Panther

Dr. Dressler stand nicht der Sinn nach einer Fortsetzung der Unterhaltung mit den Carsons. Er war nahe daran, ein offenes Wort zu sagen, als seine Assistentin die Tür einen Spalt weit öffnete.
    »Es tut mir leid, wenn ich störe, Dr. Dressler, aber Kommissar Marshall ist hier, er würde Sie gern sprechen.«
    »Natürlich. Sofort.« Der Schulleiter war einerseits erleichtert, die Carsons so elegant loszuwerden (die sich schimpfend entfernten), andererseits aber auch besorgt, was dieser neuerliche Besuch des Kommissars zu bedeuten haben mochte. Ein Höflichkeitsbesuch war es sicher nicht.
    Kaum hatte Jason Marshall das Büro betreten, kam er auch schon zur Sache. »Ich bin hier, um Duane Scrod junior festzunehmen«, sagte er.
    »Wegen des Buschfeuers?«
    Der Kommissar nickte ernst.
    Dr. Dresslers Stimmung sank auf den Nullpunkt, als er sich die schreckliche Schlagzeile ausmalte: TRUMAN-SCHÜLER WEGEN BRANDSTIFTUNG VERHAFTET.
    Zwar durften die Behörden Duanes Namen nicht bekannt geben, da er noch minderjährig war, aber wenn einem Schüler der Truman School, egal wem, eine so schlimme Tat zur Last gelegt wurde, kam unweigerlich die ganze Schule in Verruf. Dr. Dressler konnte sich lebhaft die heftige Reaktion seines Verwaltungsrats vorstellen, von der einiger betuchter Förderer der Schule ganz zu schweigen.
    »Vor etwa einer Stunde hatten wir einen Anruf vom Ermittler der Feuerwehr«, sagte Jason Marshall. »Es hört sich ganz so an, als hätten sie die Beweise, die sie brauchen.«
    Dr. Dressler machte sich gar nicht erst die Mühe, nach Einzelheiten zu fragen. Angesichts der Vergangenheit des Jungen, seiner früheren Brandstiftungen, zweifelte der Schulleiter nicht mehr daran, dass Duane Scrod junior tatsächlich der Schuldige war. Es hatte wohl seinen Grund, dass seine Mitschüler ihn Smoke nannten.
    »Nur noch zwanzig Minuten bis Schulschluss«, sagte Dr. Dressler. »Können wir nicht so lange warten?«
    »Nein«, sagte der Kommissar. »Bringen wir’s hinter uns.«
    Dr. Dressler schaute auf den Stundenplan und sah, dass Duane gerade Englisch bei Mr. Riccio hatte.
    »Es ist vielleicht besser, wenn Sie hier warten«, sagte der Schulleiter zu Jason Marshall, und der stimmte ihm zu.
    Der Englischraum von Mr. Riccio befand sich am anderen Ende des Schulgeländes, und Dr. Dressler beeilte sich. Duane zeigte kaum eine Regung, als der Schulleiter an die Tür klopfte und ihn herausbat. Auf halber Strecke zum Verwaltungsgebäude fragte der Junge endlich, wieso er aus dem Unterricht geholt wurde.
    »Es gibt ein Problem, Duane«, sagte Dr. Dressler.
    »Was soll das heißen?«
    »Ein Herr von der Polizei möchte dich sprechen.«
    »Schon wieder? Wieso das denn?«
    »Ist dein Vater zu Hause? Du wirst ihn nachher sicher anrufen wollen.«
    »Der kann warten, bis er schwarz wird«, sagte Duane.
    An der Truman School war jede Art von Fluchen strikt verboten, aber für dieses Mal ging Dr. Dressler darüber hinweg. Duane Scrod junior war ein kräftiger Junge, und der Schulleiter wollte ihn nicht reizen. Er wusste, der Kommissar hatte weit mehr Erfahrung mit solchen Situationen.
    Jason Marshall erwartete ihn allerdings mit Handschellen.
    »Das kann ja wohl nicht wahr sein«, sagte Duane, als er begriff, was anstand.
    »Tut mir leid, mein Junge«, sagte der Kommissar. »Dreh dich bitte um.«
    Der Junge rührte sich nicht. Er stöhnte laut und verdrehte die Augen zur Decke. »Das ist nicht okay«, sagte er.
    Dr. Dressler war inzwischen extrem nervös. Nie zuvor war in seinem Büro ein Schüler festgenommen worden. »Duane, bitte tu, was Kommissar Marshall dir sagt.«
    Langsam, sehr langsam drehte der Junge sich um.
    Na Gott sei Dank, dachte der Schulleiter.
    Dann, genau als Jason Marshall einen Schritt nach vorn machte, um die Handschellen anzulegen, schoss Duane zur Tür hinaus.
    »He!«, brüllte der Kommissar und rannte hinterher. »Halt!«
    Dr. Dressler blieb allein zurück, völlig verwirrt und aufgebracht. Er fühlte sich wie in einer Folge von Cops.
    Als er zum Fenster ging, sah er gerade noch, wie Duane über den Sportplatz hechtete. Für einen Jungen mit seiner Statur war er erstaunlich schnell, und der Abstand zwischen ihm und dem Kommissar vergrößerte sich ständig. Dr. Dressler fragte sich, wieso eigentlich noch nie jemand Duane aufgefordert hatte, in die Footballmannschaft einzutreten, in der dringend ein Verteidiger gebraucht wurde.
    Auf der Westseite des Sportplatzes trainierte ein Lacrosse-Team, und