Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
oder wohltätigen Einrichtungen überreicht. Tyler schlenderte ziellos durch die Straßen. Es wimmelte von Menschen, die an ihm vorbei hetzten. Alles in allem stand er gar nicht mal so schlecht da, überlegte er.
Abends aß er in einem Fast-Food Restaurant und setzte sich im Stadtpark auf eine Bank. Nur zum Spaß spielte er auf der Gitarre. „Jumpin´ Jack Flash“ und “Paint it Black” von den Stones, “Lola” von den Kinks, “Morning has broken” und “Father and Son” von Cat Stevens. Im Nu war er von Leuten umringt. Sie klatschten nach jedem Song Beifall. Eine junge Frau legte eine Papiertüte auf den Boden und warf ein paar Mü n zen darauf. Die meisten der Umstehenden gaben ebenfalls Geld. Tyler wusste plötzlich, was er tun würde. Gleich morgen würde er die Bars und Kneipen abklappern und fragen, ob jemand einen Musiker einstellen wolle. Als es dunkel wurde, nahm er sich den Zettel des Bewährungshe l fers zur Hand. An oberster Stelle war ein Obdachlosenheim aufgeführt. Er beschloss, dort die Nacht zu verbringen. Bereits als er den Eingang passierte, hielt er inne. Es stank fürchterlich und sah schmutzig aus. Niemand konnte ihn mehr dazu zwingen, auf einer der Pritschen zu schlafen. Tyler ging zurück in den Park. Es war Sommer und sehr heiß, ein Federbett würde er nicht brauchen. Er konnte sehr gut hier im Freien schlafen.
Bereits in der dritten Kneipe hatte er Glück. Am Abend waren einige Gäste da.
„Was hast du so drauf?“, fragte ihn der Besitzer.
„Guten, alten Rock´n Roll.“
„Na dann, versuch dein Glück!“
Nach vier Stunden hatte sich Tyler ein Abendessen und fünfzig Dollar verdient. Zum Schlafen zog er wieder in den Park. Freitagabend war die Kneipe voll. Tyler spielte sein übliches Repertoire, dazu noch „Knocking an Heavens - Door“, dann „Have you ever seen the Rain“, „Down on the corner“ und „Hey Tonight“ von Creedence Clearwater Revival, ein bisschen Status Quo und zum Schluss: „Good Golly Miss Molly.“ Das Publikum tobte. Für den Auftritt erhielt er eine Gage von neunzig Dollar. Er kaufte sich neue Unterwäsche, eine Jeans, mehrere T- Shirts und verbrachte zwei Nächte in einem billigen Hotel, um endlich mal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen und vor allem, um zu duschen. Doch solche Sperenzchen konnte er sich nicht oft erlauben. Er war entschlossen zu sparen. Den Scheck löste er nicht ein, sondern behielt ihn als eiserne Reserve. In der nächsten Woche verschlechterte sich das Wetter. Es regnete stark, als er sich auf den Weg zu seinem üblichen Auftritt machte. Während der ersten Pause nahm er sein Abendessen ein. Er ließ die Augen durch den Raum schweifen und hielt plötzlich inne. An einem der hinteren Tische saß eine Frau, deren Profil ihm seltsam bekannt vorkam. Sicher irrte er sich da. Als sie ihren Kopf wandte, b e gegneten sich ihre Blicke. Sie blinzelte verwirrt, doch dann verzog sich ihr Mund langsam zu einem Lächeln. Sollte er zu ihr gehen, oder sie ei n fach ignorieren? Als Tyler noch darüber nachgrübelte, stand sie auf und kam zu ihm an die Bar. „Hallo Tyler, schön dich wieder zu sehen. Wie geht´s dir?“
Trudy Rowland sah ohne ihre Uniform ganz anders aus. Sie trug ihr Haar offen, eine weichfallende Bluse kaschierte ihre kräftige Gestalt und sie hielt ein Whiskyglas in den Händen.
„Ich dachte, Sie wohnen draußen in Angola“, bemerkte Tyler.
„Nicht mehr, bin vor zwei Tagen hergezogen.“
„Dann haben Sie aber einen ganz schön weiten Arbeitsweg“, stellte T y ler fest.
„Nein gar nicht.“ Trudy lächelte schwach. „Ich habe den Dienst quittiert.“
Tyler sah überrascht auf. „Quintana?“
„Er ist nicht der einzige Grund“, erklärte sie. „Ich hätte schon viel früher kündigen sollen. Diesen Job kannst du nicht ewig durchhalten.“ Sie sagte ihm nicht, dass er dafür verantwortlich war, dass sie noch geblieben war. Er und dieses seltsame, stumme Versprechen an eine tote Mutter, auf deren Sohn aufzupassen. Trudy hatte es eingehalten und prostete Maureen im Geiste zu. Dann reichte sie ihr Glas an Tyler weiter.
„Danke, ich ... ich trinke nicht ... eigentlich“, brachte er hervor.
„Tu´s für mich und beschreib mir, wie es ist!“
Er musterte sie besorgt und nahm dann einen Schluck. „Es brennt einem die Kehle hinunter. Merkwürdig, es fühlt sich mild an und trotzdem scharf.“
„Richtig, und ich sollte diesen Geschmack ein für alle Mal vergessen. Aber eine Trinkerin,
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