Pandablues: Roman (German Edition)
schläft nie , noch nicht mal nachts . Nie! «
Jetzt wurde auch ich nervös.
Sollte am Ende doch der Mohn …?
»Charlotte, weck ihn und fahr sofort zum Kinderkrankenhaus! Los!«
Ich ließ den Hörer fallen und schüttelte Finn. »Finn, wach auf!«
Aber er ließ sich nicht wecken.
Oh Gott, hat er am Ende doch zu viel Mohn gegessen, ist jetzt im Delirium, und ich bin schuld? Ich muss sofort ins Kinderkrankenhaus, nicht auszudenken, wenn …
Ich schmiss Trine aus der Leitung und rief ein Taxi. Keine fünf Minuten später stand es vor der Tür. Es hatte wirklich Vorteile, mitten in der Innenstadt zu wohnen.
Ich schleppte den schlafenden Finn zum Wagen – so wie ich war: Babyelefantenschlafhose, total schokoteigverschmiertes T-Shirt und rosa Plüschhasenschlappen. Jetzt war nicht die Zeit für Äußerlichkeiten.
Trine rief wieder auf meinem Handy an, sodass sie wenigstens auf diese Weise auf dem Weg zum Kinderkrankenhaus dabei sein konnte. Sie selbst hatte sich ebenfalls auf den Weg gemacht, doch der Bulli machte wie immer Zicken. Ihre schrill-lauten Flüche dröhnten aus meinem Handy.
Die Strecke zum Kinderkrankenhaus kannte ich seit Finns Geburt genau und kommandierte den Taxifahrer einige kürzere Schleichwege entlang. Wir waren schon tausendmal da gewesen, vorzugsweise sonntags . Allerdings eher wegen unbrauchbarer Gegenstände – wahlweise in Finns Ohren, Nase oder Magen. Nicht wegen einer Mohnüberdosierung .
Für den Satz, den ich bisher immer nur in Filmen gesehen hatte, aber noch nie selbst anwenden konnte, war nun endlich die Zeit gekommen: »Wie schnell können Sie fahren?« Ich hielt dem Taxifahrer einen Zwanzig-Euro-Schein über seine Schulter hinweg hin.
Unbeeindruckt schüttelte er den Kopf. »Dafür mach ich’s nicht.«
Verdammte verwöhnte Brut! Widerwillig packte ich meinen letzten Fünfzig-Euro-Schein aus. Mit einem lauten Wrrrum! beschleunigte der Taxifahrer nun auf die doppelte Geschwindigkeit.
Aha, geht doch!
Das Wartezimmer der Notaufnahme war voll, es war ja Samstag. Ich trug Finn auf dem Arm, er schlief immer noch tief und fest und schnaufte leise. Ich war von der ganzen Aufregung und der Rennerei vom Taxi in die Notaufnahme völlig verschwitzt.
»Ein Notfall!«, keuchte ich die Dame am Empfangstresen an.
»Davon gehe ich aus«, antwortete diese trocken. »Es ist ja auch eine Not aufnahme.«
Ich war nicht in Form für derlei Späßchen. Nicht jetzt.
»Er hat Mohn gegessen, seitdem schläft er!«
»Ich brauche die Krankenkassenkarte.«
Die Karte, die Karte! Als ob ich jetzt Finns Krankenkassenkarte zur Hand habe!
»Verdammt, das ist ein Notfall . Die blöde Karte habe ich nicht …«
»Erst die Karte. Sonst können wir ihn nicht aufnehmen.«
»Sie sollen ihn auch nicht aufnehmen, sondern untersuchen!« Ich war so weit, andere Mittel zu ergreifen. Ich hatte keine Wahl, es musste was passieren. Der Zweck heiligt die Mittel, sagte Trine doch immer. »Es handelt sich hier um den Extremverzehr von Einstiegsdrogen!«, sagte ich – schriller als beabsichtigt.
Das schien zu wirken. Hektisch griff sie zum Telefonhörer und führte ein kurzes Gespräch. Sofort konnte ich mit Finn in Richtung Behandlungszimmer gehen.
Trine schrie weiterhin durch das Telefon. Sie hing immer noch am Handy, das ich in der Hand hielt und ganz verdrängt hatte. Ich ignorierte Trines Gebrüll (»Scheiß Bulli! Ich bring dich um! Das glaube ich jetzt nicht! Weg da!«), denn ich wollte nur noch in eines der Behandlungsräume – und zwar sofort.
Der diensthabende Arzt Dr. Andy Weberling ließ nicht lange auf sich warten und hechtete zu uns, nachdem er den letzten Patienten und dessen Mutter verabschiedet hatte.
Assistenzarzt, das sah ich sofort. Er erinnerte mich sehr stark an den Brandt -Jungen von der Zwieback-Verpackung, nur seine Zähne standen weniger lückenlos nebeneinander. Das »Wie alt sind Sie, bitte? Dreizehn?« konnte ich mir gerade noch so verkneifen.
Ich wurde mit dem schlafenden Finn auf dem Arm in das nächste Sprechzimmer gewunken und legte ihn auf die Liege. An sich sah er wirklich friedlich aus, wie er da so lag, ganz und gar zufrieden. Aber so ein Anblick konnte natürlich täuschen.
»Ihr Sohn hat also Marihuana geraucht?«, fragte Dr. Andy Weberling nun, während er Finns Brust abhörte. »Wie konnte das passieren?«
Wie um Himmels willen komme ich da jetzt wieder raus?
»Nein, nein …«
»Wie viel Gras? Wie viele Züge? Wann?«, fragte er weiter.
Trine schrie immer noch
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