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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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heraus.
    Das Restaurant wird um acht Uhr abends geöffnet, der Betrieb geht bis fünf oder sechs Uhr früh. Überflüssig zu sagen, daß gegen drei Uhr morgens sämtliche Huren dieses Viertels, die ein gutes Nachtgeschäft gemacht haben, mit ihrem Pächter oder einem Kunden zu uns kommen, um ein Curryhuhn mit Bohnensalat zu essen. Zu trinken gibt es Bier, vor allem englisches, Whisky und einen einheimischen Zuckerrohrrum, der sehr gut ist, besonders mit Soda oder Coca-Cola. Da unser Restaurant zum Treffpunkt aller Franzosen geworden ist, die sich auf der Flucht befinden, bin ich für die ganze Kolonie der Schweren Ratgeber, Richter, Beichtvater und Zufluchtsstätte.
    Das bringt mir allerdings auch manche Unannehmlichkeiten. Ein Schmetterlingsjäger erklärt mir, wie er die Schmetterlinge im Busch zu fangen pflegt. Er schneidet einen Karton in Form eines Schmetterlings aus, darauf klebt er Flügel derjenigen Art, die er fangen möchte, und befestigt diesen Karton am Ende einer Stange. Will er jagen, geht er in den Busch, hält die Stange in der rechten Hand und macht damit Bewegungen, als wenn der falsche Schmetterling fliegen würde. Er kennt von jeder Sorte die Zeit, wann sie auskriechen. Es gibt solche, die nicht länger als achtundvierzig Stunden leben. So stellt er sich also auf eine Lichtung, und wenn die Sonne einfällt, kommen die eben ausgekrochenen Schmetterlinge herbeigeflogen, um sich so schnell wie möglich im Sonnenlicht zu paaren. Sobald sie den falschen Schmetterling sehen, stürzen sie sich darauf. Ist der falsche Schmetterling ein Männchen, dann kommt ein Männchen, das mit ihm raufen will. Mit der linken Hand, in der er ein kleines Netz hält, fängt der Jäger dann schnell den Schmetterling ein. Das Netz hat eine Verengung, was dem Schmetterlingsfänger erlaubt, die Jagd fortzusetzen, ohne daß er befürchten muß, die einmal eingefangenen könnten ihm wieder entfleuchen.
    Hat die Attrappe die Flügel eines Weibchens, dann kommen die Männchen, weil sie die Liebe suchen, und das Ergebnis ist das gleiche.
    Die schönsten Schmetterlinge sind die Nachtfalter. Da sie aber häufig an Hindernisse anstoßen, ist es sehr schwer, welche zu finden, deren Flügel unverletzt sind. Bei fast allen ist der Staub verwischt. Für den Fang der Nachtfalter steigt der Jäger auf die äußerste Spitze eines großen Baumes, breitet ein weißes Tuch aus und beleuchtet es von unten mit einer Karbidlampe. Dann fliegen die großen Nachtfalter, deren Spannweite bis zu zwanzig Zentimeter beträgt, von weitem heran und setzen sich auf das weiße Tuch. Man muß dann nur noch sehr schnell und sehr kräftig ihren Bauch packen, ohne ihn zu zerdrücken, und verhindern, daß sie um sich schlagen, denn sonst werden ihre Flügel verletzt, und sie verlieren dadurch an Wert.
    In meiner Auslage habe ich immer eine kleine Kollektion von Schmetterlingen, seltenen Insekten, kleinen Schlangen und Blutegeln. Es gibt immer mehr Käufer als Ware, daher sind die Preise hoch. Ein Amerikaner hat mir einen Schmetterling beschrieben, dessen hintere Flügel stahlblau sind, die vorderen sind hellblau. Er hat mir fünfhundert Dollar geboten, wenn ich ihm einen solchen Schmetterling auftreiben kann, der ein Zwitter sein soll.
    Ich sprach darüber mit meinem Schmetterlingsjäger, und er sagte mir, daß er nur einmal einen von dieser Sorte in der Hand gehabt habe, ein sehr hübsches Exemplar, für das man ihm fünfzig Dollar bezahlte, und erst später habe er von einem seriösen Sammler erfahren, daß diese Abart an die zweitausend Dollar wert wäre.
    »Er will dich für dumm verkaufen, dieser Ami«, sagt mir der Schmetterlingsjäger. »Er hält dich für einen Idioten. Selbst wenn dieses seltene Exemplar nur fünfzehnhundert Dollart wert wäre, so würde er noch genug an deiner Unwissenheit verdienen.«
    »Du hast recht. Er ist ein Gauner. Und wenn
wir
ihn reinlegen würden?«
    »Wie denn?«
    »Man müßte zum Beispiel an einem Schmetterlingsweibchen zwei Flügel von einem Männchen anbringen, oder umgekehrt. Es wird nur schwierig sein, sie so anzubringen, daß er es nicht merkt.«
    Nach mehreren verunglückten Versuchen gelang es uns schließlich, völlig exakt zwei Flügel eines Männchens auf einem herrlichen weiblichen Exemplar anzukleben: wir haben die Flügel in einen winzigen Einschnitt hineingeschoben und mit einer Gummilösung festgeklebt. Das Ganze hält so gut, daß sich der Schmetterling an den angeklebten Flügeln hochheben läßt. Ich

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