Pandablues: Roman (German Edition)
Erleichterung fast an zu weinen. Ich erkannte meine sonst so stoische Freundin kaum wieder.
»Charlotte, bei Gott, wenn wirklich was passiert wäre … Ich hätte dich …« Trine nahm Finn in den Arm und drückte ihn so fest, dass ich die berechtigte Befürchtung hatte, dass er von Dr. Andy Weberling noch mal auf Quetschungen und Knochenbrüche untersucht werden müsste.
»So, meine Damen, ich möchte Sie ja nun wirklich nicht stören, aber es warten noch andere Patienten«, sagte Dr. Andy Weberling höflich und öffnete uns die Tür.
Ich griff nach dem Maxi-Cosi, doch Trine war schneller. Anscheinend wollte sie lieber unter dem Gewicht ihrer beiden Kinder zusammenbrechen, als mir eines davon anzuvertrauen.
»Tut mir leid, Trine, wirklich. Das war alles nicht so geplant. Es ist irgendwie aus dem Ruder gelaufen … Ich wollte doch nur, dass wir einen schönen Nachmittag zusammen haben.« Zerknirscht wollte ich meine mit Kindern beladene Freundin umarmen.
»Jetzt erst mal nicht«, sagte Trine im ernsten Ton und steuerte auf den Ausgang zu. »Ich muss zuerst wieder normalen Blutdruck bekommen. Ich hatte den Schock meines Lebens.« Als ich betröppelt neben ihr her trottete, schien sie aber doch Mitleid zu haben. »Oh Mann, Charlotte. Und dann auch noch die Geschichte mit dem Gras …«
Ich sah sie mit großen Augen an.
»Ja ja, die Arzthelferin hat sie mir erzählt«, erklärte sie. »In unserem Rundbrief des Monats vom Kindergarten steht extra, dass man immer bei der Wahrheit bleiben soll, wenn Kinder in Finns Alter dabei sind. Das ist unglaublich wichtig. Aber bei dir sind wirklich Korn und Malz verloren.«
»Hopfen.«
»Was?«
»Hopfen und Malz verloren. Bescheuertes Sprichwort. Außerdem hat Finn geschlafen«, verteidigte ich mich. »Und zum Thema Wahrheit frag ich dich dann doch gleich mal, warum Finn an den Osterhasen und den Weihnachtsmann glaubt.«
»Das ist was anderes. Kinder brauchen Rituale.«
*
»Poeh!«
Wieder in der Wohnung angekommen, ließ ich mich stöhnend auf unser Miniatur-Sofa fallen. Ich war fix und fertig von diesem aufregenden Tag. Dazu hatte ich auch noch fiese Bauchschmerzen, sicher von den vielen Muffins mit Chili und dem rohen Teig. Über mein schlechtes Gewissen wegen meines Rabenpatentantendaseins wollte ich erst gar nicht nachdenken.
Eric quetschte sich neben mich auf das winzige Möbelstück und wollte mich mit einer wohltuenden Fußmassage aufbauen.
»Du bist keine Rabentante«, sagte er, während er meine Fußsohlen liebevoll durchknetete.
»Rabenpatentante, wenn schon, denn schon«, murmelte ich.
»Auch das nicht«, sagte Eric. »Du hast doch alles nur aus ganz gut gemeinten Gründen gemacht«, fügt er hinzu.
»Du, Eric?«, fragte ich meinen Freund und sah ihn eindringlich an. »Wir wollen aber keine Kinder, oder? Ich meine, der ganze Stress und das alles … Wirklich, ich wäre froh, wenn wir in diesem Punkt einer Meinung wären …«
Die Frage fiel mir schwer, weil Eric sich, als wir uns kennengelernt hatten, um seine Nichte Maya gekümmert hatte, da seine Schwester beruflich im Ausland gewesen war und sie wie eine Tochter für ihn war. Seitdem die Kleine wieder bei ihrer Mutter lebte, vermisste Eric sie sehr.
Aber wir hatten außer Maya ja auch noch Finn und seit Neuestem Elmo – da war wirklich genug los.
Nein, eigene Kinder – das würde ich psychisch nicht durchstehen. Mein Alkoholkonsum war ohnehin schon bedenklich.
»Hm«, machte Eric, »so genau habe ich da noch nicht drüber nachgedacht.«
»Es wäre mir wichtig zu wissen, dass wir bei dem Thema einer Meinung sind, Eric«, sagte ich noch mal, »insbesondere, weil ich eine wirklich schlechte Mutter wäre.«
»Ein wenig chaotisch vielleicht«, antwortete Eric und grinste, »aber in jedem Fall eine ganz, ganz tolle, nur eben etwas … kreative Mutter!« Er zog mich an sich und küsste mich.
Diese Art Ablenkung konnte ich jetzt gut gebrauchen. Schnell überlegte ich, ob ich vorhin auch wirklich die Pille genommen hatte.
Ja, alles erledigt – Gefahr gebannt.
Jetzt konnte ich mich wirklich fallen lassen.
Mit einem lauten Plumps! fielen wir vom viel zu kleinen Sofa auf den weichen Hochflor-Teppich.
6. Kapitel
Ich weiß nicht, ob es an der Muffin-Mohnkuchen-Kombi, dem rohen Teig, dem Chili oder an der Aufregung mit Finn lag, aber die nächsten beiden Tage verbrachte ich abwechselnd im Bett und im Badezimmer. Eine ausgewachsene Magen-Darm-Geschichte hatte mich völlig außer Gefecht gesetzt.
Eric
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