline mit seinen Knien an ihre Oberschenkel. Mit einem Arm umfing er ihren schmalen Brustkorb und griff nach ihrer Hand, um sie so sanft in den Schutz seiner Umarmung zu ziehen. Er vergrub sein Gesicht in der Beuge zwischen ihrer Schulter und ihrem Nacken und atmete den süßen Duft ihrer Haut ein.
    »Oh Gott, Roxane«, murmelte er, und Schmerz und Freude trieben ihm Tränen in die Augen. Sie hob die Hand und strich ihm über das Haar, die Augenbrauen und die Kontur seines Kinns, um ihn zu trösten, aber auch um das zu ersticken, was sie dazu brachte, in seinen Armen zu zittern. Er küsste sie auf den Hals, dort, wo ihr Puls so heftig pochte wie der eines Vogels, der davonfliegen wollte. Dann presste er seine Lippen heftig in die Wölbung darunter, bis er seinen Mund öffnete, um alle Kosenamen, Versprechen und Zusagen für die Ewigkeit herauszusprudeln, aber sosehr er es auch wollte, er konnte es einfach nicht.
    »Roxane«, flüsterte er schließlich in ihr Haar, legte seine Wange darauf und starrte blind auf das Wasser.
    Sie ließ ihre Hand sinken und legte sie auf seine. Dann entspannte sie sich; die Anspannung schien aus ihr herauszuströmen und wie Wasser in der Erde zu versickern. Er spürte sie in seinen Armen atmen, und noch bevor sie zu sprechen begann, fühlte er den Klang ihrer Stimme an ihrem Rückgrat.
    »Collier, ich … ich weiß nicht, was du von mir erwartest.«
    »Psst …«, flüsterte er. »Ich erwarte nichts.«
    »Ich bin nicht bewandert in Herzensangelegenheiten, Collier, aber ich habe keinen Grund, ihnen zu trauen.«
    »Ganz ruhig. Ich werde mich um dich kümmern.«
    »Ich will nicht, dass sich jemand um mich kümmert, Collier«, erklärte sie und löste sich aus seiner Umarmung. Er hielt ihre Hand fest, als sie sich ihm zuwandte. Die Qual und die Verwirrung in ihren Augen versetzten ihm einen Stich.
    »Ich will dir nicht verpflichtet sein. Ich will nicht das Anhängsel eines Mannes sein, ihm überallhin folgen oder allein gelassen werden. Ich will mein Vertrauen und meine Liebe nicht einem Fremden schenken. Fremde, genau das sind wir, Collier Harrison.«
    »Nein«, widersprach er. »Wir sind uns nicht fremd …«
    »Doch. Das wenige, was wir voneinander wissen, könnte Unity in einer Stunde erzählen. Stimmungen können sich ändern, und Herzen können ins Wanken geraten, und wer kann etwas anderes versprechen?«
    »Ich weiß, was ich fühle, Roxane. Und das Leben an sich schließt jegliches Absolute aus. Ich könnte morgen sterben – im Kampf oder an einer Krankheit.«
    Roxane legte ihm ihre Hand auf die Brust. Er griff nach ihren Fingern und drückte sie an seine Lippen.
    »Sprich nicht davon«, bat sie.
    »Vom Tod? Er ist allgegenwärtig. Aber solange ich lebe und atme, werde ich dich nicht verletzen, das schwöre ich dir, Roxane.«
    Bekümmert sah er den Schimmer ungeweinter Tränen in ihren Augen und das verzweifelte kurze Kopfschütteln. Ein schiefes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie zuckte die Schultern.
    »Ich bin wirklich kein Feigling, Collier.«
    »Das weiß ich, Liebling.«
    »Frag … frag nur diesen Flegel Harry Grovsner«, fügte sie hinzu und lachte.
    Collier lächelte und betrachtete die Frau vor ihm mit ernst

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