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Papst & Teufel - die Archive des Vatikan und das Dritte Reich

Papst & Teufel - die Archive des Vatikan und das Dritte Reich

Titel: Papst & Teufel - die Archive des Vatikan und das Dritte Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wolf
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Zelante, entscheidender aber war seine Prägung als «politischer» Politicante in der Schule Pietro Gasparris. So wurden die ohnehin schwierigen politischen Rahmenbedingungen für die Konkordatsverhandlungen mit dem protestantischen Preußen nicht durch ein lehramtliches Dokument aus Rom weiter belastet. Dies hinderte Pius XI. in der Folgezeit allerdings nicht, in grundsätzlicher Weise und nicht explizit auf Deutschland bezogen mehrfach ökumenische Bestrebungen aller Art zu verurteilen, wie sie besonders auch in den großen Ökumenischen Konferenzen etwa in Lausanne zutage traten.
    Für den Primat der Politik vor der Reinheit des Glaubens war Pacelli bis an die Grenze des Möglichen gegangen. In äußerst geschickter Weise hatte er im Interesse seiner Konkordatspolitik eine lehramtliche Weisung des Heiligen Offiziums entschärft. Bei aller Demutsrhetorik und allen Unterwürfigkeitsfloskeln behielt er seinen politischen Spielraum als Diplomat des Heiligen Stuhles in Deutschland stets im Auge. Das Opportunitätsargument, das er verwendete, zeigt bei ihm letztendlich eine klare Priorität der Diplomatie vor dem Dogma. Das war ohnehin eine beliebte Taktik Roms, die Bischöfe, die man sonst eher klein halten wollte, vorzuschieben, wenn die Kurie sich bedeckt unddadurch alle Handlungsoptionen offenhalten wollte. Der erfolgreiche Abschluß eines Konkordats war wichtiger als die Bewahrung der reinen Lehre. In dieses Spannungsfeld zwischen «dottrina e politica» sollten Pacelli und der Heilige Stuhl während der Zeit des Nationalsozialismus in verschärftem Maße gestellt sein. Die entscheidende Frage lautete: Konnte man, nachdem man mit den Nationalsozialisten das Reichskonkordat auf politischer Ebene geschlossen hatte, die Auseinandersetzung mit den Chefideologen der NSDAP auf lehramtlich-dogmatischer Ebene wirklich noch offensiv führen? Oder anders gefragt: Warum landete zwar Rosenbergs
Mythus des 20. Jahrhunderts
auf dem
Index der verbotenen Bücher,
nicht aber Hitlers
Mein Kampf?
Welche Rolle spielte das Verhältnis von Religion und Politik bei Pius XI., seinem Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli und den anderen entscheidenden Akteuren der Römischen Kurie bei der Konfrontation mit dem Nationalsozialismus? Waren sie eher Zelanti oder doch Politicanti?
Alfred Rosenberg auf dem «Index der verbotenen Bücher»
    Welche Möglichkeiten standen Papst und Kurie überhaupt zur Verfügung, wenn es darum ging, den katholischen Glauben gegen häretische Positionen und weltanschauliche Gegner, die sich als politische Religionen gerierten, zu verteidigen? Zunächst einmal ging es bei allen lehramtlichen Aktionen Roms darum, die Katholiken vor «gefährlichen», abweichenden Meinungen zu schützen und sie so gegen die Einflüsterungen des Teufels zu immunisieren. Dies konnte sowohl in positiver als auch in negativer Weise geschehen. Der Darlegung dessen, was gut katholisch war und was nicht, dienten seit dem 19. Jahrhundert vor allem die zahlreichen Enzykliken der Päpste. In diesen Lehrschreiben wurde jeweils aus aktuellem Anlaß die katholische Position zu einer bestimmten Frage dargelegt, und die Gläubigen wurden angehalten, sich in ihrem täglichen Leben daran zu orientieren. Gerade Pius XI. erließ eine Vielzahl von Enzykliken. Waren diese päpstlichen Lehrschreiben bereits mit hoher Autorität formuliert, so stand dem Papst mit der Möglichkeit der Dogmatisierung einer Glaubenswahrheit noch ein wesentlich feierlicheres und verbindlicheres Instrument zur Verfügung. Dabei wurde eine bestimmteAussage beziehungsweise ein bestimmter Glaubenssatz vom Papst unter Inanspruchnahme seines unfehlbaren Lehramtes in unabänderlicher Weise zum Dogma erhoben und allen Katholiken als verbindliche Glaubenswahrheit vorgelegt. Wer einen solchen Satz nicht bejahen konnte, war nicht mehr länger Katholik. Pius XI. machte von dieser Möglichkeit während seines Pontifikats allerdings keinen Gebrauch; im gesamten 20. Jahrhundert nahm Rom lediglich eine Dogmatisierung vor – Eugenio Pacelli sollte 1950 als Pius XII. das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel definieren. Mit einer solchen Dogmatisierung war stets auch ein Anathem verbunden, das gegenteilige Ansichten verdammte. Beispielsweise hätte eine Erhebung des Glaubenssatzes von der Einheit des Menschengeschlechtes zum Dogma durch Pius XI. im Gegenzug eine feierliche Verwerfung von Antisemitismus und Rassismus bedeutet. Diesen Weg bestritt der Ratti-Papst

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