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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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wartet …« Er schwieg einen Moment, suchte die entsprechende Stelle. »Ja, hier ist es … Falls es dazu kommt, würde ich auch seinen Schwanz lutschen, wenn man die Elektroden an seinen Körper anschließt, würde ihn in meinem Mund halten, wenn er kommt und wenn er geht …«
    Er sah zu meinem Bruder hinüber, lächelte, und als der nicht reagierte, schaute er mich an. »Ich glaube kaum, dass sie diese Idee bis zu Ende durchdacht hat«, sagte er.
    Ward war bereits wieder in die Papiere vertieft, die er auf seinem Tisch ausgebreitet hatte.
    »Falls nichts dabei rauskommt«, sagte Yardley, »haben wir immerhin die seltsame Geschichte einer Frau, die sich in Mörder verliebt …«
    Mein Bruder sah wieder auf, um einen weiteren Karton zu öffnen, der wie alle anderen Kartons die geheimen Gedanken enthielt, die Charlotte Bless seit 1965 in den Sinn gekommen waren und die sie ihm und Yardley Acheman in blindem Vertrauen und aus Liebe zu einem Verlobten überantwortet hatte, dem sie noch nie begegnet war.
    »Wir haben ihr nichts versprochen«, sagte Yardley.
    Ward kämpfte einen Augenblick mit sich, dann machte er sich wieder wortlos über seinen Karton her. Der Verrat lag in der Sache selbst. Er hatte bereits in den Kartons gesteckt, als sie ihnen überreicht wurden, und steckte im Kern der Geschichte ebenso wie im Wesen ihres Berufs.
    » SIE SIND NICHT DUMM !« rief sie. »Warum gehen Sie nicht aufs College?« Das Fenster war offen, der Wind riss ihr Haar von der Rückenlehne und blies es ihr in die Mundwinkel.
    »Wir könnten die Klimaanlage anmachen«, sagte ich, aber wahrscheinlich nicht laut genug, um bei dem ganzen Wind gehört werden zu können. Ich griff nach dem Armaturenbrett und versuchte, mich an den richtigen Knopf zu erinnern.
    Sie hielt mich zurück, berührte meinen Arm und schüttelte den Kopf. Ihr Haar flatterte im Wind und schimmerte rot in der Sonne, die dicht über dem Horizont hing.
    »Ich mag frische Luft«, sagte sie, und ich nickte. Einen Augenblick später peitschten mir die eigenen Haare ins Gesicht, sodass mir Tränen in die Augen stiegen. »Also, warum sind Sie nicht auf dem College?« fragte sie noch einmal.
    Ich kurbelte mein Fenster etwas höher, und die Haare flatterten nur noch halb so schlimm. »War ich ja«, sagte ich.
    Sie schaute mich erwartungsvoll an. Als würden Fremde ihr von sich erzählen, weil sie Fremden aus ihrem eigenen Leben erzählte.
    »Kam was dazwischen«, sagte ich.
    »Was denn?« Sie ließ das Gesagte gar nicht zu sich durchdringen, aber wenigstens schaute sie jetzt auf die Straße. Ich weiß nicht warum, aber sie hatte darauf bestanden, selbst zu fahren.
    »Ich vergaß, wo ich war«, sagte ich. Und als ich meine Worte hörte, kam es mir wie die Wahrheit vor. Charlotte Bless beugte sich zu mir herüber, um mich besser verstehen zu können, und der Wind drückte ihr die Bluse an die Brust. Als ich sie ansah und davon sprach, dass ich vergessen hatte, wo ich war, sah ich den rosafarbenen Hof ihrer Brustwarze.
    »Haben Sie sich verirrt?« fragte sie.
    »Nicht verirrt«, sagte ich. »Ich wusste, dass ich mich an einem vertrauten Ort befand. Ich hatte nur vergessen, wo dieser Ort war.«
    »Das kommt auf dasselbe raus«, sagte sie.
    »Nein«, sagte ich, »tut es nicht.«
    Sie blieb einen Augenblick stumm und dachte darüber nach. Wir fuhren nach Starke. Sie hatte gesagt, sie wolle sich eine Zeit lang beim Gefängnis aufhalten, auf dem Parkplatz sitzen und sehen, wie es sich anfühlte, in seiner Nähe zu sein.
    Sie wäre gern mit Yardley gefahren, aber der tauchte spät am Nachmittag im Büro auf und sagte, er könne nicht mitkommen. »Sie werden mit Jack vorliebnehmen müssen«, hatte er gesagt, weil er am Nachmittag im Waschsalon eine Frau kennengelernt hatte und nun die örtlichen Verhältnisse mit ihr erkunden musste. Er sagte, in Sachen Ortsverhältnisse habe er einiges aufzuholen.
    »Wie kann man am College vergessen, wo man ist?« fragte Charlotte.
    Ich dachte darüber nach und versuchte, mich zu erinnern, wie es passiert war. »Ich bin Sportler, Schwimmer«, sagte ich langsam.
    »Sie können schwimmen?«
    »Wir sind in Florida, hier können alle schwimmen.«
    Wieder schwiegen wir, und sie drückte den Zigarettenanzünder ins Armaturenbrett, wartete, bis er glühte, steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, ließ das Steuer los und schützte mit einer Hand die Zigarette gegen den Wind, als sie sie anzündete.
    »Wo sind Sie geschwommen?« fragte sie,

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