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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Haaransatz.
    Dann ging ich zurück ins Zimmer. Irgendwie sah es dort wie in einem Museum aus. Möbel und Bettwäsche lagen wild verstreut, überall auf dem Teppich war Blut. Es war etwas passiert, doch jetzt war es wieder ruhig, völlig still. Mein Bruder drehte den Kopf zur Wand, und ich konnte sein Gesicht nicht mehr sehen.
    »Sie müssen jeden Augenblick hier sein«, sagte sie. Ich wusste nicht, zu wem von uns beiden sie das sagte.
    »Wie lange hat es gedauert?« fragte ich. Ich wurde die Vorstellung von meinem flehenden Bruder nicht los.
    »Nicht lange«, sagte sie. Ich musste einfach wissen, dass es nicht lange gedauert hatte.
    Die Vorhänge vor den Fenstern waren abgerissen, und mir fiel auf, dass auf dem Parkplatz Lichter zu sehen waren. Einige davon gehörten zur Polizei. Mein Bruder regte sich wieder. Fast schien es, als könne er nicht still liegen bleiben, und er drehte den Kopf zu mir, bis ich seinen Gesichtsausdruck sehen konnte. Ich wusste nicht, wie das bei all den Verletzungen möglich war. Dann beruhigte er sich aber wieder.
    »Jeden Augenblick«, sagte sie.
    Ich dachte daran, ihm etwas anzuziehen, wollte das, was hier geschehen war, nicht ganz so schlimm aussehen lassen.
    DIE POLIZEI schnappte einen der Matrosen auf dem Parkplatz. Er hatte sich in dem Wagen des Mannes versteckt, mit dem sie in der Bar zusammen gewesen waren. Der andere Matrose war zum Strand hinuntergelaufen, und die Polizei hatte ihn ein, zwei Minuten verfolgt, dann aber aufgegeben, da sie wussten, dass sie seinen Namen von dem anderen Mann erfahren würden.
    »Mr. James«, sagte ein Polizist zu meinem Bruder, »Mr. Olson hier behauptet, Sie hätten ihn und seinen Freund in Ihr Hotelzimmer gelockt und versucht, sich ihnen sexuell zu nähern.«
    Olsen hieß der Matrose, der an unseren Tisch gekommen war. Er stand zwischen zwei Polizisten in der Tür, die Hände mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt.
    »Mr. James?« fragte der Polizist. Es waren Sanitäter im Zimmer, doch bislang hatte keiner von ihnen Ward angerührt. Er war immer noch nackt.
    »Dieses Arschloch und sein Freund sind ihm von der Bar aus gefolgt«, sagte Charlotte.
    Der Matrose warf ihr einen raschen Blick zu und sagte: »Das ist eine gottverdammte Lüge«, aber der Polizist an der Tür, der früher schon Ärger mit Matrosen aus Jacksonville gehabt hatte, verpasste ihm mit dem Schlagstock einen Hieb direkt hinters Ohr. Der Matrose sank auf die Knie und hielt sich den Kopf.
    Charlotte lächelte.
    »Wir sind der Schwuchtel nirgendwohin gefolgt«, sagte der Matrose. »Er hat uns auf sein Zimmer gelockt.«
    Der erste Polizist betrachtete meinen Bruder mit traurigen Augen. »Ist das die Wahrheit, Mr. James?« fragte er. »Sind Sie eine Schwuchtel?«
    »Er ist nicht schwul«, sagte ich und sah den Matrosen dabei an.
    »Wer sind Sie?« fragte der Polizist.
    »Noch so einer«, sagte der Matrose. Und dann lachte er, sah mich aber seltsam an, als wenn irgendwas nicht stimmte. Ich wandte mich an den Polizisten: »Ich bin sein Bruder.«
    Der Polizist nickte. »Und warum ist er dann nackt?«
    »Es ist sein Zimmer, vielleicht hat er gerade geduscht. Vielleicht lag er im Bett.«
    Erneut lachte der Matrose und erhob sich. Auf seinen Handrücken klebte trockenes Blut.
    »Ich hasse das«, sagte einer der Sanitäter. Wir schauten ihn an und warteten, aber mehr wollte er nicht sagen. Der zweite Sanitäter stand da und betrachtete Ward mit einem Stirnrunzeln.
    »Also, was machen wir jetzt?« fragte mich der erste Polizist. Ich sah Gänsehaut auf Wards Arm, hob die Decke vom Boden auf und legte sie über ihn.
    »Wenn Sie uns nicht mehr brauchen ...«, sagte der Sanitäter zu dem Polizisten, »auf dem Highway gab’s einen Frontalzusammenstoß.«
    Er warf einen raschen Blick auf Ward und sah dann zu dem Polizisten, der keine Matrosen mochte. »Er ist in Ordnung«, sagte er, »er wurde bloß zusammengeschlagen.«
    Charlotte tupfte das Blut weg, das immer noch aus der Nase meines Bruders tropfte, und wischte dann über die Schlitze, die einmal seine Augen gewesen waren.
    »Schreiben Sie die Namen auf«, sagte sie.
    Der Polizist, der keine Matrosen mochte, rollte mit den Augen.
    »Der Typ ist schwul«, sagte der Matrose, und der Polizist schlug wieder zu, direkt aufs Kinn. Der Matrose, immer noch in Handschellen, fiel gegen die Tür und beugte den Kopf nach vorn, sodass es aussah, als wollte er mit den Zähnen nach seinem Kiefer schnappen.
    »Oje«, sagte der Cop, der keine Matrosen

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