Panther
Platzanweiser angezogen? Ist das deine übliche Kleidung für eine Wanderung durch die Sümpfe?«
Nick wurde rot. »Nee, ich musste bloß so aussehen, als würde ich zur Schule gehen«, sagte er, zog seinen Truman-Blazer aus und zerrte sich die Krawatte vom Hals. »Und Sie -wieso haben Sie Ihre Sonnenbrille auf?«, fragte er Twilly in scharfem Ton. »Es ist doch noch fast dunkel draußen.«
»Find ich gar nicht.«
»Hast du noch mehr Du-weißt-schon-was entdeckt?«, fragte Smoke.
»Hab ich«, sagte Twilly.
»Wie frisch?«
»Zwei Stunden, höchstens.«
Nick rutschte aufgeregt auf seinem Sitz nach vorn. »Pantherkacke?«
»Richtig«, sagte Twilly.
Smoke sah aus dem Fenster. »Wahnsinn«, murmelte er.
Nick lieh sich Smokes Handy, um Marta anzurufen, die natürlich unbedingt mitwollte. Erst sträubte sich Twilly, doch Smoke überredete ihn – ein zusätzliches Paar Augen und Ohren könnten bei der Jagd nicht schaden. Also sagte Nick zu Marta, sie solle beim Briefkasten nahe der Bushaltestelle warten, und als sie dort ankamen, stand sie auch schon da, in Jeans und Kapuzenpulli. Sie war so aufgedreht, dass sie sich praktisch Hals über Kopf auf den Rücksitz warf. Erst nach einigen Augenblicken bemerkte sie den großen, sabbernden Hund auf dem Beifahrersitz. »Was macht der denn hier?«, fragte sie.
»Das ist bloß Horace«, antwortete Nick.
»Ein Bluthund«, ergänzte Smoke. »Ein richtig guter sogar.«
Horace gähnte nur bei diesem Kompliment.
»Verstehe«, sagte Marta. »Er soll helfen, die Panthermama aufzuspüren.«
Twilly imitierte ein Tröten wie bei einer Quizshow. »Falsch«, sagte er. »Katzen kann er nicht. Horace wird an einen Baum gebunden, wo er geruhsam schnarchen kann. Hört sich an wie eine Dampflok.«
»Horace ist auf Menschen abgerichtet«, sagte Smoke.
»Wo habt ihr ihn her?«, wollte Marta wissen.
»Twilly hat ihn entführt«, sagte Nick. »Dognapping sozusagen.«
»Stimmt ja gar nicht. Ich hab ihn nur bestochen, mit einem T-Bone-Steak.«
Wegen der Nebelsuppe draußen fuhr Twilly langsamer als sonst, und so dauerte es dieses Mal länger, bis sie die Erdstraße erreicht hatten, die in die Schwarzrankensümpfe führte. Zwischendurch fuhr er kurz rechts ran, um Horace anzuschnallen. Nick schien das eine gute Idee – eine Fahrt auf holpriger Strecke mit einem großen, vollgefressenen Hund, das konnte unangenehm werden. Nicht nur für den Hund.
Sie versteckten den Wagen wie beim letzten Mal unter der Würgefeige und setzten ihren Weg zu Fuß fort. Twilly ging voran und führte Horace an einem Seil, Smoke folgte den beiden. Nick und Marta blieben ihnen dicht auf den Fersen, schließlich hatten sie keine Lust, in dem dichten Nebel, der wie ein nasses, wollenes Leichentuch über Marschen und Bauminseln lag, zurückzubleiben.
Ein kleines Feuer brannte in Twillys Lager. Marta und Nick stellten sich dicht daneben, und auch Smoke kam hinzu. Die Wärme im Gesicht fühlte sich wunderbar an. Twilly band den Bluthund an eine Würgefeige und stellte ihm einen Napf Wasser hin, das er geräuschvoll aufschleckte. Bald darauf nickte Horace unter der Feige ein.
Anschließend kochte Twilly erst einmal Kaffee und gab jedem einen Becher, den sie schnell leeren sollten. Es war das erste Mal, dass Nick Kaffee trank, und so toll fand er den Geschmack nicht, aber er war dankbar für die Wärme, die sich in ihm ausbreitete.
Mrs. Stark kam aus ihrem Zelt, den Strohhut in den Händen. Der kleine Panther reckte den Kopf und schrie jämmerlich.
»Noch ein bisschen Geduld, mein kleiner Spritzer«, sagte Mrs. Stark.
Nick, Marta und Smoke kamen näher, um den Kleinen anzusehen. Das Kätzchen war wunderschön, allerdings kein Schmusetier – dafür zappelte es viel zu unruhig hin und her, Nick bemerkte lange, rote Kratzer an den Armen seiner Lehrerin.
Twilly stand etwas abseits vom Feuer und gab Daten in sein mobiles GPS ein. »Die gute Nachricht ist, dass wir heute nicht mit Hubschraubern rechnen müssen, die hinter uns her sind – nicht bei diesem Wetter. Die schlechte ist, dass es doppelt so schwer für uns sein wird, die Mama von diesem Kerlchen zu finden.«
Mrs. Stark fixierte Nick und Marta mit eisernem Blick. »Es ist ganz wichtig, dass wir unterwegs absolut still sind«, sagte sie. »Ein einziges menschliches Niesen könnte die Mutterkatze endgültig vertreiben. Und das wäre das Todesurteil für den Kleinen, ist euch das klar? Er kann nicht für alle Zeit von dieser Zoomilch leben.«
Ihre
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