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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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Es war totenstill.
    »Graaahhh«, schrie plötzlich der Katalane und
schnellte, einem Klappmesser gleich, mit dem Oberkörper empor.
    » Que , was ist?«, rief
ich und schnellte mit hoch.
    Doch er schien mich gar nicht zu hören, sondern
schmierte seinen nackten, bläulich leuchtenden Oberkörper hektisch mit
irgendeiner Creme ein. Dabei machte der Katalane Geräusche, als wäre der
Gehörnte persönlich im Anmarsch, während er in einem Ameisenhaufen festsaß. Es
klang nach einem panischen Kieksen. Vermutlich war es nur ein ganz normaler
Kampf zwischen einem handelsüblichen Dämon und einem zur Läuterung bereiten
Pilger. Das wird mir auch noch blühen, dachte ich und legte mich wieder hin.
    Seine Freundin versuchte ihn derweil zu
beruhigen, wenn auch etwas halbherzig. »Xavier, bleib ruhig«, flüsterte sie und
klopfte ihm mit der Hand auf die Schulter wie bei einem bockigen Tier.
    Doch bei Xavier gab es kein Halten mehr, offenbar
kratzte und kribbelte es überall. Er schien in eine Art Trance geraten zu sein,
während seine Freundin schon wieder friedlich schlummerte. Ich dagegen war
hellwach und fand die Situation langsam unheimlich.
    Diese hektischen Bewegungen. Wieder und wieder
schmierte der Katalane sich ein. Er verrenkte sich fast die Gliedmaßen, um auch
einige Stellen am Rücken mit der Creme zu bedecken. Auf dem gelben
Schaumstofflappen hatte er etwas von einem vielarmigen Insekt, das sich auf
einer Scheibe Käse putzte.
    Genauso plötzlich, wie er nach vorne geklappt
war, klappte er nun wieder nach hinten. Er schlug betonesk auf der Matratze auf
und fiel augenblicklich in einen flachen, unruhigen Schlaf. Als schlechter
Schläfer erkannte ich das sofort an dem leisen Wimmern und Stöhnen, den vielen
Positionswechseln, dem schweren Atem samt Atemaussetzern sowie dem Kratzen an
Kopf, Brust und Genitalien.
    Ich war gerade eingeschlafen und hatte Xaviers
Gejammer erfolgreich in meinen Traum eingebaut, da hörte ich, wie irgendwas
Robustes, Kleines auf dem Boden der Umkleidekabine aufschlug. Vielleicht ein
Stein oder eine große Münze. Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich zu orten.
Wo war ich hier? Umkleidekabine? Stöhnender Katalane? Ach ja, da war was.
    Ich schaute mich um. Xavier lag seitlich
zusammengekauert auf seinem Schlafsack, die Hände von sich gestreckt und lose
wie zum Gebet gefaltet, und schlief. Leise, aber fluchend rappelte ich mich auf,
um nachzusehen, was da angeflogen kam. Ich tapste über Schlafsäcke und Matratzen
in Richtung Tür, zum Lichtschalter. Natürlich vergeblich, der Hallenwart hatte
ja das Licht abgeschaltet. Ich tastete mich zurück zur Matratze. Eine Weile lag
ich wach und überlegte, wie ich trotzdem das Geheimnis des mysteriösen
Gegenstandes lösen konnte. Mein Handy!, dachte ich, das hat eine Leuchtfunktion.
Damit könnte ich den Boden ableuchten. Auf allen vieren machte ich mich auf die
Suche nach dem Telefon und wurde bald fündig.
    Das Ding, ein pechschwarzer, daumengroßer
Gegenstand, war unweit meines Kopfkissens gelandet. Etwas Genaues konnte ich
nicht erkennen, dazu musste ich es erst direkt mit dem schmalen Lichtkegel der
Handylampe erfassen. Langsam schwenkte ich die Hand näher heran. Ich hatte es
fast fokussiert. Herrgott, es bewegte sich. Es bekam Beine. Es rannte!
    Es war, wie ich nun deutlich sehen konnte, ein
riesiger, schwarz glänzender Käfer. Die Mutter aller Käfer sozusagen, fast so
groß wie eine Maus. Instinktiv griff ich nach meinen Fahrradschuhen. »Du läufst
mir heute Nacht nicht übers Gesicht, Freundchen«, murmelte ich und schlug erst
hierhin und dann dorthin. Immer wieder fuhr ich auf das schuldlose Geschöpf
nieder, bis ich das Monster mit dem metallenen Beschlag der Sohle erwischte, der
für die Klickpedale bestimmt ist. Mit einem letzten lauten »Knack« gab der Käfer
nach.
    Ruhe. Zur Sicherheit ließ ich den Schuh auf dem
Kadaver stehen, schaltete das Handy aus und drehte mich wieder um, als ich
bemerkte, dass die beiden bläulich angeleuchteten Katalanen direkt hinter mir
hockten, aufrecht wie zwei Erdmännchen.
    » HAAA !«, rief ich.
»Mein Gott!«
    »Was machst du da?«, fragte mich das Mädchen mit
halb besorgter, halb verschlafener Stimme.
    »Käfer, ein Riesenkäfer«, erklärte ich.
    »Ein Käfer?«, fragte der Katalane. »Alles in
Ordnung mit dir?«
    »Ja, danke der Nachfrage, alles bestens. Und
selbst? Bona nit «, sagte ich schnell auf Catalan und
zog mir den Schlafsack bis ans Kinn. Noch ein Weilchen hörte ich die

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