Panik: Thriller (German Edition)
ist.«
Er sah zu Chris hinüber und nickte. Chris nickte zurück und hob die Eisenstange. Dann duckten sich die beiden unter der Kette hindurch und verschwanden in der Dunkelheit. Brick fluchte und folgte ihnen. Daisy sah Adam an. Er schüttelte weinend den Kopf.
» Hab keine Angst«, sagte sie. » Es ist sicherer, wenn wir alle zusammenbleiben. Sie werden uns beschützen.«
Er sperrte sich noch einen Augenblick lang, dann ließ er sich zur Tür führen. Daisy bückte sich und zwängte sich durch den Spalt. Das grelle Sonnenlicht draußen ließ den Flur noch finsterer erscheinen. Die Schatten raubten ihr die Luft, doch als sie sich umdrehen und weglaufen wollte, stand ihr Adam im Weg. Dahinter quetschte sich gerade Jade durch die Türöffnung.
Ein Kreischen hallte durch den Flur. Hier war es sehr viel lauter und wirklicher. Daisy öffnete den Mund und hätte beinahe selbst geschrien, als sie eine Hand auf der Schulter spürte.
» Komm mit«, sagte Cal. » Bleib in meiner Nähe.«
Arm in Arm durchquerten sie das düstere Foyer und stiegen die Treppe hinauf. Sie hatten gerade das Restaurant erreicht, als der nächste Schrei die Tür in ihren Angeln erzittern ließ. Schneeflocken wirbelten auf den mit Eis bedeckten Boden.
» Was zum…«, sagte Brick. » Wir sollten abhauen.«
Solange wir noch können. Daisy begriff, dass sie alle das gleiche dachten. Aus dem Restaurant kam ein lautes Knacken. Etwas Großes krachte gegen die Wand, ein gewaltiger Riss erschien im Putz und ließ sie alle zurückspringen. Marcus wäre fast die Treppe hinuntergefallen. Dann ein herzzerreißender, mächtiger Schrei: » Schiller!«
» Was auch immer da drin passiert– sie hat es verdient«, sagte Brick und trat zurück. » Von mir aus kann sie zur Hölle fahren.«
Krach. Putz rieselte von der Decke. Wieder rief Rilke den Namen ihres Bruders.
» Ach, scheiß drauf«, sagte Cal und machte ebenfalls einen Schritt zurück. Daisy dachte schon, er wollte den Pavillon verlassen, doch er holte nur Anlauf. Dann warf er sich gegen die Tür, trat schreiend dagegen. Das Holz splitterte, aber die Tür hielt stand. Er trat noch einmal zu, und diesmal flog sie auf. Dahinter kam eine völlig verkehrte Welt zum Vorschein.
Das Licht im Restaurant stammte zweifellos von einem Feuer, aber es war viel zu kalt und zu hell für eine Kerze. Im Flackern der Flammen erkannte Daisy, dass das Restaurant völlig verwüstet war. Jeder einzelne Tisch war entweder umgeworfen oder zerbrochen. Der Boden war über und über mit Schutt bedeckt.
Rilke kniete mitten im Raum im Schneidersitz. Es war, als würde sie beten. Die Flammen spiegelten sich in ihren großen, starren Augen und den Rinnsalen, die ihr über die Wangen liefen. Ihr Mund stand offen. Ohne Vorwarnung ertönte der nächste Schrei– und es war nicht Rilke, die da schrie. Daisy fühlte sich, als würde man ihr eine Nadel in den Kopf bohren. Adam löste sich von ihr, steckte sich die Finger in die Ohren und ging in die Knie. Daisy musste alle Kraft aufbringen, um nicht das Gleiche zu tun.
Die Lichtquelle bewegte sich schnell durch den Raum, die Schatten folgten ihr in weitem Bogen. Eine in kleine Flammen gehüllte Gestalt schoss durch das Restaurant, krachte gegen die gegenüberliegende Wand und fiel zu Boden, wo sie wie ein sterbender Vogel herumzappelte. Bevor Daisy erkennen konnte, worum es sich handelte, hatte sich die Gestalt wieder aufgerappelt und in die Luft geschwungen. Sie schlug einen umgedrehten Tisch in tausend Stücke und geriet außer Sichtweite.
» Rilke?«, rief Cal in den Raum hinein. » Komm da raus, schnell!«
Ihr Kopf wirbelte herum, und sie starrte sie direkt an. Daisy sah, dass Rilke keine Angst hatte. Natürlich lag Furcht in ihrer Miene, aber auch etwas anderes: eine kranke, hämische Freude. Das war völliger Wahnsinn. Sie grinste sie an, als hätte sie den Verstand verloren. Und währenddessen jagte das Feuer seinen eigenen Schatten und prallte von einer Wand nach der anderen ab.
» Rilke«, sagte Cal mit erstickter Stimme.
» Seht ihr es nicht?«, rief das Mädchen zurück. Die Gestalt landete neben ihr. Die Flammen wurden schwächer, bedeckten sie aber immer noch wie eine flackernde blaue Haut. Es war ein Körper, der die Arme um sich geschlungen und die Beine unnatürlich weit gespreizt hatte– ganz so, als wären sie gebrochen. Sie hatte den Kopf eingezogen, doch Daisy wusste genau, um wen es sich hier handelte.
Schiller.
Der Junge bäumte sich auf und öffnete
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