Panther
seinen Rucksack ab und nahm einen Schnellhefter heraus, den er dem Vertretungslehrer reichte. »Hier ist mein Aufsatz«, sagte er. »Fünfhundert Wörter, so wie Mrs. Stark gesagt hat. Genau genommen fünfhundertacht.«
Die Klasse war hörbar amüsiert.
Wendell Waxmo schlug den Schnellhefter auf und las den Titel des Aufsatzes, der in Druckschrift mitten auf der ersten Seite prangte:
Der Fluch der permanenten Pickel
von Duane Scrod junior
Wendell Waxmo machte den blöden Fehler, den Titel laut vorzulesen, womit er eine Lachlawine auslöste.
»Sie hat gesagt, es sollte witzig sein«, verteidigte sich Smoke. Er schien sich unwohl in seiner Haut zu fühlen, so schick gekleidet und dazu noch im Zentrum der Aufmerksamkeit.
»Was ist denn das für ein Unsinn?« Wendell Waxmo rollte den Hefter zusammen und fuchtelte damit in der Luft herum. Da er außerdem einen Smoking trug, sah er in diesem Moment aus wie ein Dirigent. »Willst du mir weismachen, Mrs. Stark habe dir ein Referat über Pickel aufgegeben? Schluss jetzt mit den Faxen.«
Trotz der feindseligen Haltung des Lehrers blieb Smoke erstaunlich ruhig. »Soll ich jetzt vorlesen oder nicht?«
»Laut, meinst du?« Wendell Waxmo blickte ihn finster an. »Ich glaube nicht, Duane Scrod. Setz dich.« Mit einem verächtlichen Schnauben steckte Wendell Waxmo den Akne-Aufsatz in seine abgewetzte Aktenmappe.
Smoke setzte sich und holte zum großen Erstaunen seiner Mitschüler Stift und Papier hervor. Nick konnte sich nicht erinnern, dass Duane in all den Jahren, die er ihn kannte, auch nur ein einziges Mal mitgeschrieben hätte.
»Das ist er gar nicht«, flüsterte Marta. »Das muss ein Betrüger sein.«
»Oder ein heimlicher Zwillingsbruder«, meinte Nick.
Dr. Wendell Waxmo schien sauer, dass ihm jemand die Schau gestohlen hatte. Während er sich Smoke langsam wieder näherte, sagte er: »Junger Mann, das kriege ich heraus, was es mit diesem absurden Pickelprojekt auf sich hat, ob das die Wahrheit ist oder nur ein dummer Streich, um ein paar billige Lacher auf meine Kosten zu provozieren.«
Smoke sah erstaunt aus. »Wieso sollte ich so was Bescheuertes machen?«
»Weil Schüler immer versuchen, Vertretungslehrern auf der Nase herumzutanzen, deshalb. Weil sie uns quasi als leichte Beute sehen. Ihr denkt doch, wir sind nur zu eurem Vergnügen hier.« Wendell Waxmo stand jetzt direkt vor Smoke. »Ich hab Erfahrung mit deiner Sorte«, sagte er, »aber ich erwarte Respekt. Wieso sollte ich mir sonst die Mühe machen und mich so sorgfältig kleiden?«
Smoke zuckte mit den Achseln. »Weil Sie irgendwie durchgeknallt sind?«
Die Klasse explodierte vor Lachen, und Wendell Waxmo lief puterrot an. Doch was er dann tat, ließ die Schüler ganz schnell verstummen: Er stieß mit seinem bleichen, knotigen Finger direkt gegen Smokes Nase.
»Du«, sagte er vor Wut schäumend, »du entschuldigst dich jetzt gefälligst!«
Nick und die anderen waren sich sicher, was jetzt passieren würde: Smoke würde dem Vertretungslehrer den Finger abbeißen, so wie er es mit dem gelben Bleistift von Mrs. Stark getan hatte.
Doch Duane Scrod junior schockte sie alle. Er schnappte nicht zu, knabberte nicht, spuckte nicht einmal. Stattdessen biss er die Zähne zusammen, holte einmal tief Luft und sagte: »Sie haben recht, Mann. Es tut mir leid.«
Was zur Folge hatte, dass Marta gleich das nächste aufgeregte Zettelchen für Nick kritzelte: Der Typ ist zum Alien mutiert!
Tatsächlich hatte Dr. Dressler auf seiner Liste die Namen von vier völlig normalen und zurechnungsfähigen Vertretungslehrern stehen. Doch obwohl er wusste, dass Wendell Waxmo mehr oder weniger verrückt war, hatte er sich für ihn entschieden.
Er war nämlich der festen Überzeugung, dass Bunny Stark ihren selbst gewährten Urlaub sofort beenden und zur Rettung ihrer Schüler zurückkehren würde, wenn ihr zu Ohren kam, wer ihren Unterricht übernommen hatte. Für die Zwischenzeit wappnete sich der Schulleiter schon gegen wütende Anrufe von Eltern, die sich bei ihm über Wendell Waxmos irritierende Garderobe, seine bizarren Lehrmethoden und die absurden Anfälle von Sangeslust beschweren wollten.
Fürs Erste jedoch hatte Dr. Dressler dringendere Probleme.
»Mögen Sie eine Tasse Kaffee?«, fragte er Jason Marshall.
Der Kommissar lehnte dankend ab und nahm Platz. »Haben Sie schon mit ihm gesprochen?«
»Kein Wort. Er ist erst heute Morgen zum Unterricht erschienen«, sagte Dr. Dressler, »wie
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