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Paradies für alle: Roman (German Edition)

Paradies für alle: Roman (German Edition)

Titel: Paradies für alle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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alles, aber keiner hatte Zeit, das richtig zu erklären, es war immer alles zu schnell …«
    »Wie das Erklären in der Klinik.«
    Sie nickte. »Genau so. Alle haben’s immer eilig. Wenn eine kommt wie ich, haben’s immer alle eilig, was anderes zu machen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ist eben so.«
    »Nein«, sagte ich entschlossen, weil es so furchtbar klang. Sie hatte natürlich recht. Ich hätte es, unter normalen Umständen, auch eilig gehabt, ich hätte unter normalen Umständen nie mit ihr ein Baby gebadet und mit ihr einen Film gesehen, ich hätte etwas Freundlich-Nichtssagendes von mir gegeben und die Tür vor ihrer Nase zugemacht, und dann wäre ich in mein Atelier gegangen. Aber die Umstände waren nicht normal. Sie würden nie wieder normal sein. David lag in der Klinik, in einem Bett so weiß wie der Schnee in Narnia. So weiß wie die Handtuch-Babykleider der kleinen Marie.
    »Wir könnten zusammen lesen und schreiben«, sagte ich, zögernd. »Langsam, meine ich. So langsam, dass Sie alles verstehen. Und … es gibt vielleicht einen Beruf, den Sie ganz gut lernen könnten.«
    »Ja?«, fragte Celia. »Was denn?«
    »Nähen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Nähen lernen geht bei mir nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Nähen kann ich doch schon«, sagte Celia, völlig ohne jede Ironie.
    Ich lachte. »Ja, das können Sie. Aber wenn man eine Lehre macht, dann steht auch auf dem Papier, dass man es kann, und Papiere scheinen nun mal irgendwie wichtig zu sein. Dann könnten Sie irgendwo arbeiten, als Schneiderin … wenn die kleine Marie größer ist.«
    Und ich dachte an die Frau, die Babysachen aus alten Kleidern gemacht hatte. Es war natürlich neun Jahre her. Aber vielleicht gab es den Laden noch. Ich würde nachsehen.
    »Für eine Lehre müsste man wahrscheinlich weg von hier«, fügte ich hinzu. »In die Stadt ziehen. Ich weiß nicht, ob Sie das wollen.«
    »Oh ja«, sagte Celia, ohne zu zögern. »Ich möchte gerne weg. Mit dem Baby natürlich.«
    »Natürlich.«
    »Es ist nämlich so, sie zeigen jetzt nicht mehr auf mich wegen dem Vater, die denken ja, der ist gestorben, David hat das allen erzählt. Aber jetzt ist was anderes. Wissen Sie, warum ich immer die Rollos alle runtermache? Damit keiner sieht, wann ich da bin. Die klingeln ja immer bei mir …« Sie sah das Baby an. » … bei uns, und die denken, ich mach das Geschäft von meiner Mutter weiter.« Ich sagte nicht: Das haben Sie mir schon erzählt. Ich nickte nur und ließ sie weiterreden. »Auch die Männer aus den anderen Dörfern, die kommen und glauben, das ist so, und wenn ich denn sage, nein, denn versuchen sie mich zu überreden, weil es gibt da keine andere glaub ich, nicht in der Nähe. Nicht, dass ich das machen würde, nein, aber manchmal hab ich schon Angst, dass mal einer nicht wieder geht und … Sie wissen schon.«
    »Ich weiß schon«, sagte ich. »Ja, also, wenn Sie möchten, erkundige ich mich mal. Wie das alles geht, mit so einer Lehre.«
    Celia nahm meine Hände und drückte sie, es war mir ein bisschen peinlich. »Sie sind wie David«, sagte sie. »Sie sind nett.«
    Und ich wollte aufspringen und »nein!« schreien, »nein, ich bin überhaupt nicht wie David! Ich bin überhaupt nicht nett! Ich versuche nur, Dinge wiedergutzumachen, die ich vermasselt habe, ich bin alles andere als nett …«
    Aber dann klickte ich nur die DVD weiter, übersprang den kaputten Teil des Films, und Aslan, der weise Löwe, schlich weiter über die Leinwand und half den vier Kindern, seine Welt zu retten. Es war ein schöner Film, aber belanglos. Ich hatte das Buch mit mehr Tiefe in Erinnerung, mehr christlichem Gedankengut, irgendwie. Aslan als Gott, so wie David es gesagt hatte. Hier ging es mehr um die technische Umsetzung, hübsche rote Zelte im Kriegslager, grausliche Dämonengestalten als Diener der Hexe und am Ende eine schöne animierte Schlacht.
    »Was denken Sie über diesen Löwen?«, fragte ich am Ende Celia. »David hat über ihn nachgedacht, glaube ich …«
    »Er hat sehr schönes weiches Fell«, sagte Celia. »Aber sein Name ist schwierig zu merken.«
    Sie war schon in der Tür, das noch immer schlafende Baby im Arm, als sie sagte: »Der Löwe war tot, oder? Der Löwe in dem Film. Er ist zu den Bösen gegangen, von selber, und die haben ihn umgebracht. Er war tot, und dann ist er wiedergekommen. Dann hat er wieder gelebt.«
    Ich nickte. Als die Tür sich hinter ihr schloss, fragte ich mich, ob es das

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